Mit antisemitischen Parolen und Bewunderung für eine Holocaustleugnerin beginnt eine rechte Kleinpartei ihren Europawahlkampf. Der Auftakt in Wuppertal wird zum Flop.
Von Jennifer Marken
Zum Auftakt ihres Europawahlkampfes hatte die Kleinpartei Die Rechte schon tiefgestapelt – und sich dann noch unterboten: Mit gerade einmal 200 Anhängern rechnete sie für eine Kundgebung zum Geburtstag Adolf Hitlers im nordrhein-westfälischen Wuppertal. Es kamen 100.
Die Rechte will mitmischen, wenn Deutschland am 26. Mai seine Abgeordneten für das europäische Parlament wählt. Dabei setzt sie auf Stimmen klassischer Neonazis, die mit vermeintlich bürgerlicher Rechtsrhetorik wenig anfangen können. Auf Transparenten bei der Wuppertaler Demonstration zeigten Teilnehmer Parolen wie „Gemeinsam gegen Überfremdung“ und „Israel ist unser Unglück“. Unter den Demonstranten war auch der über die Szene hinaus bekannte Siegfried Borchardt, der 2014 für die Partei in den Dortmunder Stadtrat eingezogen war.
Aus dem Gefängnis ins Parlament?
Stimmen bringen sollen auch scheinbare Märtyrer. Spitzenkandidatin der Partei ist die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Die 90-Jährige sitzt derzeit in Bielefeld eine zweijährige Haftstrafe ab, unter anderem weil sie das Vernichtungslager Auschwitz als reines „Arbeitslager“ bezeichnet hatte. Erst vor Kurzem verurteilte das Landgericht Detmold sie zu weiteren 14 Monaten Haft, zusätzliche Prozesse sind anhängig. In rechtsextremen Kreisen gilt Haverbeck als politische Gefangene.
Eine These, die der Wuppertaler Neonazi Matthias Drewer in seiner Auftaktrede verbreitete. Das Europaparlament sei „kein System, das unserem deutschen Volk zugutekommt“. Haverbeck werde nach der Europawahl „aus der Gesinnungshaft direkt ins Europaparlament“ ziehen. Doch das dürfte selbst im unwahrscheinlichen Falle eines Wahlsiegs nicht passieren. Ein Abgeordnetenmandat hebt keine Gefängnisstrafe auf.
Tatsächlich dürften die Neonazis das Schicksal ihrer Ikone insgeheim eher begrüßen. An der Spitze ihrer Europawahlliste stünden „zahlreiche bekannte Aktivisten des Nationalen Widerstands“, wie Die Rechte auf ihrer Website schreibt – Kandidaten, die im Laufe ihres Lebens „aus politischen Gründen inhaftiert“ worden und somit „ein Beispiel für die politische Verfolgung“ in Deutschland seien.
Tabubruch als Strategie
Die Strategie politischer Tabubrüche scheint dennoch nicht aufzugehen, selbst in Wuppertal, das seit Jahren als eine rechtsradikale Hochburg gilt. Im September 2011 hatte hier ein Dutzend Neonazis mehrere Flohmarktbesucher mit Knüppeln und anderen Waffen angegriffen. Drei Menschen wurden schwer verletzt. Zwei Jahre später wurden vier Neonazis deshalb zu Haftstrafen verurteilt. Einer davon war Matthias Drewer, der die Lobrede auf Ursula Haverbeck hielt.
Wahlplakate der Rechten zeigen neben Haverbeck auch die „Israel ist unser Unglück“-Parole. Für Lenard Suermann von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf ist das der Ausweis einer klaren Strategie: Die Rechte trete vor den Europawahlen „wieder bewusst provokativ mit antisemitischer Hetze in Erscheinung“, wie die Plakate zeigten, die gezielt vor jüdischen Einrichtungen hingen. Die Mobile Beratung beobachte „die Zunahme dieses unverhohlen geäußerten Antisemitismus mit großer Sorge“. Wegen des Israel-Plakats gingen mehrere Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft ein.
Stärker als die Rechtsextremen war der Gegenprotest am Samstag: 400 Menschen demonstrierten im Rahmen eines Ostermarsches. Bei der Abschlusskundgebung der Rechten versagte der Lautsprecher. Die letzte Rede, gehalten von dem wegen Volksverhetzung verurteilten Neonazi Sascha Krolzig, war aus wenigen Metern Abstand schon nicht mehr zu verstehen.