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Schnell und einfach

Seit geraumer Zeit schaue ich mir neuartige Konzept-Restaurants an. Das Markt-Segment, das mich hierbei am meisten interessiert heißt „Fast Casual“.
Auf den ersten Blick gehören Restaurants dieser Kategorie in die Schublade „Systemgastronomie / Unterabteilung Fast Food“. Dort drinnen verschwindet schnell, was nicht von gut ausgebildeten Köchen und Restaurateuren, die natürlich Produkte aus der Region verarbeiten, betrieben wird. Und auf diese Schublade schaut dann meinereiner von schräg oben mit leicht gerümpfter Nase.
Erfahrene Gourmets haben nämlich feste Vorstellungen davon, was in der Küche richtig und was falsch ist. Es können bestenfalls Nuancen diskutiert werden, so vielleicht um die beste Apfelsorte (eine alte selbstverständlich!), zur Tarte Tatin zu finden. Falls möglich sollte diese Apfelsorte seit mindestens dem 19. Jhdt. in der Sologne nachweisbar sein, das würde sehr gut zur Geschichte der Tarte Tatin passen.
Doch manchmal beschleicht mich ein gewisser Selbstzweifel. Manchmal glaube ich, dass der kleine Bruchteil unserer Bevölkerung, der sich tatsächlich für Kochkunst interessiert, nur das letzte gallische Dorf auf einem Kontinent ist, dessen Bevölkerung bei der Nahrungsaufnahme ganz andere Interessen als die Sorte der Äpfel hat. Trotz der vielen Koch-Shows im Fernsehen und trotz der gesellschaftlichen Akzeptanz für Genuß sehe ich, dass die Zeit zum Kochen und zum Genießen ständig knapper wird.
Junge, urbane Menschen essen zunehmend fleischloser, diese Entwicklung ist nicht zu übersehen.

Während bei Empfängen und Buffets noch vor 20 Jahren die Gänseleber und der Hirschrücken keinesfalls fehlen durften, schießen heute Fast Casual – Konzepte wie Dean & David gleich Pilzen aus dem Boden, deren Speisenangebot ausschliesslich aus grünem Salat in Variationen besteht. Vapiano trifft den Nerv der Zeit und eilt von Umsatzrekord zu Umsatzrekord.
Der Alltag in den Haushalten lässt es auch in weitesten Teilen der Bevölkerung ganz einfach nicht mehr zu, dass dort noch so gekocht wird wie vor 30 oder vor 100 Jahren. Menschen ernähren sich im Jahre 2012 anders und sie kochen anders als das 1962 der Fall war.
Gleichzeitig ändern sich die Strukturen in der gastronomischen Landschaft. Während Systeme und Konzepte sich erfolgreich vervielfältigen lassen (was ja Sinn der Sache ist), gehen immer mehr kleine, familiengeführte Gasthäuser kaputt. Es lässt sich hier sicher über Ursache und Wirkung diskutieren. Und jeder einzelne Fall liegt anders. Die Tatsache jedoch ist durch Zahlen, Daten, Fakten belegbar. Neue Essgewohnheiten erfordern neue Restaurants!
Vielleicht könnte es sein, dass neuartige Bewirtungsformen regelrecht darwinistisch entstehen? Angepasst an veränderte Lebensumstände? Hängt nicht wirklich ein Großteil dessen, was wir unter klassischer, traditioneller Gastronomie verstehen, noch fest verwurzelt an Zeiten und Umständen, die lange vorbei sind?

