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Vom Feuerwehrchef zum Holocaustleugner?

 

Als Beamter leitete Klaus Schäfer die Dortmunder Feuerwehr, in seiner Freizeit umgab er sich mit Neonazis. Nun steht er vor Gericht. Er soll den Holocaust geleugnet und gegen Flüchtlinge gehetzt haben.

Von Roland Kaufhold

Klaus Schäfer: Vom Feuerwehr-Chef zum Holocaust-Leugner?
Der frühere Dortmunder Feuerwehrchef Klaus Schäfer © Roland Kaufhold

Klaus Schäfer war eine Größe in Dortmund: Er war Chef der Feuerwehr, zwölf Jahre lang gehörte er der SPD an. Schluss mit dem Image war, als bekannt wurde, dass der hohe Beamte ein Doppelleben führte. Er trat bei Neonazikundgebungen auf, sprach von Schwarzen, die man „zwar nicht ersaufen lassen“ wolle, die man danach jedoch unverzüglich an die Küste „verbringen“ werde – ein Ausdruck, der sich durchaus als Aufruf zur Deportation Werten ließe.

Der Verfassungsschutz entdeckte seine Onlineaktivitäten. Die Geheimdienstler fanden heraus, dass Schäfer von 2011 bis 2013 Hunderte fragwürdige Posts bei der 2016 verbotenen Neonaziwebsite Altermedia gepostet hatte. Deshalb steht er nun wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung vor dem Dortmunder Amtsgericht.

„Kulturfremde Kameltreiber“

Über Flüchtlinge postete er, dass man „dieses Lumpenpack“ endlich aus unserem Land herausschmeißen solle, sprach von „kulturfremden Kameltreibern und Eselhirten“. In einem anderen Post raunte er, dass die, die Deutschland die Flüchtlinge „auf den Hals gehetzt“ haben, sich „warm anziehen“ sollten. Außerdem würde er sich freuen, „wenn bestimmte Kreaturen geschmuddelt“ würden – eine Anspielung auf den 2005 von einem Dortmunder Neonazi ermordeten Punker Thomas „Schmuddel“ Schulz.

Im Prozess kommt Schäfer nicht zur Einsicht. Er präsentiert sich als Opfer: Mit Linken könne man nicht reden, das „mündet immer in Schlägereien“. Nach einem WDR-Fernsehbeitrag sei sein Haus im vorigen Jahr dreimal attackiert worden. Mit guter Laune beschreibt er seinen Lebensweg: Früher habe er sich eher der radikalen Linken zugerechnet, heute vertrete er nationale oder rechte Positionen.

Das darf als krasse Untertreibung gelten. In seinen Postings auf Altermedia und Facebook, wegen derer er angeklagt ist, bezog er sich auf eine Äußerung des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels. Demnach glaubten Menschen eine Lüge, wenn diese nur lang genug wiederholt werde. Es sei für den Staat „von lebenswichtiger Bedeutung“, seine Macht für die „Unterdrückung abweichender Meinungen“ einzusetzen. Diese Sprüche sind bei Schäfer keine Ausrutscher: Im November 2016 hatte er bei einer rechtsradikalen Kundgebung an vergleichbare Losungen Goebbels angeknüpft.

Rechte Parolen für Ältere

Er habe, so versucht ihm der Richter eine Brücke zu bauen, „aber schon an die Grenze geschrieben“. Schäfer hält dagegen: Er verstehe sich vor allem als Satiriker und Wortschöpfer. Tatsächlich verfehlen seine rechten Parolen ihre Wirkung nicht. Der Filmemacher Marcus Arndt beschreibt seine Rolle gegenüber dem Störungsmelder so: „Schäfer versteht es, durch seine Rhetorik geschickt älteres Publikum anzusprechen und somit auf die rechte Seite zu ziehen.“

In einem anderen Posting hatte er sich auf die inzwischen in Haft sitzende Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck bezogen: „Eine Märtyrerin“ könne sich „die BRD auf keinen Fall leisten“, sonst könnte möglicherweise ein „Kommando Ursula Haverbeck“ die Verantwortung übernehmen.

Haverbeck hatte behauptet, das Vernichtungslager Auschwitz habe lediglich als Arbeitslager gedient. Zu Auschwitz hat Schäfer ebenfalls eine Meinung. 1980 habe er die Gedenkstätte besucht. In seinen Onlineäußerungen habe er bloß Zweifel zu den technischen Details und der Zahl der Ermordeten geäußert. Vergasungen mit zehn Personen auf einem Quadratmeter seien technisch gar nicht möglich, behauptet er. Den Holocaust stelle er keineswegs in Abrede.

Die Entlassung scheiterte

Bei seinen öffentlichen Auftritten blieb Schäfer lange Zeit unbehelligt. Erst nachdem er im April 2010 bei einem Aufmarsch mit 80 Neonazis in Dortmund demonstriert hatte, war eine Grenze überschritten. Der Stadtdirektor forderte seine Entlassung, Dortmunds SPD-Chef seinen Parteiausschluss.

Zur Parteimitgliedschaft hüllt sich die Dortmunder SPD in Schweigen. Auf Anfrage des Störungsmelders antwortete sie, dass sie „aus Datenschutzgründen“ nicht mitteilen dürfe, ob und wie lange Schäfer Mitglied war. Nach eigenen Angaben trat er im September 2009 aus.

Weiter in der rechten Szene aktiv

Ende April 2010 wurde Schäfer suspendiert. Zuerst wollte die Stadt ihn aus dem Dienst entfernen, danach dienstlich herabstufen. Damit scheiterte die Stadt vor Gericht, weil sie ihm keine verfassungsfeindliche Gesinnung nachweisen konnte. Das Verwaltungsgericht Münster kam 2013 sogar zu der Ansicht, dass er 2010 sämtliche Kontakte zur rechtsextremen Szene abgebrochen habe. Bis zum Ruhestand 2015 blieb er im Dienste der Stadt.

Das Gericht hatte sich wohl geirrt: Noch immer tritt Schäfer bei Neonazikundgebungen auf, Szenekenner rechnen ihn ihrem harten Kern zu. Im Juni 2016 sprach er bei der großen Dortmunder Neonazikundgebung zum Tag der Deutschen Zukunft. Wie er für seine Hasspostings zur Verantwortung gezogen wird, ist noch unklar: Am Dienstag wollte das Gericht seine Facebook-Beiträge als Beweise begutachten – doch den Richtern gelang es nicht, sein Profil in dem Netzwerk aufzurufen.