Die Berichte über den zehnten Prozesstag beschäftigen sich mit der weiteren Vernehmung des Angeklagten Carsten S., der unter anderem von den Anwälten der Nebenkläger befragt wurde.
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Carsten S. und seine Verteidiger haben das Team von Ralf Wohlleben auflaufen lassen, schreibt Tom Sundermann auf ZEIT ONLINE. Nur wenn Wohlleben sich umfassend zu seiner Person und zum Tatvorwurf äußere, werde auch S. sich den Fragen stellen, teilten die Anwälte vor Gericht mit. Holger Schmidt schätzt den Erfolg dieser Forderung auf seinem Blog als gering ein.
Mit der Weigerung auf die Fragen der Wohlleben-Anwälte zu antworten, beschäftigen sich auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die türkische Zeitung Zaman und der Tagesspiegel. („Zwei Angeklagte, die von Feinden zu Freunden wurden.“), Zudem betont Frank Jansen im Tagesspiegel: „Von Wohlleben allerdings, ehemals Vizechef der NPD in Thüringen, ist kein Abschied aus dem Rechtsextremismus bekannt.“ Stefan Geiger von der Berliner Zeitung beobachtete, die Anwälte der Nebenkläger hätten S. nicht schonend aber sachlich befragt.
Die Europa-Ausgabe der türkischsprachigen Zeitung Sabah fasst den Prozesstag unter dem Titel „Ich habe mich mit Türken angefreundet“, zusammen. Die Zeitung hebt hervor, dass S. ausgesagt hat, er kenne Türken inzwischen auch persönlich und Türken gehörten inzwischen auch zu seinem Freundeskreis.
Tanjev Schultz erinnert in der Süddeutschen Zeitung noch einmal an die Versäumnisse der letzten Jahre: Polizei und Verfassungsschutz hätten zehn Jahre verstreichen lassen, ohne Carsten S. zu den untergetauchten Neonazis zu befragen. Das Versäumnis der Behörden sei deshalb so groß, weil dem Thüringer Verfassungsschutz 1999, also nachdem die NSU-Mitglieder untergetaucht waren, Hinweise darüber vorlagen, dass S. den Flüchtigen geholfen hat. „Nach seinem Ausstieg aus der rechten Szene Ende 2000 hätte die Möglichkeit bestanden, etwas von ihm zu erfahren. Stattdessen führte er unbehelligt ein vermeintlich neues Leben“, schreibt Schultz.
Schlechtes Gewissen: Auch das ZEITmagazin beschäftigt sich in einem ausführlichen Artikel mit der Aufarbeitung der Fehler und Ermittlungspannen, die den Morden des NSU vorausgingen. Zwei Polizisten schildern die Geschehnisse des 26. Januar 1998 in Jena. Bei einer Hausdurchsuchung wurde Uwe Böhnhard das letzte Mal gesehen und konnte ungehindert entkommen. Ein brisantes Detail in der Geschichte: Die Garage des Hauses, die durchsucht wurde, hatte ein Jenaer Polizeibeamte an Beate Zschäpe vermietet.
Die Vermietung der Garage durch die Polizei greifen auch die Sabah und das Online-Portal Dünya Bülenti in einer Meldung auf.
Englischsprachige Onlinemedien veröffentlichten erneut keine Berichte über den Prozess.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, den 17. Juni.