Gut konzipierte Fast Casual – Restaurants arbeiten mit System, sie nutzen neueste Technologien wie RFID, sie arbeiten effizient und bieten dem Gast schnell und unkompliziert mit gutem Preis-/Genussverhältnis gesunde Speisen. Die Zutaten können gerne aus der Region kommen und die Speisen werden vor den Augen der Gäste zubereitet. Das System ist vereinheitlicht, Prozesse sind standardisiert, die Qualität der Speisen ist weitgehend gleich und erfüllt die Erwartungen. Die Interessen des Gastes stehen im Mittelpunkt und es wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Branche immer weniger gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Die Speisen können mithilfe ausgeklügelter Rezepturen unter hygienischen Bedingungen nach zertifizierten Standards in aller Ruhe vorgefertigt werden, falls notwendig tiefgekühlt oder vakuumiert oder ggf. auch tiefgekühlt und vakuumiert in die Restaurants transportiert werden.
Die Standardisierung erlaubt einfache und mißverständnisfreie Zubereitung vor Ort. Auf diesem Weg könnten sogar Gerichte ihren Weg zurück auf den Tisch finden, die aufgrund aufwendiger und zeitintensiver Vorbereitung schon aus dem Angebot verschwunden sind.

Anspruchsvolle Top-Gastronomie wird so nicht machbar sein. Doch für die einfache Mahlzeit zwischendurch wird wohl Fast Casual ein wesentlicher Bestandteil des Angebots werden.

 

Sous-Vide

Kalbsbäckle, Sous-Vide gegart und mit Aromaten gebraten

Garung unter Luftabschluss (frz. sous vide), in einem Wasserbad, hat nun endgültig den Weg aus der Profiküche in die Haushalte angetreten. Die Methode als solche ist keine völlig neue Erfindung. Schon lange wird in Restaurants damit experimentiert. Die Gebrüder Troisgros waren wohl die ersten, die Gänseleber schonend im Vakuumbeutel erhitzt haben, das war Anfang der 70er Jahre und die Ergebnisse waren hervorragend gut. Über Frankreich und Spanien gelangte dieses Verfahren in unsere Lande und natürlich, wie kann es anders sein, wurde und wird Sous-Vide-Garung von unverständigen Menschen als Kokolores belächelt, den man früher schließlich auch nicht gebraucht hat. Eine solche Haltung ist nicht sehr durchdacht. Lässt sie doch die unübersehbaren Vorteile außer Acht:

  • Es ist eine gradgenaue Garung möglich. Die exakte Einhaltung von Gartemperaturen ist essentiell für optimale Produktqualität.
  • Es ist möglich, einen völlig gleichmäßigen, exakten Garverlauf durch das gesamte Produkt hindurch zu erzielen. So wird erreicht, dass an jeder Stelle des Gargutes der Gargradient gleichmäßig verläuft. Damit ist sichergestellt, dass Textur, Aromatik und Struktur des Gargutes homogen sind, ohne Zwischenzustände.
  • Der gesamte Garvorgang geht wesentlich schonender vonstatten, als das in Topf oder Pfanne möglich wäre. Dadurch bleibt Fisch oder Fleisch grundsätzlich saftiger, es wird zarter und wohlschmeckender, Garverluste werden auf Bruchteile minimiert.

Neben den aufgezählten Punkten gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Vorteile, mit denen sich Bücher vollschreiben ließen. Nicht jedes Gericht muss nun vorher in ein Beutelchen geschweißt werden und wie an anderer Stelle oft genug betont soll sich niemand genötigt fühlen, jetzt jeden Brocken Fleisch nur noch im Wasserbad zu thermalisieren. Doch gibt es heute für jeden, der sich damit beschäftigen möchte ausreichend Gerätschaft und auch Literatur, um Garprozesse zu optimieren. Sous-Vide-Garung gehört in den Werkzeug-Kasten einer modernen, aufgeklärten Küche, in der sich der Koch mit seinen Produkten beschäftigt und auseinandersetzt. Natürlich erfordert das die Bereitschaft zu lernen und zu verstehen.
Zu meiner Lehrzeit, die war Mitte der achtziger Jahre, hat kein Mensch hinterfragt, warum Dinge so sind, wie sie sind. 3 Eigelb, ein ausgelassenes Päckchen Butter und eine kleine Schöpfkelle Weißwein-Reduktion haben bei Befolgung der vorgeschriebenen Vorgehensweise eine Sauce Hollandaise ergeben. Meistens jedenfalls, wenn sie nicht dem unerfahrenen Lehrling geronnen ist. Wir wussten uns aber auch tatsächlich dann zu helfen, wenn das wirklich mal daneben gegangen ist. Es wird mit einem Eigelb in einem Wasserbad nochmal ganz langsam und vorsichtig von vorne begonnen, dann wird die geronnene Sauce Hollandaise zugegeben und alles wird wieder gut. Aber keiner von uns hat je verstanden, auch nicht danach gefragt, warum das eigentlich so ist.
Ich habe in einer Zeit gelernt, in der in der Küche Regeln zu befolgen waren, deren Sinn ich nicht unbedingt verstehen musste.

