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Wende? Vatikan sagt ja zum EU-Beitritt der Türkei

Der konservative Figaro berichtet von einer möglichen Kehrtwende des Vatikan in der Türkeifrage.

Der Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hat am vergangenen Dienstag bei einer Pressekonferenz in Rom klar Ja zu einer Einbindung der Türkei in Europa gesagt – bis hin zu einer Mitgliedschaft in der EU.

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Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Foto: Wikimedia


Bertone, Chefdiplomat des Vatikans (Kardinalstaatssekretär) und rechte Hand des Papstes (seit kurzem auch Camerlengo, also Kämmerer), sagte dem Figaro:

« Il y a des évolutions, les positions sont naturellement très différentes », a-t-il reconnu, mais « avec les peuples et les gouvernements qui respectent les règles fondamentales de la cohabitation, on peut dialoguer et construire ensemble le bien commun dans la sphère européenne et aussi dans la communauté mondiale ». « Y compris jusqu’à une entrée dans l’Europe ? », lui ont demandé les journalistes. « Y compris », a répondu le secrétaire d’État.

Ein weiterer Prälat aus dem Vatikan fügt hinzu:

La Turquie n’est plus « l’ennemi héréditaire » de l’Europe chrétienne, souligne aujourd’hui un prélat, rappelant que jusqu’au XVIIe siècle l’horizon politique des papes était de fédérer l’Europe dans une croisade contre les Turcs. Entre l’Islam et la chrétienté, selon ce prélat, la Turquie est « une marche frontière » qu’il faut « intégrer plutôt que de la rejeter brutalement ».

Der Figaro weist darauf hin, dass dies eine 180-Grad-Wendung bedeutet im Vergleich zu der Position Kardinal Ratzingers von 2005, als er einen möglichen Beitritt der Türkei als einen „historischen Fehler“ bezeichnete.

Es bewegt sich etwas, seit Regensburg und der Türkeireise. Nur der Papst selbst hat noch nicht gesprochen.

 

Antisemitismus in britischen Unis: Akademischer Israel-Boykott beschlossen

Die britische Akademiker-Gewerkschaft UCU (University an College Union) hat einen Boykott Israels beschlossen. Mit ihren 120.000 Mitgliedern ist UCU der einflußreichste Verband in der höheren Bildung in Grossbrittanien.
Der Boykott kann bedeuten, dass israelische Akademiker von Austauschprogrammen und instituioneller Förderung ausgeschlossen werden, dass britische Forscher nicht mehr mit israelischen Publikationen zusammenarbeiten oder ihrerseits nicht mehr zu Gastvorträgen und scholarships nach Israel reisen.
Das ist eine bisher unbekannte Versündigung an der akademischen Freiheit. Und ein Schlag ins Gesicht Israels, das sich derzeit unter täglichem Raketenbeschuss durch die Hamas befindet.
Dem Geist des freien Gedanken- und Meinungsaustauschs, ohne den es keinen wissenschaftlichen Fortschritt geben kann, steht die politische Indienstnahme der Gewerkschaftsmitglieder entgegen.
Der Schritt ist nicht nur abstoßend durch seine moralische Überheblichkeit gegenüber einem Land, das unter der Vernichtungsdrohung Irans und seiner Helfershelfer lebt.
Er ist auch politisch dumm, weil er die kritischen Kräfte der israelischen Öffentlichkeit isoliert und das – diesmal berechtigte – Gefühl verstärkt, auf Europa nicht zählen zu können.
Die Begründung, mit der die UCU zum Boykott aufruft, ist geradezu obszön: Der Boykott solle die „Komplizenschaft der israelischen Akademiker“ bei der 40 Jahre andauernden Besatzung treffen.
Wer alle israelischen Akademiker zu „Komplizen“ der Besatzung erklärt, argumentiert genau wie die Killer der Hamas: Es gibt keine Zivilisten in Israel. Jeder ist ein legitimes Ziel.
Der aussenpolitische Sprecher der SPD, Gert Weisskirchen, hat völlig Recht, wenn er dies „ein neues Kapitel in der traurigen Geschichte des akademischen Antisemitismus“ nennt.
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Steven Weinberg. Foto: University of Texas

Der Boykott wird auch schmerzliche Folgen für die britische Szene haben: Der amerikanische Physik-Nobelpreisträger Steven Weinberg hat seinen Gastvortrag am Imperial College, geplant für diesen Juli, abgesagt.
Weinberg:

„I know that some will say that these boycotts are directed only against Israel, rather than generally against Jews.

