An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Weniger geheim als behauptet: Ein Dokument über den NSU, das das ARD-Magazin „Report Mainz“ vor Tagen angeblich exklusiv enthüllte, war gar nicht so neu wie in dem Beitrag dargestellt. So schildert es jedenfalls der Chef des NSU-Untersuchungsausschusses, der SPD-Politiker Sebastian Edathy: Das Dokument liege dem Ausschuss seit April 2012 vor, sagte er der Frankfurter Rundschau.
Es sei zwar als geheim eingestuft gewesen, doch jedes Ausschuss-Mitglied habe Zugang dazu gehabt. Vermutlich sei das Schreiben ohnehin aus taktischen Gründen zugespitzt worden, damit die damit beantragte Überwachung genehmigt werde, sagte Edathy.
Aus dem Papier geht hervor, dass Verfassungsschützer den NSU bereits 2000 als Terrorgruppe einstuften. Die Behörde wollte damals den Briefverkehr und den Telefonverkehr der Gruppe überwachen.
Report Mainz über Verfassungsschutz-Geheimbericht zur #NSU aus Jahr 2000: „Alles,was wir heute wissen,steht da drin“ is.gd/UHCsSi
— Lucomo (@Lucomo) 22. Mai 2013
Die Rundschau hat in die Archive geschaut: „Tatsächlich gab es bereits im vorigen Jahr Medienberichte über den sächsischen Antrag und seine Motive“, heißt es in dem Bericht. „Allerdings stammen die Berichte erst vom Herbst 2012 und nicht vom April jenes Jahres, als der Ausschuss davon Kenntnis bekommen haben will. Auch taucht der Satz, das Vorgehen des flüchtigen Trios ähnele der Strategie terroristischer Gruppen, nirgends auf.“
Unbestritten bleibe schließlich der Kern der Geschichte: „Dass man zumindest in Sachsen ahnte, welches tödliche Potenzial im Nationalsozialistischen Untergrund steckte“, resümiert die Frankfurter Rundschau.
„Viel Lärm, wenig Substanz“, so kommentiert die LINKE Sachsen den gestrigen Beitrag von Report Mainz über den #NSU. linksfraktionsachsen.de/index.php?sect…
— Maik Baumgärtner (@MB_Journalist) 22. Mai 2013
Schon seit Sommer 2012: Die Tageszeitung Junge Welt befasst sich ebenfalls mit dem Beitrag von „Report Mainz“. Die Linken-Politikerin Kerstin Köditz sagte der Zeitung, der als „brisant und sensationell präsentierte Antrag“ liege dem Ausschuss seit Sommer 2012 vor. Auch Sie vermutet, daß die zuständige Kommission des sächsischen Landtags getäuscht werden sollte, um deren Zustimmung zur geplanten Abhörmaßnahme zu erhalten.
Desaströses Bild: Die taz zieht ihren eigenen Schluss: „Eine Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch die Aufklärung der NSU-Affäre: Hätten die Sicherheitsbehörden ihre Arbeit richtig gemacht, hätten die Morde des Terrortrios verhindert werden können. Ein weiteres Puzzlestück zu diesem desaströsen Bild liefert ein Dokument, über das nun „Report Mainz“ berichtet.“
Die türkischsprachige Hürriyet hatte schon am Mittwoch über die Recherchen des ARD Magazins „Report Mainz“ berichtet. Nun griff die Hürriyet Daily News, eine englischsprachige Zeitung in der Türkei, das Thema ebenfalls auf.
Charmeoffensive: Die Süddeutsche Zeitung macht die Arbeitsbedingungen für Journalisten zum Thema: Das Gericht wolle die Lüftungsanlage verstärken und Tische und Stühle aufstellen, heißt es in dem Bericht. „Höhepunkt der jetzigen gerichtlichen Charmeoffensive: Neben dem Wasserspender wird auch ein Kaffeeautomat im Sicherheitsbereich aufgestellt“, schreibt der Autor.
Buch über NSU: Die Europa-Ausgabe der türkischen Tageszeitung Sabah stellt das Buch Der NSU-VS-Komplex von Wolf Wetzel vor, erschienen im Unrast Verlag. Das Buch begutachtet die Verbindungen von NSU und Verfassungsschutz und untersucht besonders den Mord an Halit Yozgat in Kassel. Ein Aspekt ist in dem Bericht besonders hervorgehoben: Der Autor des Werkes hinterfragt die Rolle des Agenten Andreas T., der kurz vor dem Mord am Tatort gewesen sein soll.
Das nächste Medienlog zum NSU-Prozess erscheint am Freitag, 24. Mai 2013.