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Mit 2 Bodyguards unterwegs nach Hamburg

Sie hatten Angst ich ginge unterwegs verschütt. Links stützte mich meine psychologische Betreuerin des ARD-Buffets und rechts hielt mich der Chef des ARD-Buffets am Nasenring. Alles ging glatt, meine Gebete während des Flugs wurden erhört und wir landeten unter tosendem Beifall meinerseits. Superpilot. Trotz dichtem Nebel fand er die Landepiste. Das muss ihm erst mal einer nachmachen. In Hamburg gesellte sich noch mein Kollege vom ARD Buffet, der famose und tolle Koch Otto Koch hinzu.

Daheim sollte man die Bäume schneiden und ich treibe mich in Hamburg rum? Es musste einen besondern Grund haben und den verrate ich jetzt. Kurzum, es gibt im Buchhandel ein Buch mit DVD, das sich “Küchenkerle”nennt. Schönes Ding und es stehen viele Rezepte, Tricks und Tipps drin, die allesamt aus dem ARD-Buffet stammen. Wir waren in die Hansestadt gekommen, weil wir damit eine Goldenen DVD gewonnen hatten. Ich denke jeder zweite Haushalt hat dieses Werk im Regal stehen. Unglaublich!
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Die Schallplattenfirma Edel-Entertainement hatte uns eingeladen. Ich weiß jetzt nicht, ob diese Leute das Wörtchen “Edel” im Logo haben, weil sie edle Schallplatten oder DVD’s machen, oder weil sie ihre Akteure in edle Restaurants einladen. Jedenfalls, wir waren höchst edel im Restaurant Artisan im Schanzenviertel verklappt. Erst gab es allerdings Bündnerfleisch um ein Holzspießchen gewickelt und dann mit Schokolade überzogen. Mir stand der Angstschweiß auf der Stirn. Ich fürchte ja weder Tod noch Teufel, aber Experimentierküche macht mich fertig. Mamma mia, ich war auf alles gefasst. Die Menükarte kam und lass sich ebenso verdammt experimentell. Was dann aber kam war wirklich ganz wunderbar. Wir waren alle begeistert. Matjestartar mit Curryöl, liest sich ziemlich spacy, war aber total harmonisch und so kunstvoll abgewogen gewürzt, dass es sogar mit dem Sauvignon exzellent harmonierte. Mann, das war ein Ritt durch die Aromen, und ich gebe hier die Adresse wieder.

 

Der erste Feinschmecker

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Mir wird immer bewusster, wie privilegiert ich aufgewachsen bin. Mein Vater war Tierarzt und brachte von den Bauern täglich frische Milch, Holzofenbrot und wunderbare Köstlichkeiten mit, wie Rohmilchbutter, Schnaps, Rauchfleisch und vieles mehr. Er war auch als Veterinär die Aufsichtsperson über das Metzgerhandwerk und so so war Wurst und Fleisch in Hülle und Fülle vorhanden.

Zuhause war es aber alles andere als ländlich. Das Foto zeigt den Feinschmecker Nr. 1. Das war 1959. Vater ein wahnsinniger Hobbykoch und war zu dieser Zeit bereits öfters bei Bocuse. Bei Haeberlin hatte er gegessen und sogar einen Gänseleberkochkurs bei Pierre Gaertner in Ammerschwir erfolgreich hinter sich gebracht. Ständig war er am erzählen und prägte mich so auf’s Heftigste. Klar, dass er den Feinschmecker vom ersten Tag an abonniert hatte. Es ist interessant, das Grußwort der ersten Ausgabe zu lesen:  
 
Geleitwort
Mit diesem Heft erscheint die vierteljährliche Zeitschrift « Der Feinschmecker», Zeitschrift für Kochkunst und Fremdenverkehr» zum ersten Mal in deutscher Sprache.

Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne dem Unternehmen meine besten Wünsche zu gutem Erfolg auszusprechen. Die deutsch-französische Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren auf all den vielfältigen Gebieten des modernen Lebens eng, ja freundschaftlich gestaltet. Warum sollte Austausch nicht auch in einem Bereich möglich sein, der den Ruhmestitel der französischen Zivilisation und ihrer Gesellschaftskultur bildet, und in dem unsere westlichen Nachbarn vielleicht auch von uns einiges lernen können?

Essen und Trinken gehören zu den Urvorgängen des menschlichen Lebens. Wie sehr sie verfeinert und vergeistigt werden können, das gerade kann uns Frankreich lehren.
Begegnungen der Völker am gedeckten Tisch sind vielleicht nicht weniger wichtig als Treffen am grünen Tisch der Diplomatie.

Ich begrüsse daher die Initiative der Herausgeber und wünsche ihr glückliches Gelingen.

Gesandter Dr. JANSEN
Geschäftsträger der Bundesrepublik Deutschland in Paris.
DER FEINSCHMECKER» – HEFT 1 – 1959

 

 

Schlankheitswahn(sinn)

Vor zwanzig Jahren wog ich bereits hundert Kilo und so trage ich heute immer noch Hosen und Jackets wie aus dem Museum. Sie passen noch. In den letzten 5 Jahren haben sich aber weitere 8 Kilo dazu gesellt. Ich muss sagen, diese spüre ich in den Beinen und werde sie mir über’s Jahr vom Halse schaffen. Wer als dick gilt hat heutzutage ein gewisses Stigma. Schlank sieht einfach besser aus. Aber kommt es nicht letztlich auf die Gesundheit an und auch darauf, dass jeder Körper einen bestimmten Knochenbau und Konstitution hat? Jeder hat sein ureigenstes Gewicht, das nur bei den Wenigsten völlig aus dem Ruder läuft.

Die Gesundheitsdaten von 2 Mill. US Bürgern wurden nun ausgewertet: Das hatte zum Ergebnis, dass leichtes Übergewicht die Sterblichkeitsrate senkt. Sie sind gesünder und haben weniger Herz- und Kreislaufleiden als die Normalgewichtigen.

Radikales Abnehmen ist dagegen regelrecht lebensgefährlich, so der dänische Epidemiologe Thorkild Sørensen. Eine Schweizer Studie an 1676 Herzpatienten im Sommer 2007 bestätigt die verblüffenden Nachrichten aus USA. Herzpatienten mit normalem Körpergewicht weisen in den ersten drei Jahren nach der Herzbehandlung eine doppelt so hohe Sterblichkeit wie Fettleibige auf.

Nicht die Männer sind an dem Schlankheitswahnsinn schuld, sondern die Schlankheitsindustrie, die mit extremer Werbung und Volksverdummung milliardenschwere Gewinne macht. Die Ärzteschaft war schon immer opportunistisch, man denke nur an das dritte Reich. Männer wollen Kurven, Busen und Arsch, und das geht mit Magersucht nicht zusammen. Kurzum, je dicker ein Mensch, umso höher die Lebenserwartung. freilich es gibt auch Ausnahmen, übrigens auch bei Ärzten.

 

Speisewagen

Fast jeden Tag bekomme ich Zuschriften zum Speisewagen der Deutschen Bahn. Dort sieht man mich mit anderen Kollegen vom ARD-Buffet auf der Speisekarte abgebildet und es gibt von uns verschiedene Gerichte, die eine Cateringfirma in Tausender-Auflage herstellt.

Das hat mit meiner kleinteiligen, feinen Restaurantkocherei natürlich nichts zu tun. Es geht dabei auch gar nicht um mich, sondern um Werbung fürs ARD-Buffet. Ich habe mich lange dagegen gesträubt, aber man muss auch solidarisch sein.

Jedenfalls, eines ist mir wichtig: Für diese ganze Aktion bekomme ich und meine Kollegen keinen Cent. Ich bin einigermaßen stolz darauf, dass ich mich als PR-Typ nicht verwursten lasse. Ich mache keine Werbung und wenn, dann umsonst, entweder aus Sympathie zu jemandem, oder um einem guten Produkt auf die Sprünge zu helfen.