„But given the history of the attacks on Israel and the oppressiveness and aggressiveness of other countries in the Middle East and elsewhere, boycotting Israel indicated a moral blindness for which it is hard to find any explanation other than anti-semitism.“

Recht hat er.

 

Saudischer Intellektueller: Palästinenser sind selbst schuld an ihrer Lage

Turki Al-Hamad, der saudische Romancier und Essayist schreibt in der arabischen Tageszeitung Asharq Alawsat:

Here, the Fatah-Hamas relationship is not as important as raising a direct question that has to do with the neglected issue: Where were we, where are we now and who is to blame for the critical situation that the Palestinians are living − especially the average Palestinians, and us with them?

There may be numerous causes that together brought about the present situation, but the bigger share of blame lies on the Palestinians themselves. From Amman – we do not want to mention what happened earlier – to Beirut, Madrid and Oslo, the Palestinians, or rather their leaders, have missed out on chances that most likely could have changed the situation.

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Turki Al-Hamad

Today, they are pointing their guns at one another and shedding their own blood, disregarding the Mecca Declaration and forgetting their oaths in the vicinity of the Grand Mosque for the sake of an ideological difference. They are fighting for a fragile authority or over a cabinet portfolio or a handful of bloody dollars − and then they wonder how their blood is cheap for the enemy even though it already cheaper among themselves. The cause became insignificant because those entitled with it made it so by not living up to the responsibility. For some, this cause even ended up as a profitable trade that is bought and sold for the lowest prices.

The Quran says, “Allah changeth not the condition of a folk until they (first) change that which is in their hearts” (13: 11), and the Bible tells us that God does not help those who do not help themselves. And here lies the gist of the issue… and of everything else.

 

Wer ein Haus baut, will bleiben – zum Kölner Moscheestreit

Wer es schafft, sich mit ein und derselben Äußerung die Wut von Rechtsradikalen und den Hass von Islamisten zuzuziehen, der trägt das Etikett des »streitbaren Publizisten« offensichtlich zu Recht. Ralph Giordano, mit 84 Jahren immer noch unermüdlicher Mahner, hat mit seiner ­Intervention zum Moscheebaustreit in Köln die­ses erstaunliche Kunststück vollbracht: Die rechts­populistischen Moscheegegner von Pro Köln haben ihn verklagt, weil er sie die »lokale Variante des zeitgenössischen Nationalsozialismus« nennt. Zugleich bedrohten ihn mehrere Anrufer, die immer wieder »Allah, Allah« riefen, mit dem Tod.
Alles begann mit einem Streitgespräch, das Giordano auf Einladung des Kölner Stadtanzeigers mit Bekir Alboga führte, dem Dialogbeauftragten des türkeinahen Moscheeverbandes Ditib. Giordano forderte, die geplante repräsentative Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld dürfe nicht errichtet werden, sonst drohten »Unfrieden und Unruhe«. Außerdem wolle er »auf deutschen Straßen keiner Burka-Verhüllten begegnen«. Auf dem Hinweg habe er »einen Anblick ertragen, der meine Ästhetik beschädigt hat – eine von oben bis unten verhüllte Frau, ein menschlicher Pinguin«.

