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Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – zwischen Iran und Israel?

Seltsame Dinge gehen vor im Verhältnis zwischen Iran und Israel: Bereits vor einigen Wochen hatte der iranische Vizepräsident Esfandiar Rahim  Mashai (zuständig für kulturelles Erbe und Tourismus) gesagt, Iran sei der Freund „aller Völker der Welt, auch der Israelis“.

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Rahim Mashai

Das war besonders pikant, weil Mashai nicht nur politisch eng mit dem Präsidenten Ahmadinedschad verbunden ist. Der Sohn des Präsidenten ist mit Mashais Tochter verheiratet.

Unterdessen hat der gute Mann seine Worte zurückgezogen. (Er wird heftig von konservativen Abgeordneten angegriffen.) Er habe nicht die Israelis gemeint, sondern die Palästinenser. Tja, kann schon mal passieren. Die kann man echt leicht verwechseln!

(Überhaupt das Wort „Israel“ zu benutzen, ist schon ein Tabubruch. Denn das Land existiert ja für die Iraner nicht, sondern nur eine „zionistische Entität“. Ein bisschen wie bei Kindern, die glauben, wenn sie sich die Augen zuhalten, dann verschwindet die ganze Welt um sie herum.)

Und schließlich: ein höherer israelischer Geheimdienstmann – der frühere Mossad-Chef Ephraim Halévy – hat dem arabischen Sender al-Hurra (den die Amerikaner aufgebaut haben, um die Botschaft der Freiheit zu den Wüstensöhnen zu bringen) anvertraut, Irans Präsident sei „eine Gabe Gottes für die Israelis“.

Zitat:

Iranian President Mahmoud Ahmadinejad’s incendiary anti-Israel outbursts have united the international community against his country, thus serving a key Israeli interest, former Mossad chief Ephraim Halevy told an American-sponsored Arab satellite television network on Tuesday.

„Ahmadinejad is our greatest gift,“ Halevy told the Arab language television network Al-Hurra on Tuesday. „We couldn’t carry out a better operation at the Mossad than to put a guy like Ahmadinejad in power in Iran.“

Halevy added that the Iranian president’s extremist statements „proved to everyone that Iran of today is an Iran that is impossible to live with. [Ahmadinejad] unites the entire world against Iran.“

Ich hab’s ja immer schon gesagt: Die einzigen Völker, die in der verfluchten Region (eigentlich) wunderbar zusammenpassen, sind Israelis und Iraner.

 

 

Shirin Ebadi wird verleumdet, weil sie Baha’i verteidigt

Genauer gesagt, ihre Tochter, was ein besonders perfider Trick ist. Shirin Ebadi, die bekannte Anwältin und Menschenrechtlerin, die für ihr Engagement 2003 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, verteidigt derzeit die sieben verhafteten Führer der Baha’i-Religion im Iran, denen vorgeworfen wird, Kontakte zu Irans Erzfeind Israel gehabt zu haben (mein Bericht hier). Ihre Tochter ist Teil des juristischen Teams. Und weil man Ebadi als Friedensnobelpreisträgern nicht angreifen kann, versucht man sie eben kleinzukriegen, indem man ihre Tochter bedroht.

Darum hat die offizielle Nachrichtenagentur IRNA, wie dpa berichtet, die Behauptung in die Welt gesetzt, Ebadis Tochter sei zur Baha’i-Religion konvertiert. Damit würde sie im Verständnis der Scharfmacher unter den Mullahs zur Apostatin.

Die Juristin warf IRNA am Montag vor, sie habe Lügen über ihre Tochter verbreitet.  Der Übertritt zu der im 19. Jahrhundert in Persien gegründeten Religionsgruppe gilt im Iran als Kapitalverbrechen und kann schlimmstenfalls mit dem Tod bestraft werden. Derzeit wird im Parlament der Entwurf eines Gesetzes beraten, dass für Apostasie die Todesstrafe  verhängen will.
Bahai-Anhänger rechtlich zu vertreten, bedeute nicht, dass man zu deren Glauben übergetreten sei, hatte Ebadi zuvor erklärt.
Im vergangenen Januar waren in der südiranischen Stadt Schiras 54 Bahai-Anhänger wegen Propaganda gegen das islamische System verhaftet worden. Drei waren anschließend zu Haftstrafen von je vier Jahren verurteilt worden. Die anderen erhielten Haftstrafen auf Bewährung. Menschenrechtler kritisierten, seit dem Amtsantritt von Präsident Mahmud Ahmadinedschad 2005 würden die rund 350 000 Bahai-Anhänger im Iran verstärkt verfolgt. Die mystisch geprägte Religion, die Elemente asiatischer und islamischer Spiritualität verbindet, hat weltweit rund 7,5 Millionen Anhänger.

