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Oh je! Jetzt machen Köche auch noch Wurst…

…das war der – nicht gerade aufmunternde – Kommentar unseres Metzgers, als ich ihn fragte, ob er unser Wildschweinbratwurst-Brät in seiner Abfüllmaschine zu kleinen Würstle formen könnte.

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Nach einigen Probeproduktionen, denke ich, haben wir es ganz gut hingekriegt. Vor allem die Gewürze. Kein Fertig-Thüringer-Rostbratwurst-Gewürz, ich mische selbst:

Salz, Pfeffer, Majoran, Muskatblüte, Zitronenschalenabrieb und Knoblauch.

Das Brät besteht aus Wildschweinfleisch, Bauchspeck und weißem Fett vom Hausschwein, ohne das die Wildwürstle viel zu trocken wären. Als Beilage zum Spargel, oder einfach in einem Weckle mit Senf.

 

Wilde Hasen

Bei uns ist gerade Wild-Hasenzeit. Eigentlich hatte ich befürchtet, dass sich immer wieder mal ein Gast beklagen würde, weil er auf ein Schrotkorn beißt. Auch sind kleine Knöchelchen mal im Ragout. Klar, wir passen beim Entbeinen, gerade der filigranen Schultern, sehr gut auf. Es lässt sich aber trotzdem nicht verhindern: Immer wieder mal stört etwas beim Kauen. So ist halt die Natur und schließlich verkochen wir keine überfahrenen Hasen. In USA hätte man als Koch beim Biss auf ein Schrotkorn sicher einen Millionen-Schadensersatz incl. Psychiatrische Kuren an der Backe.

So ist also Deutschland doch noch nicht so degeneriert, dass man Hasen vor dem Kochen röntgen müsste.

 

Schnepfen Crépinette

das Wort kommt von Crépine, franz. Schweinenetz, und bedeutet, dass Fleischstücke mit Farce oder einem Brät bestrichen, darin eingewickelt werden.
Ganz etwas Besonderes ist ein Crêpinette von der Schnepfe!
Die ausgelösten Brüste werden mit Geflügelfarce, in der die Innereien (Schnepfendreck) eingekuttert sind, bestrichen, aufeinandergelegt, und ins Schweinenetz gerollt. Auf Kerntemperatur  58°C geschoben, dann kurz ruhen lassen und noch mal 3 Min. heiß schieben, dann ist alles schön rosa.
Zur Schnepfe „Klassisch“ diese Woche mehr.
Schweinenetz ist ein feines, netzartiges Fettgewebe aus dem Bauchfell des Schweins.
Wir verwenden es, indem wir gefüllte Poulardenbrüste darin einwickeln, oder ein Stück Rehrücken, bestrichen mit einer Farce mit Pfifferlingen und Trompetenpilzen darin einpacken.
Das Schweinenetz brät sich fast von selbst aus, d.h. es ist eine schonenden „Verpackung“, die Farce kann darunter braun werden, und das Fleisch bleibt saftig.
Das Netz gibt’s beim Metzger auf Vorbestellung.

 

Wild zerlegen

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eine junge amerikanische Köchin, Kristina Zerkis, arbeitete ein Jahr bei uns im Spielweg, und man sieht, dass ihr die Arbeit beim zerlegen der Rehe, Hirschkälber und Frischlinge Spaß macht.

Sie arbeitete bei einem unserer ehemaligen Köche, John Besh, der in New Orleans einige Restaurants betreibt und der mir immer wieder junge Köche in den Schwarzwald schickt.  Besonderes Augenmerk legte Kristina auf die Vorbereitung von Fleisch, und da besonders beim Schalenwild.

Wir lassen die Stücke in der Decke/Schwarte 3 Tage abhängen, dann wird grob zerlegt und die Stücke weiterverarbeitet.

Wenn wir zu viel Wildfleisch auf einen Sitz haben, dann frieren wir auch ein, das ist besser, als das Fleisch überlagert zu verarbeiten. Natürlich nur für kurze Zeit, denn z.B. das zarte Rehfleisch aus der Keule oder dem Rücken ist besonders anfällig, das Fleisch zersetzt sich, weil es ganz wenig intramuskuläres Fett & Bindegewebe hat.

 

Wilde Zeiten

Jetzt ist Wildzeit und die herzhafte Kocherei erreicht ihren Höhepunkt. Wild ist das am wenigsten manipulierte Fleisch, das man haben kann. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es doch. Einige Gegenden in Deutschland sind durch den Tschernobylunfall stärker betroffen als andere.

Was macht die schlaue Köchin? Wo kauft sie ein? Ich würde mal beim örtlichen Forstamt anrufen und nachfragen, wie es mit den Becquerel aussieht und bei günstigem Beschied fragen wo man Nachschub bekommt. Die Förster sind eigentlich scharf darauf, ihr Wild los zu bekommen. Diese Profis lieben es allerdings wenig, wenn man nur Teile vom Wild haben möchte. Als privater Haushalt würde ich, das trifft auch auf andres Fleisch zu, beispielsweise ein ganzes Reh kaufen. Wenn man den Jäger bittet es zu zerlegen, so wird er das bestimmt tun. Dann wird alles gut verpackt und beschriftet und kommt in die Tiefkühltruhe.

Für mein Restaurant kommt diese Vorgehensweise nicht in Betracht, wäre auch bei unserem turbulenten Betrieb zu unübersichtlich und die Gäste kommen ja wegen der Frischeküche. Grundsätzlich ist aber Einfrieren gar nicht so übel. Zwei Regeln muss man beachten:

1.Dem Trieb des Hamsterns muss man widerstehen. Je mehr in der Truhe ist umso mehr wird irgendwann mal überaltert sein.
2.Nie kommt etwas Besseres aus der Kiste als man hinein gegeben hat.

