Am 17. Verhandlungstag bestimmte die Berichterstattung ein informelles Gespräch, das Beate Zschäpe mit einem Zwickauer Polizisten und einem BKA-Beamten führte.
Über den Prozesstag berichteten unter anderen die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Zschäpes extremistische Ersatzfamilie), der Tagesspiegel (Beate Zschäpe hatte Selbstmordgedanken), die WAZ (Was Beate Zschäpe im Gespräch mit Polizisten ausplauderte) und die Frankfurter Rundschau (Was Zschäpe der Polizei erzählte). Die Welt berichtete, wie schon zuvor, mittels eines „Minutenprotokolls“ vom Prozess.
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„Wenn ich das so aufgeschrieben habe, dann muss es so gewesen sein“, sagte der Zwickauer Polizist immer wieder, laut Oliver Bendixen vom Bayerischen Rundfunk. Der Beamte berief sich damit auf das Protokoll, das er nach dem Gespräch mit Beate Zschäpe angefertigt hatte. Eine schwierige Vernehmung, kommentierte Bendixen, denn der Richter forderte den Zwickauer Polizisten immer wieder dazu auf, doch aus der Erinnerung zu erzählen.
Der BKA-Beamte dagegen konnte sich präzise erinnern, für Bendixen ein Hinweis auf dessen höhere Qualifikation: „Warum ein Polizist als Kriminalhauptmeister in Zwickau und ein anderer als Hauptkommissar beim BKA arbeitet, das wurde am heutigen 17. Prozesstag im NSU-Verfahren klar“, kommentiert Bendixen im Bayerischen Rundfunk.
Auch Holger Schmidt vom SWR kritisiert, dass der Kriminalhauptmeister aus Zwickau sich kaum erinnern konnte. Doch dem Beamten sei immerhin noch ein interessantes Detail eingefallen: Zschäpe habe gesagt, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos seien aus gutem Hause gewesen, weshalb sie sich deren Wandlung nicht erklären könne. Ein Satz, wie für die Zschäpe-Verteidiger geschrieben, findet Schmidt. Dennoch widersprachen die Anwälte von Zschäpe der Verwendung der Zeugenaussage.
Bei dem Gespräch, das der Zwickauer Kriminalbeamte mit Beate Zschäpe führte, war auch eine Polizistin aus Baden-Württemberg anwesend, die mit dem Mordfall Michèle Kiesewetter betraut war. Dazu entwickelte sich das „übliche Geplänkel“ zwischen Bundesanwaltschaft und Nebenklage, wie Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online schreibt. Es ging dabei auch um die Frage, warum die beiden Beamten Zschäpe nicht mit dem Polizistenmord konfrontierten. Sebastian Carlens schreibt zum selben Thema in der Jungen Welt: „Die eingeschränkte Aussagegenehmigung des Beamten verhinderte die Erhellung dieser wichtigen Frage, Gedächtnislücken taten ein Übriges.“
Mienenspiel: Annette Ramelsberger beobachtet in der Süddeutschen Zeitung unter anderem das Verhalten von Beate Zschäpe während der Vernehmung der Polizisten – ebenso Tom Sundermann auf ZEIT ONLINE. Ramelsberger schreibt: „Beate Zschäpe presst während der Aussage die Lippen aufeinander, es steht ein eingefrorenes Lächeln in ihrem Gesicht, die Arme hat sie vor der Brust verschränkt.“ Tom Sundermann schreibt von einem „nervösen Lächeln“ und ist der Meinung, dass Zschäpe ihr Innenleben nicht immer perfekt maskieren könne. Vielmehr gebe sie in manchen Momenten unabsichtlich etwas über sich preis.
In der Zeitung Neues Deutschland fasst René Heilig die letzte Sitzung des Thüringer Untersuchungsausschusses und den 17. Verhandlungstag im NSU-Prozess in einem Artikel zusammen. Nach Meinung des Autoren muss sich die Öffentlichkeit mit Häppchen zufrieden geben, die im Prozess bekannt werden. Zudem sei nicht neu, dass sich Zschäpe selbst als „Omakind“ und Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als „ihre Familie“ bezeichnet habe. „Die Erinnerungen der Beamten sind tausendfach in den Medien durchgekaut“, kritisiert der Autor.
Eine kurze Meldung zum 17. Verhandlungstag findet sich auch in der türkischen Tageszeitung Zaman. Jedoch sind weiterhin keine Berichte über den NSU-Prozess in den englischsprachigen Onlinemedien.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, den 4. Juli.