Das Interesse der deutschsprachigen Medien am Prozess ist nach der Sommerpause nach wie vor groß – sie berichteten ausführlich über den 33. Verhandlungstag: Annette Rammelsberger von der Süddeutschen Zeitung legt den Schwerpunkt ihres Berichts auf den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße („Ein Mann mit Baseballkappe schiebt die Bombe“), im Bericht des Neuen Deutschland geht es neben dem Prozesstag auch um Ergebnisse des NSU-Untersuchungsausschusses („Erholt auf Wahrheitssuche“).
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Für Mirko Weber von der Frankfurter Rundschau läuft der Prozess schleppend an. Prozessberichte gibt es auch in der WAZ, der Thüringer-Allgemeinen und in der Welt („Mysteriöses Treffen von Holger G. mit Beate Zschäpe“).
„Bilder mit Botschaft“: Zwei Videos wurden am 33. Verhandlungstag gezeigt: Einerseits eine Fernsehsendung von 1998, in der es um einen Koffer mit einer Rohrbombe ging und Fahndungsfotos von den Untergetauchten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zu sehen waren. Der zweite Film war das Überwachungsvideo vom Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße.
Dass die Videos hintereinander gezeigt wurden, ist für Frank Jansen vom Tagesspiegel eine subtile Kritik an der Polizeiarbeit. „Der Richter kritisiert die Polizei mit keinem Wort. Doch seine Dramaturgie ist vielsagend“, schreibt er. Die Botschaft der beiden Filme wirke eindeutig: „Nach dem Anschlag in Köln hätte die Polizei bei der Suche nach Tatverdächtigen zwingend auch den Blick auf abgetauchte Personen richten müssen, die durch Sprengstoffbesitz und Bombenbau aufgefallen waren.“
Für die Deutsche Welle beschreibt Marcel Fürstenau ebenfalls die Fernsehsendung von 1998: „Eine LKA-Beamtin bestätigt in der TV-Sendung den Eindruck der Moderatorin, dass die Gewaltbereitschaft im rechtsextremen Milieu gestiegen sei. Diese im NSU-Prozess gezeigte Filmsequenz wirkt mit dem Wissen von heute besonders beklemmend.“
Auf den englischsprachigen und türkischsprachigen Seiten der Deutschen Welle gibt es eine kurze Zusammenfassung des Prozesstages.
Claudia Wagnerin verweist in der Jungen Welt darauf, dass die Anwälte Holger G.´s Anfang Mai in einer Pressemitteilung angekündigt hatten, dass G. im Prozess aussagen wird: „Das schweigende „Nesthäkchen“
Tom Sundermann stellt auf ZEIT ONLINE fest, dass im Prozess schnell klar geworden sei, dass sich Holger G. bei seinen Äußerungen mehrmals widersprach und unglaubwürdig wirkte. Für Sundermann ein möglicher Grund dafür, dass sich G. dafür entschied, sich nicht vernehmen zu lassen. Auch Richter Götzls wiederholte Versuche, G. zu einer Aussage zu bewegen, deuteten darauf hin, dass Götzl an G.s Unwissenheit über die Motive des Trios zweifelt.
Gisela Friedrichsen fasst für Spiegel Online zunächst die Stellungnahme der Nebenkläger zum Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses zusammen, in dem die Nebenkläger „institutionellen Rassismus“ kritisierten. Friedrichsen wiederum bemängelt, dass ignoriert werde, dass „eine ganze Reihe von Hinweisen“ aus dem Umfeld der Opfer gekommen seien. Anschließend geht Friedrichsen auf den Mord an Ismail Yaşar ein. Dazu wurde eine Zeugin gehört, die möglicherweise die Täter beobachtet hatte. Die Zeugin schilderte, dass einer wie ein „südländischer“ Typ gewirkt habe – mit leicht gebräunter Haut und starkem Bartwuchs. „War das auch schon wieder rassistisch?“, fragt Friedrichsen.
Die Autorin kritisiert außerdem, dass das Überwachungsvideo aus der Kölner Keupstraße ohne Erläuterungen gezeigt wurde: „Kein Ermittler lenkte erklärend die Blicke der Zuschauer, die die Aufnahmen zum ersten Mal sahen, auf das Wesentliche. Who is who? Niemand wies auf Bemerkenswertes hin.“
Der Mord an Ismail Yaşar und die Aussage der Zeugin ist auch Thema in der Europa-Ausgabe der Sabah. Die türkischsprachige Zeitung titelt: „Ich habe die Mörder gesehen„.
„Die Meinung über Richter Götzl hat sich um 180 Grad gedreht“, stellt Helene Bubrowski in der Frankfurter Allgemeinen fest („Richter Götzl bleibt sich treu“). Anfangs heftig kritisiert, erntet er nun Lob von allen Seiten. Die Autorin beschreibt, wie Götzl den Prozess führt und nennt Beispiele. Götzls Aktenkenntnis etwa sei beeindruckend: „Er hat den Prozessstoff, der etwa 280.000 Seiten umfasst, bis ins Detail parat.“
Die türkische Tageszeitung Hürriyet hebt hervor, dass Beate Zschäpe „mit dem Spitznahmen Nazi-Braut“ über die (Fahndungs)-Fotos gelacht habe. Das Lachen Zschäpes steht ebenfalls bei bild.de im Vordergrund.
Das nächste Medienlog erscheint am Samstag, den 7. September 2013.