Heute stehen wir an der Schwelle zu einer Küche 2.0. Wir sind eingeladen zu verstehen, was passiert. Wir können heute dank verbesserter Methoden Fleisch so braten, dass uns vor 20 Jahren unsere Gäste für solche Qualitäten auf den Schultern durchs Lokal getragen hätten. Natürlich gab es auch vor 20 Jahren korrekt gebratene Steaks, das soll nicht in Abrede gestellt werden. Aber heute ermöglichen uns neuartige Geräte, verfügbares Wissen und moderne Methoden in großer Regelmäßigkeit und reproduzierbar perfekte Ergebnisse zu erzielen. Wir dürfen neugierig sein, Vorgänge erforschen und – wenn wir sie verstanden haben – eingreifen und verändern, Altes verbessern oder gar Neues erschaffen. Dafür bin ich sehr dankbar und möchte dazu ermuntern, diese Gelegenheiten auch in den Privatküchen zu nutzen.

In einer Zeit die von Lebensmittelskandalen geprägt ist, in der Verbraucher verunsichert sind und jeder nach einem guten Weg für Ernährung und Genuss sucht, ist die Versuchung recht groß, sich auf alte Zeiten zu besinnen. Sich rückwärts gewandt zu versichern, dass es solche Probleme früher einfach nicht gab und es deshalb besser ist, die Dinge so zu belassen wie sie schon immer waren. Das ist aber falsch. Kein Mensch kann bestimmt sagen, dass Lebensmittel vor 50 Jahren sicherer waren als heute. Und niemand soll behaupten, dass früher sowieso alles besser war. Als SlowFood-Fördermitglied möchte ich selbstverständlich gute Produkte bewahren und unterstützen. Aber das darf nicht dazu führen, dass ich mich Neuem verschließe.
Traditionen zu leben heißt für mich auch in der Küche, die Flamme weiterzugeben, anstatt die Asche zu bewahren.

Buchtipp: Sous-Vide Grundkochbuch von Evert Kornmayer

 

Gute Bäcker – selten wie ein Lottogewinn

Amuse Gueule, Amuse Bouche, Gruß aus der Küche etc. – es gibt viele Bezeichnungen für den Auftakt eines Esserlebnisses.

Was wir auf diesem Bild sehen, ist unsere Quiche. Zwei Jahre alter Bergkäse und alter Gruyère sind darin vermengt. Was wir hier aber sehen, das ist nicht das Amuse Gueule, sondern die ideale Soforthilfe, wenn man von draußen aus der Kälte kommt. Es gibt meist ein Glas Champagner, und dass man keinen sauren Magen bekommt, dafür ist dies Küchlein zuständig.

Mancher Restauranttester beklagte sich schon, dass wir seit Jahren diese Quiche servieren („Immer das gleiche Amuse Gueule.“). Sei es drum, erst nach diesem Küchlein kommt das Amuse Gueule, frische bretonische Butter und zweierlei getoastete Brotsorten.