 

Irans berühmtester Dissident ist geflohen

Ahmad Batebi, der durch das unten stehende Foto von 1999 zur Ikone der aufständischen Studenten Irans wurde, ist die Flucht aus Iran gelungen. Aus Erbil in irakisch-Kurdistan wurde er von den Amerikanern ausgeflogen.

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Batebi befindet sich seit einigen Wochen in den USA.
Mit Hilfe kurdischer Aktivisten konnte er auf abenteuerliche Weise aus Teheran fliehen, wo ihm eine erneute Gefängnisstrafe drohte.

Er war verhaftet worden, weil sein Foto mit dem blutbefleckten Hemd die Titelseite des Economist geschmückt hatte. Er hält darauf das Hemd eines Komillitonen, der bei den Demonstrationen des Jahres 1999 von einer Kugel getroffen wurde.

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Wegen seiner Funktion als Rädelsführer der Studenten wurde er zum Tode verurteilt. Seine Strafe wurde dann – nicht zuletzt wegen seiner internationalen Bekanntheit durch das ikonische Bild – zuerst auf 15, und dann auf 10 Jahre herabgesetzt. (Das enthält eine Lektion für die westlichen Medien, die durch die Verhaftung von Dissidenten dazu gebracht werden sollen, nicht mehr über Regimekritiker zu berichten, um diesen nicht zu gefährden. Sie sollten sich eben nicht einschüchtern lassen!)

Im Evin-Gefängnis hat Batebi alle erdenklichen Demütigungen und schlimme Folter erdulden müssen, inklusive zwei Schein-Exekutionen, bei denen andere Mitgefangene erhängt wurden.

Er hat sich nicht brechen lassen.
Er hat die abenteuerliche Geschichte seiner Flucht der New York Times erzählt.
Sein Weg hinaus aus Iran ist durch Videoaufnahmen dokumentiert, die man auf der Website der Times sehen kann.
Bemerkenswert: Der schärfste Gegner des Regimes will um keinen Preis einen Krieg: „Mr. Batebi speaks of working from afar for peaceful change in Iran. He recoils when asked about the possibility of American military action against Iran, saying that if the United States attacked, ‚I might go back and fight for my country myself.'“

Eine absurde Szene seiner Flucht war sehr erhellend über den freiheitlichen Charakter des Landes, in dem er nun als Exilant lebt: „When his flight from Vienna landed at Dulles Airport in Virginia in late June, Mr. Batebi was astonished to see that the airport worker waving the jet into the gate was a Muslim woman wearing a tight head scarf.

Mr. Batebi was enthralled, sensing a casual tolerance that was exactly what he had longed for in his own country. ‚It seems to me that people here are free to live their lives, as long as they do no harm to anyone else,‘ he said.“

(Hier ein Interview, das Batebi jetzt dem Economist gab, mit dem sein Leiden anfing.)

p.s. Batebi ist selbst Fotograf. Hier ist sein Blog (Farsi), das auch Fotos aus seinem neuen amerikanischen Leben enthält.

 

Iran entwickelt CO²-neutrale Raketentechnik

Den Raketentechnikern des Iran ist die Entwicklung der ersten kohlendioxidneutralen Mittelstreckenrakete gelungen, ein Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Atomrüstung.

Die kürzlich bei dem gegen Israel gerichteten Raketentest erprobten Projektile entpuppten sich nämlich unterdessen als virtuelle Geschosse, wie folgende Fotos im Vergleich erweisen.

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Links das Vorlagenfoto. Rechts das von Sepah News, der Agentur der Revolutionsgarden, verbreitete Propagandafoto.

(Mit anderen Worten: Der Test hat entweder nie stattgefunden. Oder er ist mißlungen. Oder das Licht war einfach so schlecht, dass ein Revolutionsgardist  an den Computer gesetzt wurde, um ein ansehnliches Bild iranischer Stärke zu fabrizieren.)

Das Bild wurde überall in der Welt bereitwillig verbreitet. Auch das gibt zu denken.

