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Zähe Befragung eines V-Manns – das Medienlog vom Donnerstag, 5. Dezember 2013

 

Am 63. Verhandlungstag hat der V-Mann Benjamin G. ausgesagt, der von dem ehemaligen Verfassungsschützer Andreas T. geführt wurde. Nach Meinung von Gisela Friedrichsen von Spiegel Online war der Satz „Soweit ich mich erinnere, weiß ich davon nichts“ prägend für den Verhandlungstag. Die Medien berichten insgesamt von einem zähen Verhandlungstag und vielen Erinnerungslücken des Zeugen.

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Friedrichsen kommentiert: „G. und T. geben Anlass zu der Frage, wie der Verfassungsschutz seinen Aufgaben mit solchen Mitarbeitern auch nur halbwegs gerecht werden wollte.“ Die ausführliche Beschäftigung mit den beiden Zeugen würde jedoch ein Licht auf die Rechtsradikalenszene mit Gruppen wie „Sturm 18“ oder „Bluthunde“ werfen. Und nicht nur das: Offenbar soll „den Verschwörungstheoretikern, die immer wieder von einer Verstrickung des Verfassungsschutzes in die NSU-Morde munkeln, der Wind aus den Segeln genommen werden“, mutmaßt die Autorin.

Jedoch, für Verschwörungstheorien biete das Verhältnis zwischen T. und G. reichlich Stoff, so wie viele andere Details der Ermittlungen, kommentiert Tom Sundermann auf ZEIT ONLINE die letzten beiden Prozesstage. „Auch die Anwälte der Nebenklage scheuen sich mittlerweile nicht mehr, die These vom sogenannten Tiefen Staat in den Prozess einzustreuen, der angeblich über den Gesetzen stehe.“

Dass der Fall Stoff für Verschwörungstheorien bietet, ist auch für Patrick Gensing, der für das Blog Publikative.org schreibt, „kein Wunder“. Aber: „Einen handfesten Beweis gegen T. gibt es weiterhin nicht. Möglich, dass er den Mord sehr wohl beobachtet hat, aber seine Anwesenheit verheimlichen wollte. Nicht ausgeschlossen, dass alles Zufall ist. Für viele Beobachter, auch für mich, erscheinen es etwas viele Zufälle, was aber lediglich Zweifel legitimiert, keine Verurteilung.“

Die Aussage G.s beschreibt Julius Jasper Topp in der Thüringer Allgemeinen: „Er stimmte auf Nachfrage und sehr zögerlich den Fragen des Richters zu, allerdings immer erst, wenn dieser ihm eine entsprechende Stelle aus der Vernehmung vorhielt. Götzl musste oft mit Nachdruck fragen, ob das Protokoll der Vernehmung nun stimme oder nicht. Benjamin G. antwortete dann erst ausweichend und sagte dann, es müsse wohl so gewesen sein, seine Erinnerung sei weg.“

Während der Verhandlung sei die Frage aufgekommen, wer den Rechtsbeistand von Benjamin G. eigentlich bezahlt, schreibt Per Hinrichs in der Welt. Der Anwalt Volke Hoffmann sei G. schon früher vom Verfassungsschutz zur Seite gestellt worden. Die Frage des Nebenkläger-Anwalts Sebastian Scharmer, ob das auch diesmal der Fall sei, sei jedoch unbeantwortet geblieben. Hinrichs kommentiert: „Die Konstruktion ist rechtlich angreifbar: Sollte sich in der Verhandlung herausstellen, dass das Aussageverhalten des Zeugen dadurch beeinflusst wird, dass der ‚Beistand nicht nur den Interessen des Zeugen verpflichtet erscheint‘, kann er nach Paragraph 68b der Strafprozessordnung vom Verfahren ausgeschlossen werden.“

Dass der Verfassungsschutz G. einen Rechtsbeistand stellt, sei aus Sicht des Geheimdienstes nachvollziehbar, da G. keine Fragen beantworten soll, die er nicht beantworten muss, stellt Patrick Gensing auf Publikative.org fest. Jedoch: „Aus der Perspektive der Nebenkläger dürfte es nur schwer zu verstehen sein, warum der Verfassungsschutz zunächst die Ermittlungen behinderte und nun einen Anwalt stellt, der die Aussage eines Neonazi-V-Manns möglicherweise ausbremst.“

Wie schon am gestrigen Verhandlungstag protokolliert Ismail Erel die Aussage des Zeugen in der türkischsprachigen Sabah. Dadurch werden unter anderem die Erinnerungslücken des Zeugen deutlich und dass der Anwalt G.s immer wieder in der Befragung interveniert. Unter anderem hätte sich der Nebenkläger-Anwalt Adnan Menderes Erdal über die Hilfe des Anwalts beschwert, schreibt Erel.

Die hessische Landesregierung müsse die Aussage-Genehmigung für den V-Mann erweitern, fordert Christoph Scheffer im Hessischen Rundfunk. Sonst würden sich der heutige Ministerpräsident Volker Bouffier und sein Innenminister Boris Rhein erneut dem Vorwurf aussetzen, die Aufklärung eines NSU-Mords zu behindern. Der Autor kommentiert weiter: „Das Verhalten des Verfassungsschützers T. und die vielfältigen Kontakte seines V-Manns G. in die Kasseler Neonazi-Szene bleiben dubios und bieten Anlass für Spekulationen und Verschwörungstheorien. Wenigstens der Versuch muss möglich sein, durch eingehende Befragung des V-Manns für Klarheit zu sorgen. Eine Forderung übrigens, die in den laufenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU auch die Grünen noch einmal erheben könnten.“

Im Prozess werde sichtbar, was den mörderischen Rassismus der Terrorzelle befördert habe, resümiert Frank Jansen im Tagesspiegel: „Den erschossenen Migranten traute die Polizei, aber offenbar auch die sogenannte deutsche Mehrheitsgesellschaft, trotz fehlender Beweise eine kriminelle Verstrickung zu.“ „Pannen“ wie die Schredderung von Akten haben nach Jansens Ansicht vor allem das Misstrauen der in Deutschland lebenden Türken in die Arbeit der Sicherheitsbehörden verstärkt. „Der Prozess hingegen und vor allem die Akribie von Richter Götzl scheinen dem entgegenzuwirken“, so Jansen. Als ein positives Zeichen sieht Jansen ebenfalls, dass die Polizei die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung anhand Tausender Fälle prüfe.

Keine Berichte in englischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 6. Dezember 2013.