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Anders Fogh Rasmussen darf nicht Nato-Chef werden

Mein Porträt aus der ZEIT von morgen:

Das hat es so noch nicht gegeben: Die Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben sich auf einen neuen Nato-Generalsekretär geeinigt. Die Amerikaner signalisieren Zustimmung. Doch dann greift der Premier eines anderen Mitgliedslandes zum Telefon, ruft den Auserkorenen an und erklärt ihm, warum er leider trotz allerhöchster Protektion nicht infrage komme. Damit nicht genug: Der Störenfried wendet sich anschließend an die Presse und macht seine Ablehnung öffentlich. So geschehen am Wochenende, als der türkische Premierminister Erdoğan den Medien in Ankara eröffnete, dass die Türkei den dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen nicht als politisches Gesicht der Nato akzeptieren werde. 

 

Der 56-jährige Rechtsliberale Rasmussen regiert bereits seit 2001 in Kopenhagen, immer aus der Minderheitenposition, zusammen mit den Konservativen, geduldet von den Rechtspopulisten der Folkeparti. Rasmussen hat das sozialdemokratische Machtmonopol in Dänemark gebrochen, die Steuern gesenkt, das Land in zwei Kriege geführt und die schärfsten Ausländergesetze Europas verabschiedet. Er hinterlässt ein anderes Dänemark, wenn er nun auf den Posten des Generalsekretärs wechseln sollte, wie es sein Wunsch ist. 

Ob es allerdings dazu kommt, ist unterdessen fraglich geworden. Weiter„Anders Fogh Rasmussen darf nicht Nato-Chef werden“

 

„Krieg gegen den Terrorismus“ ist zuende

Jedenfalls der Gebrauch des Begriffs. Das sagte die amerikanische Aussenministerin Hillary Clinton Reportern auf dem Flug nach Den Haag, wo sie heute an der Afghanistan-Konferenz teilnimmt.

Es gebe keine Direktive zum Wortgebrauch. Die Obama-Regierung habe einfach aufgehört, das Wort zu benutzen.

Gut so. Es war von Anfang an eine dumme Idee, einen Krieg gegen eine Methode zu führen.

Und dann kam noch hinzu, dass die Phrase für die Propaganda zur Vorbereitung des Irak-Krieges gebraucht wurde. Und der Krieg gegen Saddam Hussein hatte mit dem internationalen Terrorismus nun wirklich gar nichts zu tun.

Ironie der Lage: Während uns die Worte ausgehen, um den Konflikt zu beschreiben, wird die Lage immer dramatischer, vor allem in AfPak. Der „lange Krieg“ ist noch lange nicht vorbei: 

Replying to a question on the plane bringing her to The Hague, Clinton declared: „As you said, the administration has stopped using the phrase, and I think that speaks for itself, obviously.“

The secretary of state, who was to take part in an international conference on Afghanistan in the Dutch administrative capital, said of the phrase: „I haven’t heard it used. I haven’t gotten any directive about using it or not using it. It’s just not being used.“

The Bush administration that preceded Obama in the White House used the „war on terror“ to justify its intervention in Iraq, as well as its imprisonment of detainees at Guantanamo in Cuba and secret CIA prisons abroad.

 

Amerikas ramponierter Ruf – unser aller Schaden

Das Zitat für diese Woche der drei Gipfel kommt von Paul Krugman, dem Nobel-gekrönten Ökonomen. Ich las es eben in Den Haag, wo ich morgen die Afghanistan-Konferenz besuche, mit der die Gipfelwoche beginnt:

„I don’t believe that even America’s economic efforts are adequate, but they’re far more than most other wealthy countries have been willing to undertake. And by rights this week’s G-20 summit ought to be an occasion for Mr. Obama to chide and chivy European leaders, in particular, into pulling their weight.

But these days foreign leaders are in no mood to be lectured by American officials, even when — as in this case — the Americans are right.

The financial crisis has had many costs. And one of those costs is the damage to America’s reputation, an asset we’ve lost just when we, and the world, need it most.“

 

Deutschland zwingt den Türken seine Sprache auf?