Durch unermüdliche Recherche gelang es mir, das Originalbild vom iranischen Test ausfindig zu machen.Es ist noch viel beunruhigender als die Fälschung.

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John McCain übt für die Bush-Nachfolge

Sollte er Erfolg haben, wird es ein nahtloser Übergang werden, wie dieser „Witz“ zeigt.
Ein Reporter fragt McCain, was er davon hält, dass der Export amerikanischer Zigaretten nach Iran sich unter Bush verzehnfacht hat: „Vielleicht ist das ein Weg, sie umzubringen… Ich meine das als Witz… als jemand, der seit 28, äh 29 Jahren keine Zigarette mehr gehabt hat.“

 

Was Ahmadinedschad wirklich über Israel gesagt hat

Iran hat gestern Raketen getestet, die von ihrer Reichweite her geeignet wären, Israel oder amerikanische Basen im Nahen Osten zu treffen.

Das ist die jüngste Eskalationsstufe in einem sich erhitzenden Streit um das iranische Atomprogramm. Vor kurzem erst hatte Israel eine Übung über dem Mittelmeer durchgeführt, die als Demonstration der Stärke gegenüber Iran gesehen wurde.

In diesem Zusammenhang ist ein Streit interessant, der vor einigen Monaten aufkam. Darin geht es darum, obder iranische Präsident wirklich im Oktober 2005 gesagt habe, Israel müsse „von der Landkarte getilgt werden“. Die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur hatte in der Süddeutschen diese Lesart der Rede in Frage gestellt.(Eine Antwort der Islamwissenschaftlerin Mariela Ourghi findet sich hier.)

Amirpurs stärkstes Argument zur Relativierung der Äußerungen des iranischen Präsidenten bezieht sich allerdings gar nicht auf den Wortlaut seiner Äußerungen, sondern auf seine verfassungsmäßige Stellung im Herrschaftssystem des Iran. Er sei nicht der Oberbefehlshaber (sondern der Revolutionsführer Chamenei). Er könne also gar nicht über Krieg und Frieden entscheiden. Seine Äußerungen erscheinen daher irrelevant, zumal sich Chamenei distanziert habe.

Das ist zunächst ein valides Argument, das geeignet erscheint, die israelische Debatte zu entdramatisieren. Nur weil Ahmadinedschad etwas gegen „das Regime, das Jerusalem besetzt hat“ sagt, läßt das noch nicht auf eine unmittelbare Bedrohung Israels schliessen.

Aber irrelevant ist es wohl auch nicht, was der gewählte Präsident sagt (auch wenn er mit Tricks an die Macht kam). Er spricht zwar nicht für das gesamte iranische System, aber wohl doch für den stärker werdenden militärisch-revolutionären Apparat, wie er in den Revolutionsgarden und den Bassidsch organisiert ist und immer mehr auf den iranischen Staat zugreift.

Und dann lohnt es sich vielleicht doch zu prüfen, ob die Rede tatsächlich nur eine Prophezeiung über das Ende des „Besatzerregimes“ enthält, wie Amirpur suggeriert. Anders gesagt: Was heißt für ihn eigentlich „Besatzerregime“?

Ich halte Amirpurs Lektüre für unhaltbar und verharmlosend. Davon kann sich jeder überzeugen, der bei der Bundeszentrale für Politische Bildung die komplette Neuübersetzung  der Rede durch den Sprachendienst des Deutschen Bundestages liest.

