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Pastillen von der Plaudertasche – das Medienlog vom Montag, 12. August 2013

 

Bis zum fünften September ist der NSU-Prozess in der Sommerpause. Auch nach mehr als 30 Verhandlungstagen sei das Interesse von Besuchern und Medien „erstaunlich konstant“, so SWR-Korrespondent Holger Schmidt. Dies zeigt sich auch in der fortwährenden Berichterstattung, die auch am Wochenende nicht nachließ. In den Berichten geht es dabei erneut um Beate Zschäpe und ihr Auftreten vor Gericht.

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Für Hannelore Crolly ist die Hauptangeklagte trotz ihres Schweigens eine Plaudertasche (Welt: „Das Schweigen der Plaudertasche Beate Zschäpe“). Die Autorin macht das unter anderem an ihrem Verhalten im Gerichtssaal fest: „Sie verteilt Minzpastillen, schäkert, runzelt die Stirn, deutet in Akten, fuchtelt, protestiert.“ Zschäpe sei selbstbewusst und schick, distanziert und interessiert zugleich, teilnehmend und doch innerlich unbeteiligt an den Taten. Die Autorin mutmaßt: „Entweder kann sie sich perfekt verstellen – nach 13 Jahren im Untergrund nicht ausgeschlossen. Oder sie kann unglaublich gut verdrängen.“

Anschließend geht die Autorin auf die Rolle ein, die Zschäpe bei den NSU-Morden gespielt haben könnte und kommt zu dem Schluss: „Sie war nicht ahnungslos, sie war eine bekennende Rechte, sie verwaltete das Geld aus den Banküberfällen. Es ist weltfremd zu glauben, sie habe nicht gewusst, was die beiden Uwes trieben.“

Mit dem Prozessverlauf befasst sich Igor Below für die Stimme Russlands. Als Besonderheit des Prozesses stellt er heraus, dass die Verbrechen nicht chronologisch verhandelt werden. Stattdessen würde der Prozess zwischen Tatkomplexen hin und her springen. Zur Beweisaufnahme zieht Below folgende Zwischenbilanz: „Auf alle Fälle steht fest, dass im ersten Viertel dieses Mammutprozesses keine konkreten Hinweise auf ihre (Zschäpes) direkte Beteiligung an den Morden aufgetaucht sind.“

Auch Karl Huber, Präsident des Oberlandesgerichts München, zieht eine erste Bilanz – und stellt den Medien schlechte Noten aus. Bestimmte Pressevertreter hätten das Verfahren von Anfang an skandalisieren wollen, schreibt er in der Welt am Sonntag. Huber kritisiert, dass Justiz und Gerichtsverfahren von einigen Medien als Stoff für Unterhaltung angesehen werden und sich Realität und Reality-TV vollkommen vermischen.

Keine Berichte in türkisch- oder englischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, dem 13. August.