Ein Leser schreibt (mit Bezug auf diesen Post):

„Herr Lau,

ich habe die türkische Staatsbürgerschaft, ich bin in Deutschland geboren und habe an der Universität Mannheim Betriebswirtschaftslehre studiert. Derzeit promoviere ich an der Universität ODTÜ in Ankara. Ich muss sagen, dass ich über Ihren Artikel sehr enttäuscht bin. Es ist wirklich Schade, dass es in Deutschland immer noch Journalisten gibt, die so subjektiv und vorurteilhaft an ein wichtiges Thema herangehen. Ich fühle ein Hauch von Nationalismus und bin zutiefst erschüttert. Vielleicht sollten Sie sich einen Gedanken darüber machen, was der Unterschied zwischen Einreisebedingung und Aufenthaltsbedingung ist….Ausserdem ist es nur Schade, dass die Deutschkenntnisse aufgezwungen werden. Wäre es Ihres Erachtens nicht für ein Land wie Deutschland passender, wenn man Menschen zu einem Deutschkurs motivieren würde und mehr Unterstützung in diese Richtung stecken würde ??? Es ist nicht zu übersehen, dass viele türkische Bürger in Deutschland sehr wenig deutsch sprehen können, aber es ist auch sichtlich erkennbar, dass bis dato die Politik nie daran interessiert war, die Türken als Bürger anzuerkennen. Sie sollte hier arbeiten und dann wieder gehen, die Rechnung ist aber nicht aufgegangen. Viele Türken sind geblieben und es werden immer mehr, und dieser Kurs ist nichts anderes als ein Mittel um die Einwanderung zu senken. Die Heirat nach Deutschland ist im Jahr 2008 gesunken, weil viele nicht bereit sind, sich eine Sprache aufzwingen zu lassen und die nötigen Finanzen dafür nicht aufbringen lassen können. Ich wäre allerdings auch nicht bereit, die Sprache eines Landes zu lernen, das ich nicht einmal vorher betreten darf.
Zuletzt würde ich Sie gerne etwa fragen. Ist es Ihnen nicht unangenehm, gar peinlich, Kommentaren auf Ihrer Seite Platz zu geben, die nun wirklich an Rassismus grenzen ?“

 

Dazu folgende Anmerkungen: 

Es hat nichts mit Nationalismus zu tun, wenn der deutsche Staat Mindestanforderungen an die Sprachkenntnisse stellt. Es ist ein nicht zu bestreitendes Faktum – und Sie gestehen es ja auch zu -, dass unter Türken in Deutschland sehr wenig Bereitschaft da ist, sich um Sprachkenntnisse zu bemühen. Sprache ist nicht der alleinige Faktor für erfolgreiche Integration, aber sicher ein sehr wichtiger. 

Natürlich geht es auch darum, eine bestimmte Form der Einwanderung zurückzudrängen: das Importieren von Bräuten. Wollen Sie diese Praxis verteidigen? Hat sie der türkischen Gemeinschaft in Deutschland genützt? Eine Schulleiterin in Wedding erzählte mir folgendes: Ihr Lieblingsschüler Erdogan, der es zum Meister mit eigenem Handwerksbetrieb gebracht hatte, stellte ihr seinen Sohn vor. Auch jener sollte auf die Schule gehen, an der der Vater gelernt hatte. Der Junge konnte mit fünf Jahren kaum Deutsch. Die Direktorin fragte ihren Ex-Schüler: Was ist denn hier los, Du warst Doch mein Musterschüler! Und Dein Sohn kann nur radebrechen? Darauf der Angesprochene: Ich möchte Ihnen meine Frau vorstellen. Und er präsentierte eine sehr nette junge Frau, die kein Wort Deutsch konnte.

Die Direktorin sagte mir:  „Und so fangen wir immer wieder von neuem an. Jede Generation ist die erste Generation bei den Türken.“

Darüber sollten Sie sich empören, dagegen sollten Sie etwas tun. Da bahnt sich eine gesellschaftliche Katastrophe an, und Sie haben nicht Besseres zu tun, als beleidigt zu sein. Unfasslich. Deutschland hat Ihnen eine tolle Karriere ermöglicht. Wo ist Ihr Patriotismus? Wo sind Ihre Gefühle für Deutschland?