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Die geplante Moschee in Köln-Ehrenfeld. Bild: Peter Oszvald. Tchorz Architekten

Flugs wurde Giordano in die Nähe des Rechtsextremismus gerückt. Ausgerechnet Ralph Giordano, der als Jude im Versteck die NS-Zeit überlebte, der später den Deutschen die »zweite Schuld« der Verleugnung vorhielt, der früh gegen den Neonazismus auftrat, musste sich vom Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) sagen lassen, er lenke »Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen«.
Giordano beharrt zu Recht darauf, es müsse möglich sein, einen Moscheebau abzulehnen und gegen die Burka zu sein, ohne gleich als nützlicher Idiot des Rechtsradikalismus abgestempelt zu werden. »Wer einen Überlebenden des Holocaust auf diese Weise beschuldigt«, so Giordano, »der richtet sich selbst.«

Wohl wahr. Doch Ralph Giordano sollte die hilflosen Attacken seiner Gegner nicht als Indiz dafür nehmen, dass er selbst richtig liegt. Er hat die bedenkenswerten Elemente seiner Islamkritik unter so viel wütender Polemik versteckt, dass es schwer ist, sie überhaupt noch zur Kenntnis zu nehmen. Gegen die Burka sprechen die Menschenrechte, nicht Regeln des guten Geschmacks. Wer die Bevölkerung über Sakralbauten abstimmen lassen will, wie Giordano es vorschlägt, der kann nicht nur weitere Moscheen, sondern auch neue Synagogen wie in Leipzig und München vergessen. Die gelten vielen hierzulande nämlich auch immer noch als »kulturfremd« (Giordano).

Giordano lehnt die Ehrenfelder Moschee ab, weil sie »ein falsches Signal« sei. Die Integration der Muslime sei »gescheitert«, eine Großmoschee aber suggeriere, sie sei gelungen. Die Erlaubnis zum Bau einer Moschee ist aber zum Glück kein Gnadenrecht, das die geneigte Mehrheit bei gelungener Integra­tion (Wie misst man sie?) verleiht, sondern eine Frage der Religionsfreiheit und des Baurechts.

Moscheen sind keine Signalanlagen der Integration – ebenso wenig wie die neuen Synagogen der wachsenden jüdischen Gemeinde. Aber zweifellos kann man an ihnen etwas ablesen. Die Kölner Moschee, gegen die Giordano streitet, ist das Zeugnis eines neuen Selbstbewusstseins. Und das ist kein Grund zur Sorge, sondern zur Hoffnung. Der Geist ihres Entwurfs lässt sich am besten in dem sprichwörtlich gewordenen Satz zusammenfassen, mit dem Salomon Korn einst das jüdische Gemeindezentrum in Frankfurt eröffnete: »Wer ein Haus baut, will bleiben.«
An dem Ort, an dem die Moschee entstehen soll, beten Muslime unbescholten schon seit Jahrzehnten. Das alte Ditib-Gebäude ist eine konvertierte Fabrik, wie so viele Moscheen in Deutschland. Für Gastarbeiter, die nicht wussten, ob sie bleiben würden, mochte das reichen. Nun aber streben deutsche Muslime nach einem würdigen Ort zum Beten. Und wie sie auf den Architekten ihrer Wahl kamen, spricht für ihren Integrationswillen: Die moderne katholische Kirche St. Theo­dor hatte es den Verantwortlichen von Ditib angetan. So luden sie Gottfried Böhm und seinen Sohn Paul zum Wettbewerb ein – also den größten Kirchenbaumeister der Gegenwart und seinen kongenialen Nachfahren. Deren Entwurf gewann den Wettbewerb, sodass nun Gottfried Böhm – der Pritzker-Preis-Gewinner und damit der am höchsten dekorierte deutsche Architekt – mit seinem Namen für die Moschee steht. Der Bau wird als Kuppel eine stilisierte Weltkugel tragen, die den Blick ins Innere erlaubt – ein Symbol der Weltoffenheit und Transparenz.