Restaurants werden übrigens auch an der Vielfalt der Brotsorten gemessen. Unzählige Male stand ich vor der Qual der Wahl, es gab Unmengen unterschiedlicher Wecklein, und letztlich waren alle irgendwie nicht richtig gut. Das Brot in Deutschland, ganz pauschal gesagt, ist ein Trauerspiel, gute Bäcker so selten wie ein Lottogewinn.

 

Wohin mit den Resten?

Wieder mal zuviel eingekauft, zuviel gekocht, der Ranzen spannt und der Gulaschtopf ist immer noch halb voll? Der war sowieso bereits zum zweiten mal aufgekocht. Er soll ja dann immer besser werden. Stimmt manchmal, aber nur, wenn der Kühlschranktrödel wirklich gut erhitzt und durch und durch gekocht wurde. Ich kenne Nachbarn, die nach lauwarmem Recycling dubioser Kühlschrankfunde mit Haarausfall in der Klink landeten. Das muss nicht sein.

Alle Gerichte, die bis ins Innerste auf annähernd 100 Grad erhitzt wurden, also Gulasch, Ragouts, Bratenscheiben in Sauce, alle Arten von Suppe, Gemüse, Knödel undsoweiter können, kochend heiß in ein Einweckglas gefüllt, lange aufbewahrt werden. Was man nicht aufgegessen hat kommt also nicht mehr mitsamt dem Topf in den Kühlschrank zur Endlagerung. Eigentlich sollte im Kühlschrank sowieso alles in dicht verschließbaren Gefäßen geparkt werden.

Einweckgläser gibt es in vielen Größen. Viele Gerichte wie z.B. Sauce Bolognese werde erst richtig gut, wenn man größere Mengen kocht. Kein Problem. Für Großfamilien gibt es große Einweckgläser. Für den kleinen Haushalt portionieren wir in saubere Marmeladegläser.

Was man beachten muss ist Folgendes: Die Produkte, die man ins Glas füllt, müssen wirklich durch und durch erhitzt sein, rosa gebratenes Fleisch geht also nicht. Ein Rehragout oder eingemachtes Kalbfleisch, und das praktiziere ich selbst in meiner Profiküche, ist ohne weiteres zwei Monate haltbar. Den erstickten Einweckgeschmack, der von der langen Einkochzeit verursacht würde, den gibt es nicht. So ist unser Gulasch beispielsweise hurtig erwärmt, wenn man spät abends noch etwas schnelles anbieten will. Drei Esslöffel Wasser in den Topf und den Inhalt des Einweckglases obendrauf, aufkochen und fertig. Das Gericht kommt auf den Tisch, als sei es im Moment gekocht. So habe ich immer für lange Zechabende, für spät in der Nacht, ein Lammragout als Vademecum der Ausnüchterung im Kühlschrank.

Diese eingeweckten Gerichte sind übrigens keine Konserven, sondern Präserven, also Halbkonserven, sie müssen aber grundsätzlich sehr kühl gelagert werden.

 

Jetzt ist es raus…

…ich hab eine Currywurstbude in München eröffnet. Ich habe mich einfach nicht damit abfinden können, dass die Bayern keine Currywurst mögen. Zumindest wurde mir das immerzu eingeredet. Wahrscheinlich aus Angst, dass die Weißwurst Konkurrenz bekommen könnte. Keine Angst liebe Bayern, Weißwurst isst man traditionell nur bis 11 Uhr früh (das weiß sogar ein Zugereister wie ich) und Currywurst erst ab 11.30 Uhr, dafür aber bis früh um 5 Uhr ! Also keine Gefahr für die Weißwurst, die ich übrigens auch sehr gerne esse.

Vor allem, wenn sie hausgemacht, mit besten Zutaten, mit Liebe und exklusiv für Freunde zubereitet ist. 

Nun geht es aber nicht um die Weißwust.

Ehrlich gesagt habe ich mir die Bude als Luxus geleistet. Andere kaufen sich eben einen Sportwagen, ich ne Currywurstbude. 