 

Mutig gegen Gen-Manipulation

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Heute möchte ich mal auf einen ganz besonderen Mann aufmerksam machen. Percy Schmeiser. Seine Frau muss man im gleichen Atemzug auch nennen. Wirklich tapfere Leute. Der Monsanto-Konzern, Spezialist für Gen-Manipulation, ist eine absolut gnadenlose Firma. Ich habe das an dieser Stelle vor einem Jahr schon mal erwähnt. Man hört nicht viel davon. Es ist aber immer so, wenn große wirtschaftliche Interessen vorherrschen, dann erfährt man aus der Presse wenig. Die Konzerne beherrschen die Medien, das ist allgemein bekannt und was gedruckt wird, das entscheidet heute oft nicht mehr der Chefredakteur, sondern der Anzeigenleiter.

Der Alternative Nobelpreis geht in diesem Jahr unter anderem an Percy und Louise Schmeiser. Das freut mich wirklich sehr, denn die Familie Schmeiser stand nach der Klage durch die Firma Monsanto und die darauf folgenden jahrelangen Prozesse mit erheblichen Gerichtskosten am Rande des finanziellen Ruins.

Detektive der Firma hatten auf den Feldern der Schmeisers gentechnisch veränderte, patentierte Rapspflanzen gefunden. Monsanto forderte darauf hin die Erstattung von 400.000 kanadischen Dollar Lizenzgebühren und Schadensersatz. Offenbar waren die Rapspflanzen der Schmeisers von benachbarten Feldern bestäubt worden. In letzter Instanz wurden zwar die Patentrechte der Firma Monsanto bestätigt, jedoch mussten die Schmeisers keine Lizenz- oder Schadensersatzzahlungen an Monsanto leisten. Inzwischen fordern die Schmeisers vor Gericht, dass die von Monsanto patentierten Pflanzen auf ihren Feldern als Verunreinigungen anerkannt werden und das Unternehmen zur Beseitigung verpflichtet wird.

Der Alternative Nobelpreis ist mit ca. 200.000 € dotiert und wird jährlich an vier Preisträger verliehen. In der Laudatio heißt es: Percy und Louise Schmeiser erhalten den Preis für “ihren Mut, die Artenvielfalt und die Rechte der Farmer zu verteidigen und die ökologische und moralische Perversität der heute üblichen Auslegung des Patentrechts anzuprangern“.
 

 

Kulinaristik, Kunst und Kilos

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Ein schöner Sonntagabend, war in Bad Mergentheim eingeladen. Hotel Victoria, das Otto und Evelyn Geisel betreiben. Ein toller Laden und der Küchenchef Retzbach ist einer der ganz wenigen, welche die klassisch-regionale Küche professionell richtig gut beherrschen. Der Abend war die private Einladung vor der Preisverleihung in Stuttgart (Akademie für Kulinaristik). Der Preis ist nach Eckart Witzigmann benannt, der an diesem Abend auch zugegen war und den ich sehr bewundere.

Ganz besonders habe ich mich über die Gespräche mit Daniel Spoerri gefreut. Eat-Art-Künstler nennt man in, aber er ist mehr. Unvergessen, dass ich seine Werke im Museum of Modern Art in New York sah und im Jeu de Paume in Paris. Ein Wahnsinns-Typ, der erst kürzlich 16 Kilo abgenommen hat und bald seinen 78. Geburtstag feiert. Wie er abgenommen hat, das hat er mir verraten, mal sehen ob ich es auch (wenigstens ein bisschen) schaffe.

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Daniel Spoerri, „Kitchenware“ (1964)

© Joel Saget/AFP/Getty Images

 

Häuptling Nr. 33 ist erschienen

Häuptling Nr. 33 kümmert sich um die Familie.

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Du meine Güte: 
Was sind Verwandte? Ungehörige Angehörige? Ist die Familie ausschließlich Kriegsschauplatz oder auch Hort des Glücks?