Sorry für den erregten Ton, aber manchmal reicht’s einfach.

Grüße ins schöne Ankara, Jörg Lau

 

Wie Iran mit Obama Schlitten fährt

Amir Taheri sieht (in der saudischen Zeitung Asharq Alawsat) Obama bereits in der Honigfalle des Revolutionsführers:

 

„Obama’s message represents a return to President Jimmy Carter’s Iran policy. Carter, too, was prepared to flatter, cajole, and beg to win a smile from the mullahs.

Some analysts see Obama’s message as an indication of Vice President Joseph Biden’s influence in shaping the administration’s Iran policy. A supporter of dialogue with Tehran for years, Biden seems to have sidelined Secretary of State Hillary Clinton who has always espoused a tougher policy toward the mullahs.

But what are we to make of Tehran’s response?

Some analysts claim that the Islamic Republic has already rejected Obama’s overture – end of story. Others, anxious to promote Obama as a political wizard, insist that he has already scored a hit by forcing Tehran to acknowledge that the ball is now in its court.

A closer look at Tehran’s reaction may reveal a more complicated pirouette.

Amir Taheri

To start with, it is important that Tehran has publicly responded to the message at the highest levels, including the “Supreme Guide” Ali Khamenei and President Mahmoud Ahmadinejad.

In previous years, the regime either ignored the American president’s Nowruz message or commented on it through the state-owned media. This time, however, the “leadership”, directly addressed by Obama, has come out with a direct response.

The carefully prepared Khomeinist response uses a number of rhetorical techniques the mullahs have developed over centuries.

The first is “badal-zani” or inversion.

This means using an adversary’s arguments against him. In his message, Obama had invited the mullahs to change their behaviour on certain issues. In his response, Khamenei says: if you change, we will also change!

The second technique is “doon-pashi” or “spreading grains to attract the birds”. The idea is to tantalize the birds with the promise of more feed while leading them into a cage. Khamenei did that by mentioning a number of issues of interest to Obama, a signal that he might be ready to discuss them as the first step toward a broader dialogue.

The third technique is “lapushooni” which could be translated as “hiding the essential while highlighting the irrelevant.” Khamenei used this technique by talking of “insults” and ignoring his regime’s stated aim of driving the Americans out of the Middle East as a prelude to global conquest in the name of the Khomeinist version of Islam.

It is clear that Khamenei wishes to encourage Obama’s illusions that dialogue could produce positive results.

One might ask why was it that the “Supreme Guide” rejected similar offers from both Presidents Bill Clinton and George W Bush?

The Clinton offer of a “Grand Bargain” under which the US would recognize the Islamic Republic as the regional superpower was made in 2000, and rejected for two reasons.

The first was that the Clinton administration was in its lame-duck stage, and the “Supreme Guide” was not sure it could deliver on its promises.

The second reason was that, Tehran had scored major diplomatic successes in Europe, no longer felt isolated, and enjoyed relative economic health thanks to steady oil prices.

In 2006, it was the turn of the Bush administration to have the door shut in its face by Tehran.

Secretary of State Condoleezza Rice’s invitation to dialogue was rejected because Tehran felt that the US had “lost in Iraq” and would soon retreat from the Middle East in humiliation.

More importantly, perhaps, Khamenei distrusted and feared Bush. The mullahs believed that Bush, in his heart, was committed to regime change in Iran.

Thus prospects for a “dialogue” with the United States appear better under the Obama administration than under Clinton’s or Bush’s.

One reason is the presence of Joe Biden, regarded by Tehran as “a valued friend”. However, the main reason is Tehran’s perception of Obama as an inexperienced and naive politician who could be taken for a ride without much risk, a reincarnation of the hapless Carter.

Tehran knows that Obama desperately wants to be different from Bush and would be prepared to go far to de-Bushisize American policy.

The idea is to use Obama’s naiveté to buy the Islamic Republic another four years of insurance against its adversaries.

Khamenei’s “yes-but” answer gives Obama something to chew upon for a few months. Obama will then be invited to wait for Iran’s presidential election and the formation of a new administration in Tehran. Khamenei may even ask Ahmadinejad not to stand again, citing “health problems”.