Allen negativen Prognosen zum trotz, die Bude wird phantastisch angenommen und wir bekommen Lob von allen Seiten.

Es muss halt nicht immer Hummer sein !

Mehr unter: www.curry73.de

Das alte Pförtnerhäuschen hat eine neue Seele bekommen. Dreh- und Angelkreuz ist es dennoch. Gegessen wird draußen, unter freiem Himmel oder unter dem gewärmten Vordach. Alles warm beleuchtet.

Ich habe den Anspruch, Qualitäts-Marktführer in diesem Bereich zu sein. Doch „Qualität“, wie ich sie verstehe bedeutet nicht, dass es genügt, besser als andere zu sein. Es bedeutet vielmehr, dass ich versuche, meinem eigenen Anspruch an Qualität gerecht zu werden. Dieser, mein Anspruch nährt sich täglich neu.
Ihr

Holger Stromberg


 

Jederzeit Michelin

Glück auf !

Ich werde mich sicher in Zukunft noch öfter zum Thema „Gastro-Guides“ äußern, jetzt allerdings erstmal nicht tiefgründig und kontrovers, sondern mit überschwänglichem Lob aus der Sicht eines iPhone-Users. 

Es gibt endlich ein Tool das wirklich gut ist und immer griffbereit in der Tasche sitzt um sich schnell ein Lokal in der jeweiligen Umgebung zu suchen.

Glückwunsch Michelin !

Dies ist keine Werbung, nur ein Tip !

 

Metzgede Besuch

hatte gestern Besuch eines ganz in der Nähe wohnenden Bloggers, der sich mit seinen Freunden die Metzgede schmecken ließ. Hat mich wirklich gefreut, und in dem kleinen Gespräch am Tisch habe ich versprochen, immer noch aktiver mit meinen Beiträgen zu sein. Vincent und ich bekommen auch in Bälde Verstärkung, dann sind wir zu dritt oder viert, und dann wirds immer interressannter!

 

Region und Genfood

Deutschland ist schon das Land der Blockwarte. Immer wieder bekomme ich Zuschriften, weil ich mich für meine Region stark mache. Klar, warum nicht. Trotzdem, mein Lieblingswein ist nicht der Trollinger, sondern der Barolo und Rindfleisch aus dem Piemont mag ich auch sehr.

Tja, Viele lieben einfach die Schubladen, alles muss brav sortiert sein. Mit genmanipulierten Lebensmitteln ist so mancher Griffelspitzer auch auf dem Kriegspfad. Bislang findet man diese Ware kaum in den Läden, ob sich allerdings Spuren davon selbst in Bioware finden? Ich weiß es nicht. Wichtig ist, dass man nicht aufgibt, sondern nach besten Kräften sich dagegen stemmt. Nur solcher Druck der Verbraucher bewirkte, dass McDonalds pingelig auf einwandfreie Ware achtet.

www.mein-nein.de

 

Was soll man kochen?

Einer der großen Küchenweltmeister in Frankreich heißt Marc Veyrat. Ich war zwei mal bei ihm und muss sagen, der Mann kann kochen. Es steht mir auch gar nicht zu einen Kollegen zu beurteilen. Marc Veyrat ist ein sehr ländlicher Typ, kommt von den Bergalmen und hat sich um seinen Betrieb am Lac d’Annecy eine gutes Netzwerk an artisanalen Zulieferern geschaffen. Supermetzger, Käselieferanten Kräuterhexen etc.

Nun ist er auf die Cyber-Kochplatte des Ferran Adria aufgesprungen. Nichts dagegen, denn diese Küche ist zweifellos interessant, auch wenn ich sie nicht essen möchte. Marc Veyrat sagt sehr glaubhaft, dass seine Lieblingsgerichte Kalbshaxe, Blutwurst und Gemüse seien. Da frage ich mich, warum er dann mit Stickstoff und Molekühlspaltung hantiert.