Dieses Heft gibt Antwort: Fanny Müller richtet Kartoffel- und Familiensalat an, auch Boni Koller und Wiglaf Droste schauen verwundert auf gut überlebte Familienfeiern zurück. Die phänomenale Kathy Lette hat Probleme mit ihrem Vater, Vincent Klink ging das nicht anders, und neben den Vätern walten die Mütter nicht minder folgenschwer. Sibylle Bergs Beitrag ist nichts für Suizid-Gefährdete und wird durch einige stabilisierende Rezepte abgefangen. F.W. Bernstein erledigt die “Neue deutsche Bratwurst“ des FAZ-Küchenbullen Jürgen Dollase, Oliver Schmitt verschleudert Präsente, und über allem schwebt die Frage, ob es nicht an Freiheitsberaub-ung grenzt, dass man sich seine Verwandten nicht aussuchen kann.

Gleich bestellen? 120 Seiten, keine Werbung, Zeichnungen vom Weltmeister Hans Traxler: 14.90 (2,00 € Porto)
redaktion@haeuptling-eigener-herd.de

 

Arschbombe

Trete ich doch letzten Freitag vor die Türe, immer noch das Sandmännchen in den Augen und schon hatte mich die Brutalität der Welt. Es war eine regelrechte Arschbombe. Auf dem Glatteis vor der Türe drehte ich eine Pirouette und dann “schlug’s es mich auf’d Welt na”, dass es nur so krachte. Beckenknochen verstaucht.

Als ich so da hockte und meine Knochen zählte kam mir Kurt Tucholsky in den Sinn: “Der Deutsche, wenn er hinfällt, steht nicht auf, er bleibt sitzen und überlegt wer Schadenersatzpflichtig ist!”

Nicht ich! Zu diesen Leuten will ich nicht gehören. Also rappelte ich mich schleunigst auf und humpelte in die Küche. Nun, ein paar Tage später knarzt es zwar noch nach dem Aufstehen, aber das ist eigentlich schon eine ganze Weile so.

 

Wilde Hasen

Bei uns ist gerade Wild-Hasenzeit. Eigentlich hatte ich befürchtet, dass sich immer wieder mal ein Gast beklagen würde, weil er auf ein Schrotkorn beißt. Auch sind kleine Knöchelchen mal im Ragout. Klar, wir passen beim Entbeinen, gerade der filigranen Schultern, sehr gut auf. Es lässt sich aber trotzdem nicht verhindern: Immer wieder mal stört etwas beim Kauen. So ist halt die Natur und schließlich verkochen wir keine überfahrenen Hasen. In USA hätte man als Koch beim Biss auf ein Schrotkorn sicher einen Millionen-Schadensersatz incl. Psychiatrische Kuren an der Backe.

So ist also Deutschland doch noch nicht so degeneriert, dass man Hasen vor dem Kochen röntgen müsste.

 

Feine Küche 1839

Man liest sehr viel über die regionale Küche. Schaue ich mich in meinen Büchern um, die hundert Jahre vor der sogenannten Globalisierung geschrieben wurden, so waren die deutschen Regionalküchen alles andere als langweilig.

Heute denken wir über unsere Küche genauso begrenzt wie das Ausland: Sauerkraut, Schweinshaxen, Spätzle, deftig, deftig… wieder Kraut u.s.w.. Schaut man sich das Berliner Kochbuch von 1839 an, so findet man dort ein Fricassee von Tauben, Hecht mit Sardellen, Rouletten mit Farce gefüllt, oder grüne Birnen mit Schwemmklößen. Ich könnte jetzt noch eine Stunde lang Beispiele über die “karge preußische Küche” anführen, ganz zu schweigen von der Küche Süddeutschlands, die schon immer, bis zurück zu den Römern, von den Einflüssen Italiens und Frankreichs profitierte.

Was ich damit sagen will? Wir sollten uns vorsehen, die Regionalität genauso eng und doof zu sehen, wie sie im “1000 jährigen Reich” zum Eintopf zusammen gestampft wurde.