Dies ist das Signal von Ehrenfeld: Muslime wollen selbstbewusst in der deutschen Gegenwart ankommen, sie wollen aus Fabriketagen und Hinterhöfen in die Öffentlichkeit.
Wer ein Interesse an Reform und Einbürgerung des Islams hat, sollte das begrüßen. Ein Islam, der sich nicht versteckt, muss und will sich auch kritischen Fragen stellen.
Die Jury bestand in der Mehrzahl aus deutschen Experten, eine Premiere im Moscheebau. Auch die hohen Minarette hat die deutsche Jury für gut befunden. Ralph Giordano aber wettert gegen »islamophile Architektur« in Ehrenfeld, als würde sie subversiv von außen aufgezwungen. Für ihn steht fest, dass »erkennbar islamische Bauten eher zu weiterer Abkapselung beitragen als Integrationseffekte auszulösen«.

Stimmt das? Die Geschichte des Synagogenbaus im 19. Jahrhundert spricht dagegen: Als die Juden mit der Emanzipation selbstbewusst wurden, begannen sie in Deutschland verstärkt »orientalisch« zu bauen, wie Salomon Korn es in seinen Forschungen gezeigt hat. Sie kombinierten »morgenländische« und »neoislamische« Elemen­te mit der deutschen Gotik und Romanik, um gleichermaßen Anderssein und Dazugehören zu betonen. In der Blüte der deutsch-jüdischen Kultur sahen viele Synagogen aus wie eine Mischung aus Kirche und Moschee. Wäre dieser Teil der Architekturgeschichte nicht mit den abgebrann­ten Synagogen vergessen, würde das neue islamische Bauen in Deutschland vielleicht nicht mit solcher hysterischen Abwehr begleitet. (Man schaue sich bitte einmal hier die virtuelle Rekonstruktion der Kölner Hauptsynagoge an. Sie sah ganz und gar wie eine Moschee aus. Wie würde wohl heute ‚Pro Köln‘ dagegen hetzen?)

Es gibt Moscheeprojekte, die dubios finanziert werden. Es gibt welche, hinter denen undurchsichtige Gruppen stehen. Und es gibt welche, die nicht ins städtische Umfeld passen. Die Ehrenfelder Moschee aber kombiniert die Symbolik von Herkunft und Ankunft, deutscher Moderne und islamischer Tradition auf neue Weise. Sie kann ein Magnet fürs Viertel werden.
So scheinen es die politischen Parteien in Köln zu sehen, die sich alle hinter das Projekt gestellt haben – wenn auch die CDU durchaus mit Bauchschmerzen. Die rechtsextreme Bürgerbewegung Pro Köln, gegründet von einschlägigen NPDlern und Republikanern, versucht den Konsens für ihre volksnahe Profi­lierung zu nutzen. Mit mäßigem Erfolg: Ein Bürgerbegehren scheiterte, weil sich mehr als 7000 der von Pro Köln abgegebenen 23 000 Unterschriften gegen die Moschee als Fälschun­gen herausstellten.

Die etablierten Parteien müssen sich, da hat Giordano recht, den Vorwurf gefallen lassen, berechtigte Bedenken der Anwohner nicht aufgenommen zu haben, um den fragilen Moschee-Kompromiss nicht zu gefährden. Sie haben die Rechtsradikalen damit erst ins Spiel gebracht. Auch der Bauherr ist zu zögerlich mit den Kölnern ins Gespräch getreten. Warum bloß? Denn Ditib ist nicht irgendein kleiner Moscheeverein, sondern der bundesweite Dachverband von 870 Moscheen. Ditib vertritt einen moderaten Islam und ist eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden. In der Schäubleschen Islamkonferenz gilt Ditib als Pfeiler der Vernunft.

