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Das Chaos lichtet sich, zumindest ein bisschen – das NSU-Medienlog vom 17. Mai 2013

 

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

„Die Rollensuche der Zschäpe-Verteidiger“: Eine erste Bilanz des NSU-Prozesses zieht Giesela Friedrichsen auf Spiegel Online: „Dem Vorsitzenden Manfred Götzl ist es gelungen, das zunächst chaotisch und kaum zu bewältigen erscheinende Verfahren unter den gegebenen Umständen soweit wie möglich zu strukturieren“, schreibt sie.

Die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe behandele das Gericht jedoch zuweilen wunderlich, kommentiert Friedrichsen. Noch nicht endgültig verteilt seien die Rollen der Zschäpe-Verteidiger untereinander: „Wer ist der Boss? Keiner? Sind oder fühlen sie sich wirklich alle gleichberechtigt? Wer spricht als erster?“

„Verurteilt vor dem Urteil?“: Im Bayrischen Rundfunk kritisiert Stefan Schölermann die Berichterstattung zum NSU-Prozess: „Viele von uns Journalisten, die sich an diesem Thema abarbeiten, haben bei der Alltagsarbeit bewusst oder unbewusst tief in die Vorurteilskiste gegriffen.“ Dabei gehe es nicht nur um Schlagzeilen wie „der Teufel hat sich schick gemacht“, wie die Bild-Zeitung am ersten Prozesstag titelte.

 

 

„Es geht aber auch eine Nummer kleiner: Die seit Prozessbeginn stereotyp wiederholte Formulierung von der angeblichen „Verschleppung“ des Verfahrens durch das viel zitierte „Antragsgewitter“ von der Verteidigerbank zeugt in ihrer Einseitigkeit von einem gerüttelt Maß an Oberflächlichkeit“, kommentiert Schölermann. Und weiter: „Wer dieses ständig wiederkäut, rückt die Verteidiger nicht nur in ein unverdient schlechtes Licht, sondern erzeugt ein Klima, das den Advokaten die Wahrnehmung ihrer für das Strafverfahren zentralen Rolle unnötig erschwert.“

Schölermann hoffe, dass mit dem Beginn der Beweisaufnahme auch die Sachlichkeit zurückkehre. „Bei den Akteuren im Gerichtssaal und bei uns Journalisten, die diese Akteure beobachten“

„Die Banalität des Bösen hat ein neues Gesicht“ titelt das US-Nachrichtenmagazin Time über den NSU-Prozess in München. In Anbetracht der Geschichte Deutschlands sei die Blindheit gegenüber Rechtsextremismus ein brisantes Thema, schreibt das Magazin. Zudem seien durch die „Blindheit für Fremdenhass, beabsichtigt oder nicht“ viele der über drei Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland schmerzlich an ihren Außenseiter-Status in Deutschland erinnert worden. „Es ist traurig, dass die Türkische Community, von denen einige seit drei Generationen Deutsche sind, noch immer als „Ausländer“ bezeichnet werden“, zitiert das Magazin den Journalisten David Crossland.

Überflüssige Anträge: Über den Wunsch der Zschäpe-Verteidigung die Staatsanwälte austauschen zu lassen, schreibt die türkische Tageszeitung Sabah. Staatsanwalt Herbert Diemer habe den Antrag als überflüssig bezeichnet. Die Zeitung zitiert Diemer so: „Ohnehin würde es die Verhandlung nicht verlängern, wenn die Staatsanwälte zurücktreten. Selbst wenn wir vier morgen bei einem Autounfall sterben würden, würde der Prozess nicht ins Wasser fallen.“

Über das schwindende Interesse in der Türkei am NSU-Prozess, berichtet Ayca Tolun im WDR.

 

Der NSU-Untersuchungsausschuss kam am Donnerstag zu seiner letzten öffentlichen Sitzung zusammen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse in den tagesthemen.

„Eine erschreckende Bilanz“ resümiert Wolf Schmidt in der taz und benennt zehn Ergebnisse des Untersuchungsausschusses: Unter anderem hätten den Geheimdiensten genug Hinweise vorgelegen aus denen sie hätten schließen müssen: „Die drei Neonazis sind in Sachsen und bilden im Untergrund eine bewaffnete Bande.“ Außerdem habe es Hinweise auf ein Versteck des Trios gegeben. Wolf Schmidt kommentiert: „Die Polizei erfuhr von all dem jedoch nichts. Die Dienste – allen voran der Thüringer Verfassungsschutz – behielten es für sich. Geheimschutz ging vor Menschenschutz.“

 

 

Vorbildlich ging der NSU-Untersuchungsausschuss vor, genau deshalb habe er den Staat erschüttert, kommentiert Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung. „Das Vertrauen vieler Bürger in ihre Politiker ist ja nicht unbedingt riesig, auch die Ehrfurcht vor dem Parlamentsbetrieb hält sich in Grenzen. Wer jedoch erlebt hat, wie engagiert und energisch der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags in den vergangenen Monaten arbeitet, möchte sich vor diesen Abgeordneten glatt verneigen“, schreibt Schultz. Der Ausschuss habe viele Vorurteile widerlegt. „Vor allem den Vorwurf, den Politikern seien der Parteienstreit und das Ringen um Macht wichtiger als das Gemeinwohl und ein Ringen in der Sache“, kommentiert Schultz.

 

Das Nächste Medienlog zum NSU-Prozess erscheint am Dienstag, 21. Mai 2013