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Journal Culinaire

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Heute ist das neue Journal Culinaire erschienen. Die Zeitschrift für Kultur und Wissenschaft des Essens beschäftigt sich diesmal mit dem Phänomen der Geschmacksbildung.

Man findet darin Beiträge, wie Geschmacksempfin- dungen im Hirn entstehen, die Rolle des Geruchs- sinns wird erörtert, Sinnesschulung für Kinder, ob Kochen wirklich Kunst ist, Gedanken zur Documenta und vieles mehr, findet man im Heft.

Besonders bedanke ich mich bei den Kollegen: Juan Amador, Thomas Bühner, Johannes King, bei der wundervollen Cornelia Poletto, bei Jörg Sackmann, bei Heinz Winkler und bei Kolja Kleeberg.

Nun, weiß man ja, dass ich immer wieder gegen modische Fürze und auch die Molekularküche wettere. Doch ich werde diesbezüglich oft missverstanden.

Die Kochkunst ist vielfältig und wie in der Kunst ist alles erlaubt. Alle Neuerungen bringen meinen Beruf weiter. Was sich rasant entwickelt ist nicht immer rundum von bleibendem Wert. Wichtig ist, dass es weiter geht, und dass Leute mit unterschiedlichsten Geschmacksvorstellungen auch ihren Napf finden. Die reine Lehre gibt es ohnehin nicht.

Es gibt jedoch ein entscheidendes Argument:
In jedem der vielen Kochstile gibt es Wegbereiter, große Könner und dann natürlich jede Menge Trittbrettfahrer und Plagiatpiraten. Ich bin stolz dass sich im JC Nr 4 keine solchen Kollegen breitmachen. www.edition-vincent-klink.de

 

Alpenrose

Weiß der Teufel, eigentlich sollte ich es mir mal am freien Wochenende auf dem Sofa gemütlich machen, aber ich schaffe es nicht. Das Leben zu spannend. Ich fuhr also nach Zürich und verbrachte mit Freunden den Abend im Restaurant “Alpenrose”. Ich gehe ja viel zum Essen, weil ich daheim gar keine Küche habe, aber solch überzeugende Kocherei hatte ich schon lange nicht mehr. Eigentlich ist alles, wie man es vor 50 Jahren machte. Ich aß Capuns in einer Speck-Wurzelgemüsesoße, dann kam Kotelette vom Wollschwein. Das Besteck war aus poliertem Silber mit den Initialen eines längst vergangenen Palasthotels.

Die Einrichtung ist original, wie man sie bei uns durch die Kriegsverwerfungen überhaupt kaum mehr antreffen kann. An der Wand hängt noch ein Schild: “Hupftanz verboten!”. Bedienung, Essen, Trinken, Servietten, alles liegt einer feinschmeckerischen Logik zugrunde. Nirgends Überflüssiges, falsche Freundlichkeit oder Deko.

Dafür gab es beispielsweise eine Schüssel mit viel Gemüse auf den Tisch. Roter Mangold, Spinat, Petersilienwurzeln, gelbe Rübli, alles natürlich richtig bio und so schmeckte es auch. Wäre nur dies Gemüse gekommen, hätte niemand geklagt. Doch dann wurden noch Koteletts von der Wollsau aufgetragen, Entenbraten mit poelierten Feigen kamen auf den Tisch, und dazu noch eine Schüssel Kartoffelpüree. Dazu Weine von Madame Chappaz aus dem Wallis.  So war mir schon lange nicht mehr nach Singen. Die anderen Gerichte auf der Speisekarte zwingen mich bald wieder nach Zürich. Mir trieft jetzt noch das Maul.

 

Toskana

vor vierzehn Tagen hatten wir 5 Tage geschlossen und ich bin mit meiner Frau in die Toskana abgedüst. Seit 15 Jahren war ich nicht mehr dort. Ich habe den Chianti wieder neu entdeckt. Insbesondere die einfachen, die nicht mehr als 13 % Alkohol haben. Die Superiores und Riservas waren, wie auch die fetten Roten in Deutschland, gar nicht mein Ding, aber davon ein andermal mehr.