That would enable Khamenei to engineer a victory for Mir-Hussein Mussavi Khamenehi, a fellow Azerbaijani from the same village.

Mussavi-Khamenehi has a long history of contacts with the US and is already praised in Washington as a promising “new-old face”.

Obama-idolators would hail Mussavi-Khamenehi’s victory in the June presidential election as a great success for their “wizard”. Ahmadinejad, the genuine anti-American and Holocaust-denier, will be gone, replaced by a politician with secret contacts with Washington since 1985, (the trouble with Ahmadinejad is that he really means what he says).

These developments would fill what is left of Obama’s term. During that period, Tehran will have its bomb, will spread its influence in Iraq and Afghanistan, will strengthen its hold on Lebanon and Syria, and will go onto the offensive in the Gulf and Pakistan.“

Alles hier.

Notabene: Allerdings ist Taheri kein sehr verlässlicher Analytiker. Er hat sich sehr stark mit den Neocon-Projekt eines neuen Nahen Ostens gemein gemacht.

 

Afghanistan aufteilen?

Hassan Haidar von Al Hayat glaubt, die Amerikaner seien an dem Versuch, einen Zentralstaat in Afghanistan aufzubauen, verzweifelt und bereiteten insgeheim die Aufteilung des Landes in kleine Einheiten vor. Bei dem jetzt von Obama angekündigten Truppenaufbau gehe es nur um den Schutz der Wahlen, die im August stattfinden werden – und schließlich um den geordneten Rückzug: 

The Obama administration is convinced  that the attempts that have marked modern history for establishing a strong central state in Afghanistan with foreign support have all failed. The country fell each time in the trap of chaos, corruption, divisions, local wars, and tribal rivalries, thus affecting internal stability and threatening neighboring countries. The administration is also convinced that a „decentralized“ solution must lead this time to a system that meets the needs of the center and the peripheries alike. This would take place within a balance that preserves the rights of citizens and tribes, and their role in drafting decisions and sharing resources – especially that demographics in Afghanistan support this objective: the country consists of human settlements separated by empty regions. Such a trend also corresponds to Iran’s desire to see its allies, such as Gulbuddin Hekmatyar and Shia Hazaras, enjoy a special status within the Afghan structure.

For this reason, there is much talk these days about a potential dialogue with moderate Taliban leaders and a potential replication of the ‚awakening councils‘ experience in Iraq. Criticism against President Karzai abounds. He is accused of corruption; failure to have provided the necessary aid to the needy areas; nepotism (he appointed relatives as leaders of the areas and sole supervisors of money distribution). He is seen as having encouraged local inhabitants and figures to ask Taliban for help, because he did not offer any alternative. In fact, perhaps the coming weeks will reveal an American desire to change Karzai, who is also viewed as a ‚Bush legacy.‘

Hence, the new US strategy is based on avoiding the mistakes made by previous occupiers such as the British and the Soviets, who tried to build a central state which would subject the whole country to the capital and its army. This would ultimately lead to the collapse of the country if the capital collapses. Instead, the new strategy is based on ‚dividing‘ Afghanistan into a series of small independent areas that would rely for funding and armament on the Americans and their allies. Each would have leaders linked to specific interests and ready to fight for them, and hence it would be difficult for one single political or military force to subject them all to its authority.

Washington believes that finding a new reality would allow it a peaceful withdrawal from Afghanistan, while maintaining assistance and advisors for a specific period of time. Will it really succeed in this, or will the withdrawal decision lead to a collapse similar to that of previous experiences?

 

Mit Hamas verhandeln, die Moderaten belohnen?

10 anerkannte Schwergewichte der amerikanischen Aussenpolitik (von beiden Seiten es Spektrums) raten Obama zu einem besser ausbalancierten Umgang mit dem palästinensischen Problem. Roger Cohen berichtet:

Without Hamas’s involvement, there can be no Middle East peace. Mahmoud Abbas, the Fatah leader and president of the Palestinian National Authority, is a beleaguered figure.

