Strafe für rassistische Beledigungen und eine Kneipenschlägerei: Das Amtsgericht Dortmund verurteilt den Neonazi Sascha Krolzig zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung.
Von Jennifer Marken
Sascha Krolzig, Bundesvorsitzender der neonazistischen Partei Die Rechte, hat mit 32 Jahren bereits eine steile Neonazikarriere gemacht und ein entsprechendes Vorstrafenregister. Bereits im März 2005 hatte Krolzig als 17-Jähriger bei einer Rede in Dortmund die SA-Losung „Alles für Deutschland“ verwendet, was ihm eine sechsmonatige Jugendstrafe ohne Bewährung eingetragen hatte. Im Februar 2018 war der selbsternannte Trauerredner dann wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu einer sechsmonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden: Die Revision soll nach mehrfacher Verlegung am 10. Oktober 2019 vor dem Landgericht Bielefeld stattfinden.
Nun wurde vor dem Amtsgericht Dortmund erneut gegen Krolzig verhandelt. Er war zusammen mit dem Dortmunder Neonazi Matthias D. (27) und Jan-Peter Z. aus dem Umfeld von Die Rechte Bielefeld angeklagt. Krolzig wurde wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Sein Bielefelder Kollege Z. zu 100 Tagessätzen á 30 Euro. Er war noch nicht vorbestraft.
Anlass war ein Vorfall im Dezember 2016 in einer Dortmunder Kneipe. Dort hatte Krolzig zusammen mit den beiden Mitangeklagten gegenüber einem Gast mit ihrer nationalsozialistischen Gesinnung geprahlt und ihn rassistisch und antisemitisch beleidigt. „Scheiß Ausländer“, „Scheiß Neger“ und „Du Halbjude, ich mach dich fertig“, sollen die Angeklagten gesagt haben, berichteten die örtlichen Nordstadtblogger wie auch die Richterin am heutigen Verhandlungstag.
Als der Beleidigte gehen wollte, versuchte Krolzig, ihm einen Bierkrug ins Gesicht zu schleudern. Andere Besucher eilten dem Bedrohten zu Hilfe. Als die Polizei erschien, leisteten Krolzig, Matthias D. und Jan-Peter Z. Widerstand, berichtete die Hammer Lokalzeitung im Dezember 2016. Den von der Polizei angeordneten Platzverweis ignorierten die Neonazis, gegen Krolzigs anschließende Festnahme wehrten sie sich. Daher lautete der Tatvorwurf auch auf versuchte Gefangenenbefreiung.
Die juristische Aufarbeitung darum dauerte lange. Krolzig hat Jura studiert und das erste Staatsexamen abgelegt, wurde aber zum zweiten Staatsexamen nicht zugelassen, da er „unwürdig und charakterlich nicht geeignet“ sei, wie es in der Begründung hieß. Ungeachtet dessen nutzt Krolzig sein Wissen in juristischen Auseinandersetzungen. Krolzig berief sich vor Gericht auf seinen massiven Alkoholgenuss und meinte, dass er sich für die Tat schäme, dass sie seinem Wesen fremd sei.
Die Richterin verwies hingegen auf Krolzigs 15-jährige rechtsradikale Betätigung und auf dessen Vorstrafenregister. Eine Veränderung in seinem Verhalten sei nicht erkennbar, daher sehe sie keine Chance auf eine Bewährungsstrafe. Den hohen Alkoholgenuss benannte sie als strafmindernd.
Auch der Mitangeklagte Matthias D. blickt auf eine längere rechtsextreme Karriere zurück. Beim Verbot der Kameradschaft Hamm sowie des Nationalen Widerstands Dortmund im August 2012 galt er als einer der führenden Köpfe. Im Mai 2015 war er am Überfall auf die Wahlparty im Dortmunder Rathaus beteiligt.
Heute ist Matthias D. für die internationale Vernetzung der Dortmunder zuständig: Im Mai 2017 marschierte er in Paris mit 1.000 Neonazis aus offen gewalttätigen Gruppierungen mit; am Tag zuvor hatte er in Paris als Vertreter von Die Rechte gesprochen. Und im Februar 2019 hielt er auf dem berüchtigten „Tag der Ehre“ in Budapest mit mehreren Tausend Neonazis eine Rede. D. pries darin Hitler als „den bekanntesten und größten Staatsmann der Geschichte, dessen Namen man auch noch in hundert Jahren kennen“ werde, wie das Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus dokumentierte.
Angeklagt war er nun, weil er nach dem versuchten Wurf des Bierglases durch Krolzig einen Zeugen von hinten geschlagen und auf dessen Bein getreten haben soll. Eine Frau wurde nach einem Schlag bewusstlos, D. wurde als Täter benannt. Das Verfahren gegen ihn wurde jedoch aus organisatorischen Gründen abgetrennt und wird am 4. Juli 2019 fortgesetzt.
Leroy Boethel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Arnsberg sagte gegenüber dem Störungsmelder: Die Tatvorwürfe gegen Führungskader von Die Rechte zeigten „wie selbstbewusst und entgrenzt Neonazis in Dortmund auftreten. Bedrohung und Gewalt von Menschen gehören zum Kern ihres politischen Aktivismus“.