Bekir Alboga, Giordanos Sparringspartner bei dem Streitgespräch, ist Gesicht und Stimme der Organisation. Schon in der Mannheimer Moschee hat Alboga sich einen guten Namen gemacht, indem er als Imam das Gotteshaus für den interreligiösen Dialog öffnete. Der 44-jährige Gastarbeitersohn, der 1980 nach Deutschland kam, engagiert sich seit Jahren gegen häusliche Gewalt, Zwangsheirat und Ehrenmorde. Er lehnt die Burka als unislamisch ab. Alboga vertritt einen auf fromme Innerlichkeit setzenden Sufismus und ist eine treibende Kraft bei der Öffnung der Ditib für die deutsche Öffentlichkeit. Seit Jahren spricht er sich klar und hart gegen Terror im Namen Allahs aus. Bekir Alboga, ein Deutschtürke, der in Heidelberg Islamwissenschaft studierte, hat es nicht verdient, von Ralph Giordano heruntergemacht zu werden, er komme wohl aus »einem Kulturkreis, dem die kritische Methode völlig unbekannt ist«.

Es gibt nicht so viele Verbündete bei der Reformierung und Beheimatung des Islams in Deutschland, dass man einen Modernisierer wie Bekir Alboga derart vor den Kopf stoßen sollte.

 

Die neue iranische Konfrontations-Ideologie

Wer sich fragt, warum derzeit im Iran durch Verhaftungen von Oppositionellen und durch Repression gegen junge Frauen der Druck erhöht wird, findet eine Antwort bei dem Cheftheoretiker der Revolutionsgarden, Hasan Abbasi.

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„Die US-amerikanische Hauptstrategie ist die sanfte Methode des Umsturzes des Iran. Sie sagen, dass der iranische Boden nicht ihr Ziel ist, aber der iranische Bürger. Die sanfte Bedrohung will die Herzen und Köpfe erobern. Diese Strategie umfasst verschiedene Themen, wie den Hass gegen den Islam, den Hass gegen das Iranertum, sarkastische Erniedrigung der Verantwortlichen der Islamischen Republik, Hass gegen die politischen Führer des Islam gehören zu ihrer Strategie.“

Rooz online berichtet über einen Vortrag, in dem Abbasi die Konfrontation zwischen Iran und Amerika in Analogie zu den Wettrennen amerikanischer Jugendlicher beschreibt, die mit ihren Autos aufeinander zurasen, bis der ausweicht, der am meisten Angst hat. Das „Chicken-Spiel“ nennt Abbasi dies. Sein Vortrag offenbart, wie sicher das Regime sich heute fühlt:

Heute ist die Bush-Regierung schwächer denn je zuvor und kann den Iran nicht angreifen. Überhaupt ist die Wahrscheinlichkeit eines Angriffes auf den Iran immens gesunken, denn es ist eine strategische Frage. Wir brauchen eine Außenpolitik, die unsere innenpolitischen Interessen berücksichtigt. Aber man hat begonnen nebensächliche Spielereien zu betreiben. Beispielsweise die Holocaustgeschichte hat Raum für andere Themen geschaffen. Sie waren dann mit dem Holocaust beschäftigt, der Druck ging dann in die Richtung und der Iran bekam neue Handlungsspielräume. Manchmal diskutiert man auch über den Dialog der Zivilisationen. Alles nebensächliche Probleme.“

Man wirft uns also „den Holocaust“ oder den „Dialog“ hin wie einem Hund ein paar alte Knochen, damit er was zu spielen hat, während hintenrum die strategischen Hauptinteressen weiterverfolgt werden?
Auch interessant dieser Satz:

„[…] Der iranische Bürger muss gegen die New Yorker Influenza geimpft werden. Der iranische Bürger muss lernen, die Modernität zu hassen.

Kompletter Text hier.

Und was, wenn Abbasi Recht hat? Gestern berichtete der Sunday Telegraph, Bush habe ein Dokument unterzeichnet, das geheime CIA-Operationen gegen Iran genehmigt:

President George W Bush has given the CIA approval to launch covert „black“ operations to achieve regime change in Iran, intelligence sources have revealed.

Details have also emerged of a covert scheme to sabotage the Iranian nuclear programme. Iran was sold defective parts on the black market.

Mr Bush has signed an official document endorsing CIA plans for a propaganda and disinformation campaign intended to destabilise, and eventually topple, the theocratic rule of the mullahs.

