Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Gefährliche Netzwerke: „Legion Werwolf Schwaben“ und „Bloodline Streetwear“

 

Harald Frank (3. v. l. o.) und andere (Screenshot fb.com)
Harald Frank (3. v. l. h.) und andere (Screenshot)

„Adolf Hitler Europa Tour 1939 bis 1945“ – weil er solche und ähnliche Sprüche auf T-Shirts druckte wurde der Neonazi Harald Frank zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Der Gründer der „Legion Werwolf Schwaben“, einer Neonazigruppe mit Rocker-Habitus hatte dem Urteil nach volksverhetzende Motive und Propagandamittel verbotener Organisation3n auf Textilien gedruckt und gemeinsam mit Rechtsterrorist Martin Wiese vertrieben. Er legte Berufung ein, die nun am Landgericht Augsburg verhandelt wurde. Der Schweizer Ableger der „Legion Werwolf“ unterhält Verbindungen zu einem länderübergreifenden Netzwerk gegen das wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wurde.

Frank, Schneeberger und andere (Screenshot indymedia)
Frank, Schneeberger und andere (Screenshot indymedia)

Unter seinem Modelabel „Bloodline Streetwear“ produzierte und vertrieb der Mertinger Beschuldigte Motive wie „Nichtjude/Nichtjüdin“, „Bündnis 33 – Die braunen“, „Wir sind wieder da!!! 5:45“, „Drei gute Gründe gegen Kinderschänder“ mit einem Strang, einer Guillotine und einer Pistole, „88 mm“ mit dem entsprechenden Flakgeschütz, „Nazisupermenschen sind unbesiegbar“ so gesetzt, dass sich vertikal „NSU“ lesen ließ oder „Adolf Hitler Europatour 1939 bis 1945“ mit den Deutschen Invasionsdaten und einem Portrait Hitlers im Stile von bei Rockbands üblichen Tourshirts. Für die Volksverhetzung und die Verbreitung verbotener Propagandamittel, die das Gericht als gegeben ansah, urteilte es auf zwei Jahre und neun Monate Haft. Ein bei der Hausdurchsuchung und Festnahme am 13.11.2013 gefundener Schlagring, Erpressung, Betrug und falsche Versicherung an Eides Statt waren außerdem Gegenstand des Urteils.

Terroristische Kontakte

Harald Frank behauptet, er und seine „Bruderschaft“ seien nicht rechts und nicht rassistisch, er ausgestiegen. Mit Martin Wiese wählte er sich allerdings einen Geschäftspartner, der anderes vermuten lässt. Laut Staatsschutz hat der verurteilte Rechtsterrorist die „Arbeitsteilung vorgegeben“ und beteiligte sich an Vertrieb und Motivwahl.

Nussbaumer und Schneeberger (Photo: Keystone/AP/Julian Feldmann)
Nussbaumer und Schneeberger (Photo: Keystone/AP/Julian Feldmann)

Immer wieder zog es Frank in die Schweiz. Vielleicht auch, weil es in der Schweiz ebenfalls ein Chapter der Legion Werwolf gibt. So posiert Frank auf einem Photo zusammen mit dem Schweizer Jonas Schneeberger und Anderen – allesamt in Klamotten der Legion. Schneeberger musste 2011 als Kandidat der Schweizer Demokraten zurücktreten. Der Grund: Eine Ablichtung zeigt, wie er in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald vor einem Bild ermordeter Juden den Arm zum Hitlergruß erhebt. 2012 berichtet das Antifaschistische Infoblatt von einer Verbindung zwischen ihm und dem Waffenschmuggler Sebastien Nussbaumer, welcher im gleichen Jahr nach einem misslungenen Mordversuch an einem anderen Neonazi in Zürich bewaffnet nach Hamburg flüchtete und dort festgenommen wurde. SPIEGEL.TV schreibt ihm eine Führungsrolle im länderübergreifenden Netzwerk Kommando Werwolf zu. Es wird vermutet, dass sich Nussbaumer nach der Schießerei zu seinen norddeutschen militanten Kameraden der Weisse Wölfe Terrorcrew absetzen wollte.

Strafbarkeit des Szenecodes „88“ bleibt ungeklärt

Auch Harald Frank wollte sich, wie die Telefonüberwachung ergab, bei erneuter Repression absetzen – in die Schweiz oder nach Norwegen. Das brachte ihn in U-Haft.

Diese wird nun möglicherweise länger andauern als die im Urteil zu erwartende Strafe. Zwischen dem ersten und zweiten Prozesstag am 20. Februar ist dem Gericht nämlich aufgefallen, dass schon das Amtsgericht in der ersten Instanz gar nicht zuständig war. Vor die Wahl gestellt, das erstinstanzliche Urteil zu akzeptieren oder das Risiko einzugehen, seine letztendliche Haftdauer zu verlängern, gibt der Beschuldigte sich trotzig: „Akzeptieren werde ich das Urteil garantiert nicht.“ Also wurde das Verfahren an die Staatsschutzkammer am Landgericht in München verwiesen, wo es von neuem beginnen wird. Die Entscheidung beruht sicher auch auf einer Überlegung des Verteidigers Frank Miksch. Wie Endstation Rechts Bayern berichtet sah das Amtsgericht bei dem Motiv „88 mm“ in Verbindung mit dem abgebildeten Geschütz erstmals strafbegründend „eine Gewaltverherrlichung und einen Aufruf zur gewaltsamen Durchsetzung der Politik Adolf Hitlers“ verwirklicht. Der Szeneanwalt möchte einer Rechtskraft dieser neuen Rechtsauffassung entgegenwirken.