–    Eingangs der Rede ermahnt Ahmadinedschad seine Zuhörer, dass sie, wenn sie die Parole „Tod Israel“ [marg bar Isrāyīl] auszurufen hätten, sie diese Parole „richtig und von Herzen“ ausrufen sollten
–    wenn Achmadinedschad vom „Besatzerregime“ spricht, meint er nicht die konkrete israelische Besatzung der Westbank oder von Teilen Jerusalems, sondern Israel per se
–    er spricht in der Rede davon, dass das „Regime welches Jerusalem eroberte“ vom „hegemonialen System und der Arroganz“ (i.e. der Westen) gegründet worden sei, was ein „schweres Vergehen … gegen die islamische Welt“ darstelle: „Zwischen der Welt der Arroganz und der Welt des Islam tobt ein historischer Kampf, welcher Hunderte von Jahren zurückreicht.“ Das stellt die Gründung Israels in den Zusammenhang einer vermeintlichen Verschwörung der westlichen „Arroganz“ gegen den Islam. Die Gründung Israels ist also ein kriegerischer Akt in einem jahhrundertealten Konflikt. Es geht mithin um weit mehr als Palästina und die Rechte der Palästinenser.
–    Ahmadinedschad sagt: „Während dieser letzten 300 Jahre brachen die letzten Bollwerke der islamischen Welt zusammen und die Welt der Arroganz gründete das Regime, das Jerusalem besetzt hält als einen Brückenkopf für die Herrschaft über die islamische Welt.“
–    der Präsident führt aus, dass „Brückenkopf“ ein militärischer Fachausdruck sei: „Wenn zwei Gruppen oder Heere aufeinander treffen, und eine Seite die Initiative ergreift und zur gegenüberliegenden Seite hin vorstößt, einen Abschnitt des Territoriums erobert und es befestigt; wenn sie dann zur Verstärkung dort eine Festung errichten um die [eigene] Zone auszuweiten‚ dann nennen wir dies einen Brückenkopf.“ Also betrachtet er Israel im Ganzen als militärische Einrichtung des Westens. Und in einem Brückenkopf gibt es keine Zivilisten – dies ist mithin eine implizite Rechtfertigung jeglichen Angriffes auch gegen einfache Bürger Israels.
–    entsprechend heißt es in der Rede weiter: „Dieses Besatzerregime stellt tatsächlich einen Brückenkopf der Welt der Arroganz im Herzen der islamischen Welt dar. Sie haben eine Festung errichtet, von der sie ihre Herrschaft auf die gesamte islamische Welt ausdehnen wollen. Darüber hinaus gibt es weder Grund noch Zweck für dieses Land.“ Weder Grund noch Zweck! Das bedeutet: Kein Existenzrecht!
–    in diesem Kontext ist nun der betreffende Satz zu bewerten, um den es in dem Streit vordergründig geht. Ahmadinedschad bezieht sich damit auf den Titel der Konferenz: „Eine Welt ohne Zionismus“. Ist das überhaupt möglich, so sagt er, fragen viele. Und dann zählt er den Niedergang des Schahregimes, den Niedergang des Kommunismus und den Fall Saddams auf – Ereignisse, die auch niemand für möglich gehalten hätte. Aber Khomeini hätte diese Dinge immer schon vorausgesagt. Dann kommt der entscheidende Satz:
–    „Unser lieber Imam [Khomeini] sagte auch: Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte [safha-yi rōzgār] getilgt werden. In diesem Satz steckt viel Weisheit. Das Palästina-Problem ist keine Frage in welcher man in einem Teil Kompromisse eingehen könnte.“ Das „Palästina-Problem“ besteht in der Existenz Israels.
–    man muss den Satz schon komplett aus dem Kontext reissen, um suggerieren zu können, der iranische Präsident kritisiere hier bloss die Besatzung Jerusalems und der Westbank und fordere im Einklang mit UN-Resolutionen deren Ende

–     der „unrechtmäßige Zustand“, den der iranische Präsident beenden will, ist nicht weniger als die Existenz Israels. Daran läßt seine Rede keine Zweifel. Das „Regime, das Jerusalem besetzt hält“, ist der Staat Israel. Selbst nach einem Ende der Besatzung gäbe es in Achmadinedschads Logik für Israel „weder Grund noch Zweck“

–    es geht hier also nicht um die Rückgabe besetzter Gebiete, sondern um das Auflösung des Staates Israel und mehr noch die Löschung Israels aus der Geschichte. Es ist die Pflicht der Muslime, in dem Jahrhunderte alten Kampf für diese Revision des Unrechts zu arbeiten. Das Unrecht besteht in der Existenz dieses Staates Israel per se, für den es „weder Grund noch Zweck“ gibt, ausser der Eroberung der islamischen Welt als Brückenkopf zu dienen. „Wipe off the map“ (im deutschen als „von der Landkarte tilgen“ wiedergegeben) beschreibt das Ziel Ahmadinedschads also zutreffend, selbst wenn es sich dabei nicht um eine wörtliche Übersetzung handelt. Es ersetzt eine zeitliche Metapher („aus den Annalen oder Seiten der Geschichte tilgen“) durch eine räumliche („von der Landkarte tilgen“).