Der Telegraph schliesst daraus:

Authorisation of the new CIA mission, which will not be allowed to use lethal force, appears to suggest that President Bush has, for the time being, ruled out military action against Iran.

Bruce Riedel, until six months ago the senior CIA official who dealt with Iran, said: „Vice-President [Dick] Cheney helped to lead the side favouring a military strike, but I think they have concluded that a military strike has more downsides than upsides.“

 

Jede Generation ist die erste Generation

Ein sehr gut recherchierter Beitrag im New York Times Magazine über den türkischen Heiratsmarkt in Deutschland. Durch arrangierte Ehen und Importbräute wird jede Generation immer wieder zur ersten Generation, was die Intergration angeht. Caldwell beschreibt, warum die Türken auf arrangierte Ehen setzen, wie sie die deutschen Familien sehen, und was die integrationspolitischen Kosten dieses Heiratsmarktes sind.

Zitiert wird in dem Stück unter anderem der Gastgeber dieses Blogs:

Like Ayaan Hirsi Ali in the Netherlands, Kelek has been accused of “Enlightenment fundamentalism,” a tendency to defend secular values too dogmatically. Last year, a group of 60 “migration researchers” wrote an open letter to the weekly paper Die Zeit attacking Kelek’s writing as “unserious” — an odd criticism to level at a memoirist, even one trained in sociology. Others say she has made Islam too central to her explanation of violence against women.

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Christopher Caldwell

Marriage among Turks has become a cause célèbre partly because of Turks’ resistance to German ways. But Turks’ acceptance of German ways, particularly by this first generation of Turkish-German feminist writers and intellectuals, plays a role too. “I think a lot of Germans are positively embarrassed by how patriotic these women are,” writes Jorg Lau, an admirer of both Kelek and Ates who often writes about Muslim issues for Die Zeit. For the first time, negative verdicts on the Turkish model of relations between the sexes are coming out of the Turkish community itself.

Und hier ist Christopher Caldwells These zum neuen muslimischen Antisemitismus in Europa.

 

Europäer, setzt euch für Haleh Esfandiari ein!

Reuel Marc Gerecht, Iran-Experte des American Enterprise Institute, gibt in der New York Times folgendes zur Verhaftung von Haleh Esfandiari zu bedenken:

It is undoubtedly the Hamilton connection and her marriage with an Iranian-born Jew — a sin under Islamic law for a Muslim woman — that made Mrs. Esfandiari such an irresistible target for a regime fond of taking hostages to intimidate its enemies.

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Reuel Gerecht

Hamilton-Connection: Haleh Esfandiari arbeitet beim Wilson Center, dessen Präsident Lee Hamilton ist – der wiederum mit James Baker den Iraq Study Group Report verfasst hat. Gerecht deutet die Verhaftung von Frau Esfadiari als bewussten Schlag ins Gesicht der Kräfte, die sich für die diplomatische Einbeziehung Irans in die amerikanische Nahostpolitik stark machen.

Gerecht meint, die Mullahs würden bewusst auf Kräfte zielen, die Brücken bauen wollen und auf Diplomatie als Mittel im Nuklearkonflikt setzen. (Ihm selbst kommt das sehr zupaß, weil er seit eh und je als Hardliner gegen die europäische Strategie des „kritischen Dialogs“ argumentiert hat. Gerecht glaubt, die Iraner verstünden nur brutale Gewalt. Ich habe ihn vor kurzem bei einem Hintergrundgespräch im Auswärtigen Amt in Berlin erlebt, wo er deutsche Vertreter des kritischen Dialogs geradezu zur Raserei brachte.)

