Die Verhandlungswoche im NSU-Prozess ist diesmal nur kurz: Am morgigen Dienstag ist vorerst der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause. Aus diesem Anlass ziehen die Medien eine Zwischenbilanz: In der Thüringer-Allgemeinen etwa schreibt Kai Mudra, dass das Interesse am Prozess, entgegen der Erwartungen, nach wie vor hoch sei.
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In seinem Artikel, der auch in der österreichischen Tageszeitung Der Standard erschien, fasst Mudra anschließend den bisherigen Prozessverlauf zusammen. Bemerkenswert sei, dass Richter Manfred Götzl der Verteidigung und den Nebenklägern derzeit viel Raum für ihre Fragen lässt. Der Autor zitiert dazu auch Nebenkläger-Anwalt Stephan Lucas. Dieser bezeichnet es als „eigentliche Errungenschaft“, dass die Verteidiger auch weitergehende Fragen stellen können.
Auch Helene Bubrowski zieht in der Frankfurter Allgemeinen eine erste Bilanz („Lehren aus Stammheim“). Zunächst fasst die Autorin zusammen, welche Aussagen für Zschäpe als belastend oder entlastend gewertet werden können. So gab es einen „Tiefpunkt“ für Zschäpe: Die Aussage des Kriminalbeamten, der Holger G. vernommen hatte, denn G. hatte Zschäpe als „gleichberechtigtes Mitglied“ im NSU-Terrortrio bezeichnet. Belastend seien außerdem die Aussagen der ehemaligen Nachbarn aus der Frühlingsstraße. Die Aussage des Mitangeklagten S. dagegen könne man als entlastend werten.
Zschäpes Strategie, zu schweigen, so Bubroswki, könnte sich am Ende deshalb auch als Fehler erweisen. „Eine Überführung durch Indizien ist nach der bisherigen Beweisaufnahme durchaus vorstellbar. Ohne Geständnis und damit ohne jedes Zeichen von Reue könnte das Gericht aber die besondere Schwere der Schuld feststellen und wegen Fortbestehens der Gefährlichkeit eine Sicherungsverwahrung anordnen.“ Anschließend geht die Autorin auf die Abgrenzung von Mittäterschaft und bloßer Unterstützung ein und zieht, wie im Titel angekündigt, Parallelen zum Stammheim-Prozess gegen die Mitglieder der Roten-Armee-Fraktion RAF.
Auch Fritz Dinkelmann macht im Schweizer Rundfunk SRF den Vergleich zur RAF. Es geht erneut um Zschäpes Verteidigerin Anja Sturm, die ihre Berliner Kanzlei verlassen hat („Zschäpes Anwältin: Ein Mandat, das nur Probleme bringt.“)Damals habe sich der spätere Innenminister Otto Schily zur „Unperson“ gemacht, weil er die Terroristen der RAF verteidigte, schreibt der Autor. „Aber er hat den Rechtsstaat behauptet und das war wichtig. Anja Sturm hatte den Mut, in seine Fußstapfen zu treten, und bezahlt dafür einen hohen Preis.“
Keine Berichte dagegen in englisch- und türkischsprachigen Onlinemedien.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, den 6. August.