Über die passendere Wiedergabe des Sinnes läßt sich ein Geschmacksstreit führen, in der Sache bleibt er irrelevant, wie die genaue Lektüre der Rede zeigt:

–    Im übrigen, wenn man einmal bei der wörtlichen Übersetzung bleibt: ein „Regime aus den Annalen der Geschichte tilgen“ Bedeutet das: Nicht einmal eine Erinnerung in den Annalen soll von Israel bleiben, Israel soll ungeschehen gemacht werde? Ist das kein Vernichtungswunsch?
–    Ahmadinedschad will keinen Zweifel an seiner Absicht lassen: „Kann eine [gemeinsame] Front es dulden, wenn in ihrer Mitte eine fremde Macht entsteht? Dies würde eine Niederlage bedeuten und wer immer die Existenz dieses Regimes anerkennt, hat in Wirklichkeit die Niederlage der islamischen Welt unterschrieben.“
–    Er sagt weiter: „Unser lieber Imam [Khomeini] hat in seinem Kampf gegen die Welt der Arroganz das Regime, das Jerusalem besetzt, zu seinem Hauptangriffspunkt gemacht. Ich zweifle nicht daran, dass die neue Welle, die im geliebten Palästina begonnen hat, und welche wir heute in der islamischen Welt beobachten, eine Welle der Moral ist. Sie hat die gesamte islamische Welt erfasst und wird sehr bald den Schandfleck [Israel] aus dem Schoß der islamischen Welt beseitigen – und das ist machbar.“
–    Später wiederholt er, die „Eliminierung des zionistischen Regimes (wird) glatt und einfach sein“.
Ahmadinedschad erklärt schließlich noch, dass die Palästinenser selbst gar nicht über diese Dinge entscheiden können. (Sie wären also auch nicht zu einer Verhandlungslösung autorisiert.) Die Palästinafrage ist nämlich das Problem der gesamten islamischen Welt: „Menschen, die in einem geschlossenen Raum sitzen, können darüber nicht entscheiden. Das islamische Volk kann es nicht erlauben, dass diese historische Feindschaft im Herzen der islamischen Welt existiert.“
Zusammengefasst: Der Gesamtkontext der Rede, so wie sie komplett vom Sprachendienst des Bundestages übertragen wurde, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der iranische Präsident
–    Israel jegliche Legitimität abspricht
–    Israel als Teil einer westlichen Verschwörung gegen „den Islam“ betrachtet
–    die „Eliminierung“ Israels darum als Pflicht jedes Muslims in einem jahrhundert alten Kampf begreift
–    schon die Anerkennung der Existenz Israels als Einwilligung in die Niederlage des islamischen Welt versteht
–    der Jugend Mut machen will, sich nicht entmutigen zu lassen beim Kampf gegen Israel, denn die „Beseitigung dieses Schandflecks im Schoß der islamischen Welt ist machbar“.
Diese Rede – das will ich hier klar sagen – ist trotz ihrer Anstößigkeit keine Rechtfertigung für einen Krieg gegen Iran. Sie steht im Widerspruch zu dem, was die Mehrheit im Iran denkt, und bildet auch keinen Konsens im Herrschaftsapparat des Landes ab.

Aber sie gibt durchaus Grund zur Sorge. Es ist inakzeptabel, dass der Präsident des Iran solche massiven Drohungen gegen einen anderen Staat ausspricht und ihm sein Existenzrecht bestreitet.

Wir dürfen diese Rede nicht aus Furcht vor einem Krieg verharmlosen. Sie bleibt eine Ungeheuerlichkeit. Es steht zu hoffen, dass das iranische Volk bei den Wahlen im nächsten Jahr diesen Schandfleck aus seiner Mitte entfernt.

 

Zur Verfolgung der Baha’i im Iran

Aus der ZEIT vom 26. Juni 2008, S. 8:

Am Morgen des 14. Mai werden in Iran fünf Männer und eine Frau in einer konzertierten Aktion verhaftet und bald danach in das berüchtigte Evin-Gefängnis verbracht. Hier, im Norden Teherans, schließt das iranische Regime seine Gegner weg.Den sechs Verhafteten – Fariba Kamalabadi, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Behrouz Tavakkoli und Wahied Tizfahm – wird vorgeworfen, »gegen die Sicherheitsinteressen des Landes« verstoßen zu haben. Sie hätten »Kontakt zu ausländischen Mächten, insbesondere Zionisten«, so ein Regierungssprecher am 20. Mai.