Ich glaube nicht, dass Gerechts Strategie – letztlich läuft es auf eine Bombardierung hinaus wie bei Podhoretz – vertretbar ist. Was er aus seinem Bild ausschließt, ist folgendes Faktum: Jede Bombe, die die Amerikaner in den letzten Jahren im Nahen Osten geworfen haben, hat Teheran gestärkt. Bushs bleibende Leistung ist es, Iran zur Mittelmacht bombardiert zu haben, indem man seine Feinde zur Rechten und zur Linken eliminierte.
Die amerikanische Strategie des Disengagements in Kombination mit Gewalt ist in Wahrheit ebensowenig eine Antwort auf die iranische Herausforderung wie die europäische Strategie des kritischen Dialogs (der weder kritisch noch ein Dialog ist).

Aber Reuel Gerechts Schlussworten schließe ich mich uneingeschänkt an:

If the Europeans are wise, they’d ensure that no discussion with the Iranians on any subject occurred without highlighting the plight of Mrs. Esfandiari. She indefatigably made European arguments about the need and effectiveness of soft power; they should just as indefatigably defend her.

Neither the Europeans nor the Americans will find any common ground with the clerical regime as long as Mrs. Esfandiari languishes in prison. Until she is freed, it will remain clear that the regime understands nothing other than brute force.

Die Unterstützerseite für Haleh Esfandiari findet sich hier.

Und hier kann man sie in ihren eigenen Worten hören:

 

Amerikanische Muslime: integrierter Mainstream, Verschwörungstheorien am Rande

Amerikanische Muslime sind nach einer neuen Studie des Pew Research Centers
– sehr viel besser in die Gesellschaft integriert als europäische Muslime (sie haben viel mehr nicht-muslimische Freunde, sind ökonomisch und bildungsmässig erfolgreicher und fühlen sich generell besser akzeptiert)
– aufgeschlossener gegenüber der amerikanischen Gesellschaft als die europäischen Muslime gegenüber ihrem Umfeld (bei gleichzeitiger heftiger Kritik an amerikanischer Aussenpolitik); 63 % der amerikanischen Muslime sehen keinen Widerspruch zwischen ihrer Frömmigkeit und dem Leben in der westlichen Moderne
– haben mehrheitlich (62 %) den Eindruck, dass das Leben in den USA für Frauen besser sei als in islamischen Staaten
– sind mehrheitlich (51%) sehr besorgt über islamischen Extremismus
– sagen zu 73 %, sie seien niemals diskriminiert worden, obwohl eine Mehrheit sagt, nach dem 11. September 2001 sei das Leben für sie schwieriger geworden
– sagen zu 75 %, der Irakkrieg sei eine falsche Entscheidung gewesen (während immerhin 35 % den Krieg in Afghanistan für richtig halten).

Doch nun zu den irritierenden Zahlen: 8 % der amerikanischen Muslime halten Selbstmordattenate für oft (1 %) oder manchmal (7 %) gerechtfertigt zur Verteidigung des Islam.
Das heisst zwar, dass eine überwältigende Mehrheit die Attentate ablehnt – aber 8 Prozent sind trotzdem eine verstörend hohe Zahl!
Nur 40 Prozent – und da wird es wirklich haarig – glauben, dass Araber die Attacken des 11. September ausgeführt haben. 28 Prozent sagen, sie glauben es nicht (jeder Vierte!). 32 Prozent wollten sich nicht äußern.

Interessant: Die Einwanderer sind unter den Muslimen die Moderateren, während afroamerikanische Muslime die am meisten desillusionierte Gruppe stellen. (Also machen die Amerikaner mit ihren Einwanderern etwas richtig.)

Am meisten verstört der Befund, dass bei den unter 30jährigen mehr als doppelt so viele Verständnis für Selbstmordanschläge zeigen – nämlich 16 Prozent.
Die Pew-Forscher weisen darauf hin, dass diese Zahlen deutlich moderater ausfallen als in Europa – UK, Frankreich, Spanien – und in der islamischen Welt. Aber das ist ein schwacher Trost, denn diese Zahlen wiederum sind schwindelerregend. (Deutschland hat übrigens interessanter Weise ähnliche Zahlen wie die USA. Vergleichsdaten hier.)