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„Deutschlandpakt“ als Auslaufmodell

 

Heute vor drei Jahren haben NPD und DVU ihren „Deutschlandpakt“ verkündet. Seitdem konnte die NPD ihre Führungsrolle in der rechtsextremen Bewegung ausbauen. Die DVU versucht hingegen, ihren Untergang aufzuhalten und braucht dafür dringend einen Wahlerfolg.

Das Kräfteverhältnis im rechtsextremen „Deutschlandpakt“ spiegeln aktuelle Zahlen aus Brandenburg gut wider: Laut einer Umfrage liegt die DVU, immerhin vertreten im Landtag, bei nur einem Prozent. Die NPD, die zurzeit ihre Strukturen in dem Bundesland erst aufbaut, hingegen bei vier. Ziel der NPD sei es, bei den Kommunalwahlen 2008 möglichst in alle Kreistage einzuziehen und dabei die Basis für den Sprung in den Landtag zu schaffen, meint der Verfassungsschutz. Die NPD selbst verkündet: “Die erfolgreiche Verankerung der NPD auf der kommunalen Ebene ist das Fundament für den Erfolg schlechthin.” NPD-Landeschef Klaus Beier will die Absprache mit der DVU aber einhalten, zumindest offiziell weist er zurück, dass seine Partei zur Landtagswahl 2009 gegen die DVU antreten wolle.

An dem Beispiel Brandenburg lässt sich auch ablesen, wo die Stärken und Schwächen der rechtsextremen Parteien liegen: Während die DVU-Fraktion im Landtag von dem Verleger Gerhard Frey aus München ferngesteuert wird und bis auf Wahlkampfzeiten öffentlich praktisch nicht wahrnehmbar ist, baut die NPD systematisch ihre aktionsorientierte Basis aus. Im Gegensatz zur Phantompartei DVU will die NPD in den Alltag und die Mitte der Gesellschaft eindringen. Davon kann bei der DVU keine Rede sein. Und sollte Patriarch Frey, Jahrgang 1933, sich von seinem Amt zurückziehen, wird die Partei wahrscheinlich endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinken. Denn ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

Letzte Chance: Hamburg

Auch die aktuellen Wahlkämpfe in Niedersachsen und Hamburg zeigen die Unterschiede zwischen den Parteien im „Deutschlandpakt“. Zwar verfügt die DVU über einen beträchtlichen Wahlkampfetat in der Hansestadt, doch durch öffentlichkeitswirksame Aktionen fällt sie nicht auf. Sie setzt erneut auf tausende Plakate und Postwurfsendungen. Die Parolen sind immer die gleichen und haben kaum einen regionalen Bezug. Dennoch hofft die Partei auf den Einzug in die Bürgerschaft, denn in Hamburg gibt es ein beträchtliches Wählerpotenzial für rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien. Die Debatte über Jugendkriminalität könnte der DVU dabei noch in die Hände spielen.

Die NPD tritt zur Landtagswahl in Niedersachsen an. Spitzenkandidat Andres Molau, ein ehemaliger Waldorflehrer, war es im Vorfeld zunächst gelungen, die tobenden Grabenkämpfe in der rechtsextremen Bewegung Norddeutschlands vorerst zu beruhigen. Er gewann Neonazi-Kader, die der NPD sonst eher distanziert gegenüberstanden, für sich und schuf somit eine aktionsfähige Basis. Er legte zudem ein Wahlprogramm vor, welches über die üblichen Parolensammlungen von NPD und DVU hinausgeht. Inhaltlich stimmte Molau seine Forderungen auf Niedersachsen ab, setzte auf Naturschutz, Mittelstandsinteressen und sein Lieblingsthema Schulpolitik; alles auf die völkische Ideologie getrimmt.

Kampagnenfähigkeit bewiesen

Der NPD-Wahlkampfauftakt im September im Congress Centrum zu Hannover war aus Sicht der NPD ein voller Erfolg. Die gesamte Parteispitze sowie mehrere hundert Anhänger bejubelten die Rede Molaus, die Presse berichtete erstaunt über die disziplinierte Veranstaltung. Doch vom ausgegebenen Ziel „sechs Prozent plus x“ lag und liegt die NPD weit entfernt. In Umfragen läuft sie unter „Sonstige“, die gemeinsam zuletzt auf vier Prozent kamen. Aber selbst wenn die NPD zwei bis drei Prozent der Stimmen einfahren, wäre dies ein beachtlicher Erfolg. Denn damit strichen die Neonazis erneut staatliche Mittel in beträchtlicher Höhe ein. Bei den Finanzen zeigt sich ein weiterer Unterschied zur DVU: Während Millionär Frey in Wahlkampfmittel investiert, steht die NPD miserabel da. Trotz der Einnahmen durch die Fraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern droht der Bankrott: Eine Spendenaffäre macht der rechtsextremen Partei zu schaffen.

Obwohl die NPD also nur über begrenzte Ressourcen verfügt, hat sie durch den Wahlkampf in Niedersachsen in einem westdeutschen Bundesland ihre Kampagnenfähigkeit bewiesen; psychologisch und organisatorisch wichtig für kommende Wahlen. Diese Kampagnenfähigkeit lässt sich auch daran ablesen, dass die NPD auf aktuelle Entwicklungen reagiert und ihren Wahlkampf anpasst: Zuletzt kündigte sie an – angespornt von der Debatte über kriminelle Jugendliche – im Wahlkampf wieder stärker auf die Hetze gegen Ausländer setzen zu wollen. Die Rechtsextremisten packten ihre Parole “Kriminelle Ausländer raus” wieder aus und kommentierten die Vorstöße von Hessens Ministerpräsident Roland Koch zufrieden. NPD-Generalsekretär Peter Marx meinte treffend: “Damit macht er letztendlich einen Teil der NPD-Positionen hoffähig.“ Und dies passt den NPD-Strategen genau ins Konzept, verfolgen sie doch eine Meta-Politik: Völkisches Gedankengut soll verbreitet, als akzeptierte politische Position verankert und so der „Kampf um die Köpfe“ gewonnen werden.

DVU gibt Lebenszeichen von sich

Bei der DVU geben sich die Verantwortlichen trotz der NPD-Offensive möglichst unaufgeregt: Man gehe davon aus, dass sich die NPD an die Absprache halte, so DVU-Vize Bruno Wetzel gegenüber tagesschau.de. Doch in der Partei macht sich Nervosität breit: So gab die DVU-Fraktion in Brandenburg im Dezember unerwartet ein Lebenszeichen von sich. Durch fast 100 Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf der Landesregierung wollte die DVU die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich lenken. Die SPD kommentierte knapp: “Die DVU sieht ihre Felle davonschwimmen.” Auch Experten und Verfassungsschützer meinen übereinstimmend, dass sich die NPD nicht mehr an die Wahlabsprachen halten wird. Der rechtsextreme „Deutschlandpakt“ wird zum Auslaufmodell.

NPD-BLOG.INFO über den Deutschlandpakt.