Der Sprecher verschweigt, dass alle Verhafteten führende Mitglieder der zweitgrößten Religionsgemeinschaft Irans nach dem schiitischen Islam sind – des Bahai-Glaubens. In Wahrheit ist die Verhaftung der sechs der Höhepunkt einer brutalen Unterdrückungskampagne gegen Andersgläubige.

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Diese sieben Bahá’í wurden inhaftiert: (von links sitzend): Behrouz Tavakkoli, Saeid Rezaie, (stehend): Fariba Kamalabadi, Wahied Tizfahm, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Mahvash Sabet (schon am 5. März gesondert verhaftet)

Die sechs Verhafteten waren – mit Kenntnis der iranischen Behörden – für die provisorische geistliche Leitung der 300 000 Bahai in Iran zuständig. Eigentlich kommt diese Aufgabe einem gewählten Nationalen Rat zu. Doch nach der Islamischen Revolution waren dessen Mitglieder verschleppt und vermutlich ermordet worden. Seither leben die Anhänger des Religionsstifters Baha’ullah in einem Zustand der Rechtlosigkeit. Mit der Machtübernahme Mahmud Ahmadineschads hat sich die Lage abermals verschärft. In den vergangenen drei Jahren wurden Bahai-Friedhöfe mit Bulldozern planiert, Hunderte aus ihren Dörfern vertrieben und zahlreiche Studenten ihres Glaubens wegen von den Universitäten verwiesen. Die Repression wird durch eine Hetzkampagne in Schulen und Medien unterlegt.

Warum ziehen die Bahai die besondere Aggression des Regimes auf sich? Anders als Christen und Juden gelten die Bahai als Abtrünnige. Der Bahaismus, der heute weltweit etwa sieben Millionen Anhänger zählt, ist in Iran entstanden. Seine beiden Stifter, genannt Báb (»das Tor«) und Baha’ullah (»Herrlichkeit Gottes«), waren Männer aus Schiras und Teheran. Mitte des 19. Jahrhunderts begründeten sie eine theosophische Lehre, die alle Weltreligionen beerben und aufheben wollte. Die Menschheit sei ins »Zeitalter der Reife« eingetreten. Keine Religion sei »falsch«, doch alle müssten aus ihrer Zeit verstanden werden. An die Stelle des Dschihad rückte Baha’ullah die Mahnung zur Gewaltlosigkeit. Frauen wurden weitgehende Rechte zugestanden. Die Bahai begriffen Mohammed nicht als »Siegel der Propheten«, sondern als eine Stimme der göttlichen Offenbarung unter vielen. 1848 folgte die offizielle Ablösung vom Islam.

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Verfolgung schon im 19. Jhdt.: Ein Baha’i-Vater mit seinem Sohn (beide links im Bild), die 1896 verhaftet und später hingerichtet wurden.  Quelle: Bahai.org

Der schiitische Klerus hat den Bahaismus mit allen Mitteln bekämpft. Zehntausende fielen Massakern zum Opfer. Aus einer innerislamischen Reformsekte wurde so nicht zuletzt durch die Verfolgung und die Diaspora eine Offenbarungsreligion mit universalistischem Anspruch. Heute leben Bahai überall auf der Welt, besonders in Asien, Schwarzafrika und Lateinamerika. Ihr Weltzen­trum liegt im heutigen Haifa, was die iranische Propaganda gerne für ihre »Zionisten«-Verschwörungstheorie benutzt. Der schlichte Grund dafür ist, dass der Prophet ins Exil gedrängt wurde und im palästinensischen Akkon – nahe Haifa – starb.

Die Verfolgung der Bahai in ihrem Ursprungsland ist Teil des Kampfes der orthodoxen schiitischen Geistlichkeit gegen alle religiösen Reformbewegungen. Die Islamische Republik Iran hat den Hass gegen sie institutionalisiert. In einem Geheimdekret von 1992, unterzeichnet vom Revolutionsführer Chamenei, wurde festgelegt, dass Bahai durch allerlei Schikanen am gesellschaftlichen Fortkommen gehindert werden sollten. Präsident Ahmadineschad scheint nun den kulturrevolutionären Elan der iranischen Revolution durch eine schärfere Verfolgung der Bahai wiederaufleben lassen zu wollen. Die Geheimdienste erfassen seit einiger Zeit systematisch alle Anhänger. Und nun droht auch noch eine Verschärfung des Gesetzes gegen den Abfall vom Glauben, die Apostasie. Nach dem Gesetzesentwurf, der noch im iranischen Parlament beraten wird, sollen »Apostasie, Ketzerei und Zauberei« zwingend mit dem Tode bestraft werden.