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Foto: Gamsmedaillons mit Speckknödel von Karl-Josef Fuchs aus dem Buch Die große Wildkochschule

 

Wildschweingoder

Ein Gericht aus der „F.A.Z. Gourmet Vision Regional“ ist der Wildschweingoder. Das ist der Süddeutsche Ausdruck für Kinn.

Es wird nicht gepökelt, sondern nach ein paar Tagen Fleischreife langsam gesotten und in ca. 1cm dicke Scheiben aufgeschnitten. Der Vergleich mit 2 ganz „Großen“ unserer Zunft ehrt mich gewaltig, wenn auch Eigenlob stinkt, trotzdem.

Normalerweise wandert das Stück ins Hack oder in den Gulasch, ist aber geschmacklich viel zu schade.

Auch beim „Wildschweinkinn mit getrockneten Erbsen und Speck-Creme“ ergibt sich ein interessanter Vergleich zur normalen Spitzenküche, diesmal zu einem Emblemprodukt der Moderne, dem Schweinekinn – bei Santi Santamaria oder Joachim Wissler wurde es zu allergrößter Finesse befördert. Fuchs weiß, dass die Version vom Wildschwein aromatischer ist und präsentiert einen Akkord, der in Aromen und Textur – bei gleicher Präzision der Balance – prägnanter ausfällt. Die Erbsen sind leicht mürbe, aufgeweicht und getrocknet, so dass das Fleisch noch etwas zarter wirkt, dazu gibt es Splitter aus getrocknetem Kartoffelstroh und eine Speckcreme. Hier deutet sich ein dritter Weg zwischen rustikalen Zubereitungen klassischer Art und den sensibel-artifiziellen Konstruktionen der Avantgarde an, bei dem nicht Verfeinerung um jeden Preis betrieben (die ja nicht selten eine Art Entschärfung ist), sondern undogmatisch eine größere aromatische Bandbreite in den Mittelpunkt gestellt wird.

 

Hasenpfeffer, das Rezept

Schwarzwälder Hasenpfeffer

Zutaten für 4 Personen :

1 Wildhase
besser nur 800g Fleisch aus den Keulen ausgelöst
250 g Röstgemüse (Karotte, Sellerie, Zwiebel, Lauch)
½ l Rotwein
Gewürzmischung aus : 4 Lorbeerblättern, 10 Wacholderbeeren, 20 zerstoßenen Pfefferkörnern
Petersilienstengel
1 ½ l Wildbrühebrühe
2 EL Preiselbeeren
2 EL Johannisbeergelée
frisches Blut (Rind-Schwein)

Zubereitung:
Die küchenfertigen Hasenkeulen (und Schultern) werden in heißem Fett scharf angebraten und mehrmals gewendet. Das Fleisch herausnehmen und das Fett abgießen. In neuem Fett das Röstgemüse glasig anschwitzen, das Fleisch zugeben und gut anschmurgeln lassen, dann mit dem Rotwein ablöschen. So lange einkochen lassen bis der Rotwein verkocht ist, dann mit der Wildbrühe aufgießen und abgedeckt ca. 1Std. 50 Min. langsam köcheln lassen. Wenn das Fleisch gar ist, dieses herausnehmen, den Fond passieren und mit dem frischen Blut zur gewünschten Konsistenz abbinden. Die Sauce mit Salz und Pfeffer, den Preiselbeeren und dem Johanninsbeergelée abschmecken und das Fleisch hineingeben.

Beilage: Rotkraut & Spätzle

 

Rehrücken im Crêpe

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Eine sehr schonende Zubereitung vom Rehrücken. Das ausgelöste Rückenfilet wird portioniert – ca. 110g pro Person – und mit einer Farce rundherum bestrichen. In der Farce sind Kräuter, Pilze und natürlich Salz & Pfeffer.

Danach wird die Rolle in einen dünnen Crêpe eingerollt, in mit Butter bestrichene Alufolie gerollt und im Ofen bei 175°C auf Kerntemperatur von 43° geschoben. Rausnehmen, aus der Folie auspacken und 10 Min. ruhen lassen. Nochmals 4 Min. im Ofen wärmen und dann sofort aufschneiden und servieren.

 

Wildkochbuch

aus der Waidmannsküche, Nachdruck eines Kochbuches

„für alle Waidmänner und ihren lieben Hausfrauen“

erschienen 1870 in Düsseldorf, , es verdankt seine Entstehung der Wiener Jagdzeitung, die an 1865 verschiedene Wildrezepte abdruckte. Neu erschienen im Jagd und Kulturverlag, 87475 Sulzberg/Allgäu.

Werde sicher noch das eine oder andere Rezept vorstellen, beginnen möchte ich mit einem kleinen Gedicht, das am Anfang des Kapitels „Feldhühner“ steht.

Das Alter der Feldhühner zu erkennen:

Ist gelb das Bein des Huhns, gleich der Zitrone

So ist’s von diesem Jahre zweifelsohne,

doch rechne zwei davon auf jeden Kopf–

Sie werden Dir gar sehr gering im Topf!

Das Huhn mit Beinen gelb wie Apfelsine,

Vor allem Dir zum saft‘ gen Braten diene.

Beim hellen, brauen Beine lass Dir raten,

ein halbes Stündchen länger es zu braten.

Scheint dunkel schon des Hühnerbeines Grau,

so kocht’s vorm‘ Braten erst die kluge Frau.

Blaugraue Beine, Schnabel beinah weiß,

rings um die Augen ein hellroter Kreis-

Laß ab! Umsonst sind Speck und Fett und Butter,

derartige Hühner schenk — der Schwiegermutter!