The report goes further: „Cease discouraging Palestinian national reconciliation and make clear that a government that agrees to a cease-fire with Israel, accepts President Mahmoud Abbas as the chief negotiator and commits to abiding by the results of a national referendum on a future peace agreement would not be boycotted or sanctioned.“

In other words, stop being hung up on prior Hamas recognition of Israel and watch what it does rather than what it says. If Hamas is part of, and remains part of, a Palestinian unity government that makes a peace deal with Israel, that’s workable.

Henry Siegman, the president of the U.S./Middle East Project, whose chairman is Scowcroft and whose board includes all 10 signatories, told me he met recently with Khaled Meshal, the political director of Hamas in Damascus.

Meshal told him, and put in writing, that although Hamas would not recognize Israel, it would remain in a Palestinian national unity government that reached a referendum-endorsed peace settlement with Israel.

De facto, rather than de jure, recognition can be a basis for a constructive relationship, as Israel knows from the mutual benefits of its shah-era dealings with Iran.

Moreover, Israeli governments have negotiated a two-state solution although they included religious parties that do not recognize Palestinians‘ right to statehood.

„But,“ said Siegman, „if moderates within Hamas are to prevail, a payoff is needed for their moderation. And until the U.S. provides one, there will be no Palestinian unity government.“

 

Mit dem radikalen Islam verhandeln?

 

Aus der ZEIT von morgen:

Es ist schon atemberaubend, wem auf einmal alles Gespräche angeboten werden: Mit den »moderaten Taliban« will Obama reden. Ohne »pragmatische« Teile von Hamas könne es keinen Frieden geben, sagen 14 angesehene Ex-Diplomaten. Die Briten sprechen jetzt offiziell mit dem »politischen Flügel« Hisbollahs. Amerikanische Senatoren eruieren beim Autokraten Syriens die Möglichkeit eines Friedens mit Israel. Und dann hat sich der amerikanische Präsident in einer spektakulären Videobotschaft an Iran gewandt, jenes Land, in dem immer noch Kundgebungen mit dem Ruf »Tod Amerika« enden. 

Obama, der die Wähler und die Welt mit seinem Idealismus gewann, offenbart sich außenpolitisch als radikaler Realist. In kaum sechzig Tagen hat er die herrschende Maxime der amerikanischen Politik seit 9/11 gekippt: Keine Verhandlungen, keine Gespräche mit dem politischen Islam. Ihr seid entweder für uns oder für »die Terroristen«. Und die bekämpfen wir mit Bomben, nicht mit Worten. Doch nun sind (fast) alle, für die bislang Kontaktsperre galt, gesuchte Gesprächspartner.

Denn eine große Ernüchterung hat eingesetzt. Die Bestandsaufnahme ergibt folgendes Bild: Der radikale Islam ist bis auf Weiteres ein Machtfaktor vom Maghreb über den Nahen Osten bis Pakistan. Die Islamisten haben Macht über die politische Einbildungskraft der Muslime gewonnen. Unsere Interventionen haben ihren Einfluss nicht gebrochen. Eher im Gegenteil. Der Islamismus lässt sich nicht wegbomben – weder aus Afghanistan noch aus Gaza. Er verschwindet auch nicht durch Modernisierung und Säkularisierung. Und es macht sich der nagende Zweifel breit, ob dies gerade wegen unserer Präsenz im Herzen der islamischen Welt so ist. Was tun? Rückzug? Raus, bloß raus?

Es darf keine schwarzen
Löcher mehr geben

In der vernetzten, globalisierten Welt wäre das eine fatale Option, wie der Fall Afghanistan zeigt: Denn der 11. September ist ja gerade dadurch möglich geworden, dass wir die Afghanen mit den Taliban allein gelassen hatten, nachdem sie die Sowjetunion besiegt hatten. Dass so etwas nicht wieder passieren darf, dass es keine schwarzen Löcher der Staatlichkeit mehr geben darf, ist unterdessen der Minimalkonsens darüber, was der Westen in Afghanistan erreichen muss. Alle anderen leuchtenden Ziele in dem kriegsgeplagten Land – Demokratie, Menschenrechte, Bildung – werden längst immer weiter abgedimmt. Und wenn Barack Obama nun gar von Abzugsplänen zu reden beginnt, liegt ein Hauch von Defätismus in der Luft.  Weiter„Mit dem radikalen Islam verhandeln?“

 

Obama: „Geschwätzigkeit mit böser Absicht“?