So scheint es nicht übertrieben, wenn Menschenrechtsorganisationen vor einer drohenden Vernichtung der iranischen Bahai warnen. Wie der Gottesstaat mit seiner größten religiösen Minderheit umgeht, verrät viel über den inneren Zustand des Teheraner Regimes. Es ist in eine Phase ideologischer Mobilmachung eingetreten und hält den Westen für überfordert durch den Atomstreit. Bei den Menschenrechten, so das Kalkül der jetzigen Repressionswelle, wird man es nicht so genau wissen wollen, wenn wichtigere Konflikte zu lösen sind.

(Eine Dokumentation der Verfolgungen findet sich hier bei der „Gesellschaft für bedrohte Völker“.)

 

Warum die Terroristen nicht gewinnen können (und Iran auch nicht)

Hier ein Auszug aus dem wichtigsten Buch des Jahres – Fareed Zakarias „The Post-American World“. Zakaria stellt den Westen in den Kontext der aufsteigenden (ehemals) Dritten Welt – „The Rise of the Rest“. Und er wägt Risiken und Chancen dieses enormen Wandels ab. Es ist extrem erfrischen, wie er Probleme relativiert, die uns die größten scheinen, wie etwa den islamistischen Terrorismus und das iranische Atomprogramm. Jawohl, ich meine das poltitiv: Zakaria relativiert, indem er diese Krisen in ein Verhältnis zu anderen historischen und aktuellen Problemen setzt. Das Buch erscheint demnächst auf Englisch, Anfang des kommenden Jahres auch auf Deutsch. Ich lese gerade die Fahnen und werde demnächst mehr berichten.
Zakaria ist der Chefredakteur der internationalen Ausgabe von Newsweek und einer der klügsten Kommentatoren der internationalen Politik. Hier ein Exzerpt aus der aktuellen Ausgabe von Newsweek  (und hier ist einer erste Rezension in der New York Times):

„The threats we face are real. Islamic jihadists are a nasty bunch—they do want to attack civilians everywhere. But it is increasingly clear that militants and suicide bombers make up a tiny portion of the world’s 1.3 billion Muslims. They can do real damage, especially if they get their hands on nuclear weapons. But the combined efforts of the world’s governments have effectively put them on the run and continue to track them and their money. Jihad persists, but the jihadists have had to scatter, work in small local cells, and use simple and undetectable weapons. They have not been able to hit big, symbolic targets, especially ones involving Americans. So they blow up bombs in cafés, marketplaces, and subway stations. The problem is that in doing so, they kill locals and alienate ordinary Muslims. Look at the polls. Support for violence of any kind has dropped dramatically over the last five years in all Muslim countries.
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Fareed Zakaria Foto: (CC) Larry D. Moore

Militant groups have reconstituted in certain areas where they exploit a particular local issue or have support from a local ethnic group or sect, most worryingly in Pakistan and Afghanistan where Islamic radicalism has become associated with Pashtun identity politics. But as a result, these groups are becoming more local and less global. Al Qaeda in Iraq, for example, has turned into a group that is more anti-Shiite than anti-American. The bottom line is this: since 9/11, Al Qaeda Central, the gang run by Osama bin Laden, has not been able to launch a single major terror attack in the West or any Arab country—its original targets. They used to do terrorism, now they make videotapes. Of course one day they will get lucky again, but that they have been stymied for almost seven years points out that in this battle between governments and terror groups, the former need not despair.

Some point to the dangers posed by countries like Iran. These rogue states present real problems, but look at them in context. The American economy is 68 times the size of Iran’s. Its military budget is 110 times that of the mullahs. Were Iran to attain a nuclear capacity, it would complicate the geopolitics of the Middle East. But none of the problems we face compare with the dangers posed by a rising Germany in the first half of the 20th century or an expansionist Soviet Union in the second half. Those were great global powers bent on world domination. If this is 1938, as some neoconservatives tell us, then Iran is Romania, not Germany.“

Mehr hier.