Die Medien haben sich unter anderem mit den Aussagen des Zeugen Günter B. und seines Sohnes beschäftigt, die offenbar in dem Moment am Transporter des Blumenhändlers Enver Şimşek vorbeifuhren, als dieser ermordet wurde. Weiteres Thema war die Witwe des Ermordeten, Adile Şimşek, die sich bei Andreas H. bedankte. H. hatte Enver Şimşek entdeckt und erste Hilfe geleistet – das Opfer war später im Krankenhaus gestorben.
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Die Prozessberichte sind unter anderem nachzulesen in der Stuttgarter Zeitung („Über unsichere Zeugen und verblätterte Akten“), der Thüringer-Allgemeinen („Das ‚Herzensanliegen‘ der Adile Şimşek“), auf ZEIT ONLINE mit („Enver Şimşeks Frau will Danke sagen“), der taz („Blutige Pflanzen, umgestürzte Kübel“), der Berliner Zeitung, sowie der Frankfurter Rundschau (gleicher Text).
Für Helmut Buchholz von den Stuttgarter Nachrichten ist Adile Şimşek eine beeindruckende Frau. Sie habe all ihre Ängste überwunden und sich die Details über die Ermordung ihres Mannes angehört, damit sie dem Zeugen Andreas H. danken konnte. Durch H.’s Hilfe habe Adile Şimşek sich noch von ihrem Mann verabschieden können. Ebenfalls beeindruckt war der Autor davon, dass Şimşek trotz der jahrelangen falschen Verdächtigungen durch die Ermittler das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht verloren habe.
Annette Ramelsberger befasst sich in der Süddeutschen Zeitung vor allem mit der Situation der Familie Şimşek und beschreibt, wie die Ermittler auch durch Lügen die Loyalität der Witwe zu ihrem Mann brechen wollten.
„Der einzige Zeuge“: Die Erinnerungen von Günter B. stimmen nur noch teilweise mit dem überein, was er im Jahr 2000 nach den Morden bei der Polizei ausgesagt habe, stellt Gisela Friedrichsen bei Spiegel Online fest. Sie nennt ein Beispiel: Vor Gericht habe B. zwar wiederholt, dass er zwei Männer am Transporter gesehen habe. Damals habe er jedoch ausgesagt, ein Mann hätte einen Fuß auf die Trittkante der Seitentür des Transporters gesetzt und mit der rechten Hand eine Bewegung ins Wageninnere gemacht. Vor Gericht sagte B. dagegen nun, die beiden Männer seien schnell vom Transporter weggegangen. 2007 wiederum, als der Zeuge anlässlich der Ermittlungen gegen Drogenhändler nochmals befragt wurde, habe er von zwei Männern südländischen Aussehens gesprochen.
„Diese Änderung der Aussage lag vermutlich daran, dass die Polizei auch im Fall Şimşek seit Jahren im Milieu der organisierten Kriminalität und der Bandenkriminalität ermittelte. Die Fragen der Ermittler hatten daher eine bestimmte Zielrichtung“, kommentiert Friedrichsen.
„Das unverschämte Glück der kaltblütigen NSU-Mörder“, titelt Hannelore Crolly in der Welt. Die Täter hätten, so verquer es sei, Glück gehabt, dass sie nicht schon beim ersten Mord aufgeflogen seien. Wären der Zeuge Günter B. und sein Sohn nicht vorbeigefahren, hätte die Mordserie schon früher beendet werden können, schreibt Crolly.
Einen Bericht über den 21. Verhandlungstag gab es auch auf dem türkischen Nachrichtenportal Haber3.
Schon gestern Nachmittag berichteten viele Medien außerdem über Recherchen des MDR, bei denen herauskam, dass der Thüringer Verfassungsschutz den inzwischen Angeklagte Carsten S. 2001 offenbar als V-Mann anwerben wollte.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, den 12. Juli.