Meine Frau war ständig am recherchieren, zog den Osteriaführer von Slow Food und den Michelin zu Rate. Mittags und abends war Essen und Trinken angesagt, sozusagen dienstlich. Die Ergebnisse war sehr mager, eigentlich müsste man es alarmierend nennen. Über die Situation in dieser italienischen Gegend werde ich noch separat berichten. Jedenfalls, die Mamas und Tanten sind nicht mehr am Herd, und die jungen Köche und Mädchen haben keine große Lust mehr, die handwerklichen Raffinessen dieser Küche zu erlernen. Klar gibt es Ausnahmen, aber die Tendenz ist ernüchternd. Ohne den Tip von Freunden kommt man nicht an wirklich gute Küche.

Gestern war der Literaturkritiker Helmut Karasek zum Essen da. Was die italienischen Restaurantführer angeht, so hatte er eine einleuchtende Feststellung. “Michelin in Italien? Entweder es ist Korruption im Spiel und überhaupt, bis das Buch in den Läden gelangt, ist der Koch erschossen!”

Die Gegend um Volterra bietet dem Auge wirklich fremde Eindrücke. Im Frühsommer ist alles tiefgrün und im Herbst über Kuppen und in Bodenfaltenhinein alles gepflügt. Jeder Traktor würde bei diesen Manövern umfallen, deswegen ackern die italienischen Bauern mit kleinen Planierraupen.

In Mazzola, einem kleinen Weiler auf einer Bergkuppe, drängen sich höchstens 20 Häuser. Trotzdem fanden wir das kleine Restaurant erst nach zweimaligem Anlauf, Hier fanden wir die beste Küche unserer Reise. Als Weingläser diente etwas, das man früher als Senfgläser kannte. Das Essen war wirklich original, mit Herz und Seele von der jungen Chefin gekocht. Antipasti, das man danach schon satt war. Eingelegte Artischocken, Rouladen von Ziegenfrischkäse, ein wundervolles Ragout von Auberginen, Tomaten und Pinienkernen, Schinken, Sopressa, Salami und vieles mehr.

Den Hauptgang habe ich vergessen, aber es war alles wirklich erstklassig. Klar dass es auch besondere Wirtsleute waren, das verrät schon die Firmenbezeichnung:
Trattoria Albana di Brigantirossi & C S.n.c.
VillaggioMazzolla 71, 56048 Volterra (Pi), Tel. 0588-39001, chiuso martedi

 

Augenfreude und Zungenbetrug

Lange Zeit habe ich mich für Kunst interessiert – solange, bis mir die Lackaffen auf den Vernissagen zu sehr auf den Keks gingen. Ich stellte auch fest, dass Künstler sich irgendwelchen leseunfähigen, reichen Leuten vor die Füße warfen und diese als Kulturmenschen anhimmelten. Wer nicht auf drei zählen konnte, stieß wenigstens ein gewaltiges: „Oh, ah, diese formale Geschlossenheit, welche Kraft der Farben, zwingend kreativ“…und so fort. Dieses Vernissagenpublikum schmeißt sich nun auf die Kocherei, und was Köche nicht hinkriegen, die Foodfotografen schaffen es: Augenfreude und Zungenbetrug.

Wie es den Künstler als Hure gibt, so auch den Gastronomen. Heute kam Post ins Haus. Ein gewisses Zukunftsinstitut gibt dort die neuesten Trends bekannt. Diese „Food-Styles“ haben jetzt auch ganz trendige Namen: New Fusion Food, Convenience 2.0, Trusted Food, Food ’n’ mind, 100 Meilen-Diät, Sen-satt-ion, Ess-Thetik und Pleasure-Food.

Die sogenannten Unterschichten, dazu gehören auch gestylte, geistige Tiefflieger, inclusive all die bekloppten Fashion-People, für die extra der People-Journalismus erfunden wurde, und der jede Menge der nötigen Stoffwechselprodukte liefert.