Der Revolutionsführer Khamenei hat bei eine Ansprache in Mashad auf Obamas Gesprächsangebot reagiert. Hier der Bericht von der deutschsprachigen Version seiner Website:

Das Oberhaupt der Islamischen Revolution wies dann auf den Amtsantritt des neuen Präsidenten und der neuen Regierung in den USA hin und fügte hinzu: „Sie sagen wir haben die Hand nach Iran gestreckt und wir sagen, wenn die USA unter dem Samthandschuh eine Gusseisenhand versteckt haben sollten, würde diese Maßnahme keine Bedeutung und keinen Wert haben.“
Der geehrte Ayatollah Khamenei deutete dann auf das Vorgehen der amerikanischen Verantwortungsträger bei der Entsendung einer Gratulationsbotschaft an das iranische Volk hin und fügte hinzu: „Man hat selbst in dieser Gratulationsbotschaft das iranische Volk als Anhänger des Terrorismus bezeichnet, die nach Atomwaffen streben. Ist das denn eine Gratulation oder die Fortsetzung derselben Vorwürfe?“
Er wies dann auf die Verhandlungsfrage und die neue Devise des neuen US-Präsidenten – das heißt auf „Wandlung“-  hin und fügte hinzu: „Wenn es sich etwas abgesehen von einem kleinen Teil eurer Rhetorik geändert hat, zeigt es uns. Hab ihr eurer Feindschaft gegen das iranische Volk ein Ende gesetzt? Die Guthaben Irans freigesetzt? Die Sanktionen annulliert? Der bedingungslosen Verteidigung des zionistischen Regimes ein Ende gesetzt?“
Das geehrte Oberhaupt der Islamischen Revolution hob ferner hervor: „Wandlung sollte nicht Geschwätzigkeit mit ungesunder Absicht sein. Wenn ihr die Absicht hegt, dieselben vorigen Ziele lediglich mit Politik und Taktik zu ändern, stellt dies eine List und keine Wandlung dar. Und wenn ihr eine wahre Wandlung vorhabt, sollt ihr sie praktisch zeigen.“

Der geehrte Ayatollah Khamenei fügte als Zusammenfassung seiner Ansprache hinzu: „Solange die amerikanische Regierung die Methoden, Politiken, Maßnahmen und feindseligen Orientierungen der vergangenen 30 Jahre verfolgt, wird auch unser Volk dasselbe Volk der vergangenen 30 Jahre sein, das Tag für Tag stärker, stählerner und erfahrener geworden ist.“

Was bedeutet dieser schneidende und unbeugsame Ton? Es handelt sich um den Versuch, bei einem möglichen Dialogprozess eine günstige Ausgangsposition einzunehmen. Es ist die Eröffnung eines Gesprächs durch einen Mann, dessen Spruch überliefert wurde: „Wenn die Amerikaner in Teheran eine Botschaft eröffen, haben wir verloren.“

Khamenei hat bei seiner Rede die üblichen „Tod Amerika“-Sprüche der Masse zu beruhigen versucht. 

Ich denke, Roger Cohen hat eine realistische Deutung des Vorgangs in der IHT

The hard part has just begun. Iran’s supreme leader, Ayatollah Ali Khamenei, responded to Obama with a scathing speech at the country’s holiest shrine in Mashad, recalling every past U.S. misdeed, describing prerevolutionary Iran as „a field for the Americans to graze in,“ and demanding concrete steps — like a lifting of sanctions — rather than words.

View all that as an opening gambit. Khamenei also quieted the crowd when it began its ritual „Death to America“ chant and he said this: „We’re not emotional when it comes to our important matters. We make decisions by calculation.“

That’s right: The mullahs are anything but mad. Calculation will demand that Iran take Obama seriously.

The country’s oil revenue has plunged, its economy is in a mess, its oil and gas installations are aging. It has deepening interests in a stable Iraq and an Afghanistan free of Taliban rule.