Ich glaube fest daran, dass man als Koch auf Dauer, also über einen Modezyklus hinaus, nur gut kochen kann, wenn man seine Ergebnisse der Küche am liebsten selber essen würde. In meiner Küche darf nicht gekocht werden, was dem jeweiligen Koch nicht schmeckt. Wie auch, wie will er das Essen denn beurteilen, wenn er beispielsweise eine Kalbskuttel igitt findet.

Kurzum, man kocht nicht für die Gäste sondern für sich selbst. Hat man das mal verinnerlicht, dann kann man großzügig an seine Gäste abgeben. Es ist deshalb für einen Berufskoch grottenfalsch, dit un dat zu kochen, nur weil es gerade im Trend und in Mode ist. Was soll man dann kochen wenn die Mode vorbei ist? Man könnte noch lange darüber diskutieren, oh ja.

Übrigens, wenn uns in der Wielandshöhe mal ein Gericht daneben geht, dann stürze ich in den Gastraum und sage den Betreffenden: „Entschuldigung, Ihr Essen war zu gut, wir haben es selbst gegessen. Sie müssen nun wieder fünf Minuten warten, dazu spendieren wir Ihnen ein Zwischengericht.“ Der Spruch kommt immer gut an, die Leute merken, wir sind heiß drauf, und das schafft Vertrauen.

 

Schwarze Nüsse

…die schmecken einfach super gut! Aber, wie so oft, ist es ein langer Weg zum Genuss.
Die schwarzen Nüsse werden als güne Nüsse im Juni vom Baum geschnitten. Der ganze Fruchtkörper muss, da die grünen Nüsse ja eingentlich am Baum bleiben sollen, aufwändigst geerntet, d.h. abgeschnitten werden. Aber nur dann, wenn der Früchtkörper im inneren die spätere Schale noch nicht ausgebildet hat. Beim Erntezeitpunkt im Juni kommt es darauf an, ob der Nussbaum ein früh- oder spätreifender ist.

Und noch aufwändiger ist die Verwandlung der grünen Nüsse in schwarze Nüsse. Die bekannteste Verarbeitung ist folgende:
Die gewaschenen Nüsse werden mit einer Stricknadel „gestupft“ – ca. 10 Löcher pro Nuss – und ca. 10 Tage in Wasser gelegt, dass täglich gewechselt wird, damit die Gerbsäure ausgelaugt wird. Danach werden sie in Leuterzucker (1:1 Zucker und Wasser) aufgekocht. Diese Prozedur wird wiederum 6-7 Tage wiederholt, den kalten Fond ohne Nüsse aufkochen und heiß über die Nüsse geben. Nach einigen Wochen, Kenner sagen, erst nach mehreren Jahren haben sie den perfekten Geschmack ausgebildet.

Ich kam über einen Schnapsbrenner, der Walnusslikör herstellt, zu meinen schwarzen Nüssen. Er fragte mich ob ich den Likör probieren will, und ich fragte sofort, was er mit den Nüssen macht die da in Sechstel geschnitten im Fass drin schwimmen. Er sagte wegschmeißen. Ich nahm sofort eine Probe mit nach Hause, kochte die sehr stark mit Apfelbrand alkoholisierten Nüsse in Leuterzucker auf, der Alkohol war weg, der Geschmack wunderbar, doch die Nüsse noch zu hart. Also wieder gekocht, einige Wochen im Einmachglas ziehen gelassen und siehe da, perfekt!

Serviert werden die Nüsse als Beilage zu einem Sommersalat mit Frischkäse und Walnussöl.

Und wer es ausprobieren möchte, noch ist es nicht zu spät…einen Nussbaum suchen, mit einer Stricknadel prüfen ob der Fruchtkörper noch weich ist und loslegen. Achtung: ohne Handschuhe werden auch die Finger von der Gerbsäure schön schwarz und es geht fast nicht weg!
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