Ob ich mich aufrege? Nö überhaupt nicht, kann gerade noch das Lachen verhalten. Es ist nämlich so, dass ich von solchen Trends gar nichts groß erfahre. Ein gutes Gasthaus ist ein Ort, der mit Gästen gefüllt ist, die gegen doofen Lifetyle resistent sind. Die Rede ist nicht von temporärem Einmalpublikum, entscheidend sind die Wiederholungstäter. Der deutsche Genießer hat heute mit den umliegenden Ländern an Wissen längst gleichgezogen. Das ökologische Bewusstsein ist sogar ausgeprägter als in jedem Land der Welt. Es gibt nichts zu meckern hier, die Nische der Feinschmecker ist breit.

Die Mehrzahl allerdings, – und das ist auch ein Stück Freiheit -, die ist blöd und will es bleiben. Wir leben in einer Demokratie und jeder hat auch ein Recht auf Nichtwissen. Wer diese Leute verarscht muss sich natürlich ständig etwas Neues einfallen lassen, denn total dumpf sind nur die Wenigsten. Die Leute gehen einem Beschiss nur einmal auf den Leim. Deshalb die ganze Hektik um Trends und Moden und Zukunftsforschung des Essens und Trinkens. Molekular ist schon fast perdù, es muss eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden.

PS: Für Wahnsinnige, die es mit „Culinary Art“ und „Pure Food“ ganz genau wissen wollen, also die Trends und den ganzen Zukunfts-Hip-Hop. Für knackige 220 € gibt es ein 130 Seiten Büchlein (oder ist es nur der Prospekt dazu?) bei www.zukunftsinstitut.de

 

Was kochen Sie im Schnell-Druck-Kochtopf?

fragte mich gestern Abend ein Gast…

So ein Ding habe ich gar nicht, antwortete ich, wenngleich ich mit einem Dampfgarer, mit und ohne Druck gearbeitet habe. Es gibt ja in der Gastronomie verschiedenste Ausführungen, aber so einen Hausfrauen Dampftopf kenne ich nur von meiner Verwandschaft, wenn man am Tisch sitzt, denkt die ganze Gesellschaft, jetzt gehts gleich in die Luft, bzw. die Kartoffeln oder der Reis kleben an den Wänden, zu den Dingern habe ich kein so richtiges Vertrauensverhältnis. Wie verbreitet sind sie nun?

 

Wildschweingoder

Ein Gericht aus der „F.A.Z. Gourmet Vision Regional“ ist der Wildschweingoder. Das ist der Süddeutsche Ausdruck für Kinn.

Es wird nicht gepökelt, sondern nach ein paar Tagen Fleischreife langsam gesotten und in ca. 1cm dicke Scheiben aufgeschnitten. Der Vergleich mit 2 ganz „Großen“ unserer Zunft ehrt mich gewaltig, wenn auch Eigenlob stinkt, trotzdem.

Normalerweise wandert das Stück ins Hack oder in den Gulasch, ist aber geschmacklich viel zu schade.

Auch beim „Wildschweinkinn mit getrockneten Erbsen und Speck-Creme“ ergibt sich ein interessanter Vergleich zur normalen Spitzenküche, diesmal zu einem Emblemprodukt der Moderne, dem Schweinekinn – bei Santi Santamaria oder Joachim Wissler wurde es zu allergrößter Finesse befördert. Fuchs weiß, dass die Version vom Wildschwein aromatischer ist und präsentiert einen Akkord, der in Aromen und Textur – bei gleicher Präzision der Balance – prägnanter ausfällt. Die Erbsen sind leicht mürbe, aufgeweicht und getrocknet, so dass das Fleisch noch etwas zarter wirkt, dazu gibt es Splitter aus getrocknetem Kartoffelstroh und eine Speckcreme. Hier deutet sich ein dritter Weg zwischen rustikalen Zubereitungen klassischer Art und den sensibel-artifiziellen Konstruktionen der Avantgarde an, bei dem nicht Verfeinerung um jeden Preis betrieben (die ja nicht selten eine Art Entschärfung ist), sondern undogmatisch eine größere aromatische Bandbreite in den Mittelpunkt gestellt wird.

