Der NSU-Prozess hat mit Unterbrechungen und Verschiebungen begonnen: Das Oberlandesgericht München hat die Verhandlung nun bis zum 4. Juni vertagt, um über verschiedene Anträge zu entscheiden. Schon kurz nach dem Prozessbeginn hatte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl eine Woche Pause verfügt. Warum solche Pausen sein müssen und es ein erwartbarer Auftakt war, erklärt Jost Müller-Neuhof, rechtspolitischer Korrespondent des Tagesspiegels, im Interview.
ZEIT ONLINE: Herr Müller-Neuhof, was macht das Gericht eigentlich in der Prozesspause?
Jost Müller-Neuhof: Der Prozess hat keine Pause, und das Gericht hat sie ohnehin nicht; es stehen derzeit nur keine Termine für die Fortsetzung der Hauptverhandlung an. Mit der weiteren Planung und Vorbereitung des Verfahrens ab Juni dürfte der Senat mehr als genug zu tun haben. Ohnehin ist der NSU-Prozess mit seinen drei geplanten Sitzungsterminen pro Woche an aufeinanderfolgenden Tagen eher eng getaktet.
ZEIT ONLINE: Nach dem ersten Verhandlungstag unterbrach das Gericht den Prozess für eine Woche, um die Befangenheitsanträge zu prüfen. Warum hat das so lange dauert?
Müller-Neuhof: Weil das Gericht solche Anträge ernst nimmt und nicht mit einem Handstreich vom Tisch wischen will. Geschehen hier Fehler, wird der Bundesgerichtshof sie finden, wenn er das spätere Urteil prüfen sollte. Das will man nicht riskieren.
ZEIT ONLINE: Ist ein holpernder Prozessbeginn normal?
Müller-Neuhof: In einem solch aufwendigen Verfahren ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich die Verlesung der Anklage oder der Eintritt in die Beweisaufnahme verzögert. Befangenheitsanträge beispielsweise dürfen nur gestellt werden, solange der erste Angeklagte im Verfahren noch nicht vernommen worden ist.
Es war folglich ein Auftakt, wie man ihn erwarten durfte – viel Gerangel um Formales, weniges zur Sache. Aber das Gericht zeigt ein deutliches Bemühen, voranzukommen. Gemessen an den Querelen im Vorfeld um die Sitzplätze von Journalisten und Vertretern des türkischen Staates könnte man dem Prozess sogar einen gelungenen Start attestieren.
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