An der Okuma School of Public Management der Waseda University in Tokio ist das Studium vollständig virtuell. „Wenn ich meine Vorlesung halte, sitze ich allein vor einer Kamera und zeichne sie auf“, sagt Koichiro Agata, Dekan der Fakultät. „Die Studenten können sich die Aufnahmen dann beliebig oft ansehen.“
Nicht nur Vorlesungen, auch Seminare und Hausarbeiten gibt es nur noch im Netz. Organisiert ist das ganze in einer Art Forumssoftware. Jeder Student muss sich einloggen, kann dann dort die Vorlesungen abrufen, Kommentare verfassen, vom Professor gestellte Aufgaben lösen und Hausarbeiten einreichen. Die Noten bestimmen sich auch danach, wie aktiv sich die Studenten in dem Forum zeigen.
Agata findet das gut: „Die Studenten können die Inhalte viel besser verstehen, da sie die Ausstrahlung beliebig oft ansehen können.“
Doch habe das natürlich auch Nachteile: „Sie können auch ganz faul sein, ich habe darüber keine direkte Kontrolle.“ Und die Lehrenden müssten einiges zur Motivation tun und „Anlass geben“, dass die Studenten auch ins Forum kommen und sich dort an den Debatten beteiligen.
Vor allem aber führt es zu einem Verhalten, das Studenten in Deutschland dank der Bachelorreform gerade abtrainiert wird: „Sie müssen vollkommen selbständig arbeiten, was sie davon haben, hängt stark von ihnen ab“, sagt Agata und findet das prima. Denn er sieht sich nicht als Lehrer, sondern eher als Hinweisgeber: „Meine Vorlesung ist nur ein Anlass zur weiteren Selbstausbildung.“ Die Universität, findet er, sollte dabei helfen, sich selbst zu bilden. Das Netz stärke dabei die Unabhängigkeit und die Interessen der Studenten, statt sie mit verschulten Systemen zu beschneiden.