 

Rehrücken einmal anders…


Durfte für die FAZ,  genauer gesagt: FAZ Gourmet Vision Regional, ein Wildmenü zusammenstellen, mehr darüber demnächst, aber das Dessert möchte ich doch schon preisgeben. Der gute alte Schokoladenrehrücken, dunkler Schokoladenteig mit geschlagenem Eiweiß, gebacken und dann mit Aprikosenmarmelade und Sacherglasur verfeinert. Die Mandelstifte sollen den wie früher mit Speck gespickten Rehrücken symbolisieren.

Zu meiner Verteidigung…es war in den letzten 2 Wochen sehr turbulent, hate keine Zeit & Muße einer Beitrag zu verfassen, ich gelobe „Besserung“.

 

Hasenpfeffer, das Rezept

Schwarzwälder Hasenpfeffer

Zutaten für 4 Personen :

1 Wildhase
besser nur 800g Fleisch aus den Keulen ausgelöst
250 g Röstgemüse (Karotte, Sellerie, Zwiebel, Lauch)
½ l Rotwein
Gewürzmischung aus : 4 Lorbeerblättern, 10 Wacholderbeeren, 20 zerstoßenen Pfefferkörnern
Petersilienstengel
1 ½ l Wildbrühebrühe
2 EL Preiselbeeren
2 EL Johannisbeergelée
frisches Blut (Rind-Schwein)

Zubereitung:
Die küchenfertigen Hasenkeulen (und Schultern) werden in heißem Fett scharf angebraten und mehrmals gewendet. Das Fleisch herausnehmen und das Fett abgießen. In neuem Fett das Röstgemüse glasig anschwitzen, das Fleisch zugeben und gut anschmurgeln lassen, dann mit dem Rotwein ablöschen. So lange einkochen lassen bis der Rotwein verkocht ist, dann mit der Wildbrühe aufgießen und abgedeckt ca. 1Std. 50 Min. langsam köcheln lassen. Wenn das Fleisch gar ist, dieses herausnehmen, den Fond passieren und mit dem frischen Blut zur gewünschten Konsistenz abbinden. Die Sauce mit Salz und Pfeffer, den Preiselbeeren und dem Johanninsbeergelée abschmecken und das Fleisch hineingeben.

Beilage: Rotkraut & Spätzle

 

Schwäbischer Wein zu Badischem Essen

Nachdem mein lieber Kollege Karl-Josef Fuchs so tolle württembergische Lemberger bei sich zum Probieren hatte, bin ich froh, dass er auch auf den Geschmack gekommen ist.

Im Südbadischen werden die Württemberger nicht überall so gerne getrunken. Aber Karl-Josef ist ja ein weltoffener Mensch.

Nun mal Spaß beiseite. Die Entwicklung der schwäbischen Rotweine in puncto Qualität ist sehr erfreulich. Nicht nur die VDP Weingüter sondern auch die Genossenschaften haben sich in den letzten Jahren sehr gesteigert. Natürlich sind die Preise auch nach oben gegangen, aber wer Qualiät möchte muss dafür auch bezahlen.

Nächstes Wochenende präsentieren sich die Weine aus Baden und Württemberg in München einem großen Puplikum .Hier werden die Besucher sehen, welch gute Qualität aus unserem Bundesland kommt.

Die gute Küche darf da auch nicht fehlen. Deshalb kochen Herr Fuchs, Herr Karr und ich dort. Da werden wir sicher bei einem guten Glas Lemberger über die Einladung ins Münstertal sprechen.

 

Lemberger in Baden

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Das kommt einem Ritterschlag für einen Badischen Koch gleich: ich durfte für die Württembergische Weinwerbung zum Lemberger vier verschiedene Gerichte kochen.

Vier „normale“ und vier im Barrique ausgebaute Weine der Jahrgäge 2004 bis 2006 – war sehr angetan von der Qualität, die Rebsorte gibt es ja in Baden nur von ganz wenigen Winzern, so trinkt man den Lemberger relativ selten.

Habe mir ein Carpaccio vom Hirschrücken, eine geschmorte Roulade von der Gamskeule, den ganz klassischen Wildhasenpfeffer und ein Kalbskotelette mit Pfifferlingrisotto dazu ausgedacht. Würde meine beiden Schwäbischen Blogger-Kollegen gerne dazu einladen – ich koche, und Vincent & Christian bringen den Wein mit!