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Von Kosten und Nutzen des NSU-Prozesses – Das Medienlog vom Dienstag, 13. Mai 2014

 

Geladene Zeugen, wartende Juristen,  Straßensperrungen und ein voller Verhandlungssaal 101 im Oberlandesgericht München. Alles war angerichtet in der vergangenen Woche für die Fortsetzung des NSU-Prozesses gegen Beate Zschäpe. Doch der Angeklagten ging es nicht gut – und so fielen drei angesetzte Verhandlungstage einfach aus. Allein dafür würden sich die Kosten auf rund 450.000 Euro belaufen. Bezahlt vom Staat – umsonst. „Das ist der Preis“, rechnet die Thüringer Allgemeine vor.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

In einem Leitartikel spricht Martin Debes von einer „vergeudeten Verhandlungswoche“. Denn an allen drei Tagen war es stets das gleiche Spiel: eine kranke Hauptangeklagte und ein unsicherer Richter, der mit der Situation überfordert wirkte, schreibt Debes. „Statt klare Entscheidungen zu treffen, wurden die mehr als 100 Beteiligten jeden Morgen wieder ins Gericht bestellt, nur um dort stundenlang herum zu sitzen.“

Das sei ärgerlich und teuer. Zudem verfestige sich dadurch das Bild, dass das Verfahren nicht wirklich in Gang komme. Der schon ein Jahr dauernde Mammut-Prozess bringe keine Ergebnisse – bei vielen habe sich dieses Vorurteil schon gebildet. Doch das sei falsch – schreibt Debes.  Die Fakten: Zehn Morde seien fast abgearbeitet, die 14 Raubüberfälle noch nicht, ebenso der Bombenanschlag in Köln. „Auch wenn manche Verzögerung durchaus vermeidbar wäre, auch wenn es zornig macht, dass die Hauptangeklagte ihre Schweigerecht nutzt und auch wenn die erinnerungsfaulen Neonazis nerven: Dies ist der Preis, den eine Gesellschaft zu zahlen hat, aus deren Mitte der NSU kam.“

Doch was hat der Prozess bisher der Gesellschaft gebracht? Aufklärung? Sensibilisierung? Einen Lerneffekt? Thies Marsen vom Bayerischen Rundfunk fasst es in einem Wort zusammen: nichts. Er gibt zu, diese Meinung ist pessimistisch, doch „während sich alle Augen auf den NSU-Prozess und die „Nazi-Braut“ Beate Zschäpe richten, ist die Neonazigewalt im Land ungebrochen, werden weiter Migranten, Antifaschisten, Punks angegriffen, horten Rechtsextreme Waffen und Sprengstoff.“ Seltener passe das Bild der drei Affen besser: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Dabei müsse man auf dem rechten Auge hellwach sein.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 14. Mai 2014.