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Schier unglaubliche Funde – das Medienlog vom Mittwoch, 16. Oktober

 

Im Fokus der Berichterstattung steht die akribische Vorbereitung der neun fremdenfeindlichen Morde. Sie wird als „zynisch“ (ZEIT ONLINE) und „minutiös“ (Spiegel Online) beschrieben. Außerdem gehen einige Autoren darauf ein, wie rassistisch voreingenommen die Münchner Polizei ermittelte.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Per Hinrichs berichtet in der Welt über die „schier unglaublichen Funde, die in der verkohlten Trümmerlandschaft des abgebrannten Hauses zutage gefördert wurden“: umfangreiche Karten und Stadtpläne, Notizen über die Opfer und eine lange Liste mit Adressen potenzieller Opfer. Hinrichs zitiert aus einem Vermerk des BKA vom Juni dieses Jahres, demnach die „Adresssammlung die Grundlage für Tatplanungen und konkrete Ausspähungen war“.

Tom Sundermann erkennt in seinem Bericht bei ZEIT ONLINE in der detaillierten Planung der Taten die „zynische Denkweise“ des NSU: Personen über 60 Jahre beschrieben die Täter in ihren Notizen als „Person gut, aber alt“. Dies zeige, dass es bei der Suche nach Opfern offenbar darauf ankam, möglichst junge Migranten zu treffen, die später einmal Nachfahren haben könnten.

Weiter beschreibt Sundermann, wie Beate Zschäpe kurz vor dem Mord an dem Griechen Theodoros Boulgarides Mundlos und Bönhardt von einer Telefonzelle in Zwickau aus anrief: „Letzte Rücksprache, jeder weiß, was zu tun ist.“ Laut Sundermann ist dieser Anruf ein Puzzlestück bei der Aufklärung des bis heute „mysteriösen“ Mordes. Die Bundesanwaltschaft habe, so Sundermann, „Puzzlestück um Puzzlestück zusammengetragen, sie will dem Strafsenat ein stimmiges Gesamtbild darlegen.“ Mit einem so detaillierten Bild mache sie sich allerdings angreifbar, weil jedes einzelne Teil infrage gestellt werden kann. Das hätten die Zschäpe-Verteidiger in den vergangenen Monaten immer wieder in ihren Stellungnahmen verdeutlicht.

Auch Kai Mudra von der Thüringer Allgemeinen widmet sich der Atmosphäre im Gerichtssaal. Er spürt, dass der Ton wieder deutlich rauer geworden sei. So beanstandeten vor allem die Verteidiger von Beate Zschäpe inzwischen immer wieder Zeugenbefragungen durch den Vorsitzenden Richters Manfred Götzl. „Dieser wiederum reagiert ungehalten auf derartige Unterbrechungen.“ Zugleich folgt er aber in Einzelfällen der Kritik der Verteidigung.

Björn Hengst beschreibt auf Spiegel Online, dass Zschäpe die Ausführungen mal interessiert, mal gelangweilt verfolge. Als ein BKA-Beamter ausführlich über den Mord an Theodoros Boulgarides berichtete, habe sie so ausgesehen, als würde sie jeden Moment einnicken.

Claudia Wangerin geht in der Jungen Welt auf die Vorwürfe von Rechtsanwalt Yavuz Narin ein, der die Angehörigen von Boulgarides vertritt. Er hatte zuvor den Zeugen und Kriminalbeamten Blumenröther als „inkompetent“ in Sachen Rechtsextremismus bezeichnet. Wangerin sieht für diese Aussage einen „handfesten Grund“: Der Kriminalbeamte habe auf Nachfrage von Narin eingeräumt, dass er im Jahr 2006 auch persönliche Bekannte des verurteilten Rechtsterroristen Martin Wiese und des Münchner Neonazis Norman Bordin im Zusammenhang mit dem Mord vernommen hatte, ohne diese Bekanntschaft als ernsthaften Bezug zur rechten Szene anzusehen.

Auch Per Hinrichs bemängelt in der Welt, dass die Münchner Polizei eine „beängstigend bürokratische Arbeitsweise“ hätte.

Die Pforzheimer Zeitung beschäftigt sich auf Twitter mit dem Angeklagten Carsten S. Die Anwälte von Ralf Wohlleben versuchten demnach, Carsten S.’ Aussagen infrage zu stellen: Sie seien „völlig vage“, mit „fremd- und autosuggestiven Einflüssen.“

 

Carsten S. ist empört, schüttelt den Kopf, redet auf seine Anwälte ein. #nsu

— PZ hautnah (@PZhautnah) October 15, 2013

 

Keine Berichte in türkisch- und englischsprachigen Onlinemedien.