Warum gibt es geisteswissenschaftliche Konferenzen? Ein paar Jahrhunderte lang soll es gerüchteweise darum gegangen sein, dass sich die Fachkollegen in aller Ruhe gegenseitig auf den Stand der Forschung bringen konnten. Seit der aber rund um die Uhr in Facebook-Gruppen diskutiert wird und sämtliche Teilnehmer schon vor der eigentlichen Konferenz wissen, was alle anderen sagen werden, befindet sich das Format in einer tiefen Sinnkrise. Mittlerweile drängt sich der Verdacht auf, dass geisteswissenschaftliche Konferenzen nur noch abgehalten werden, damit die Forscher mal wieder an die frische Luft kommen.
Die Princeton-Dozentin Christy Wampole hat genug. Sie hat alles mitgemacht. Lange hat sie geschwiegen. Jetzt hat sie einen Wutausbruch im Opinionator-Blog der New York Times veröffentlicht, dem wir uns in aller Entschiedenheit anschließen wollen. Wer so viel Zeit auf geisteswissenschaftlichen Konferenzen verbracht hat wie Christy Wampole oder die Kollegen aus dem Kulturressort, dem steigen bei folgender Liste die Tränen der Reue über so viele verschwendete Lebensstunden in die Augen.
Eine kurze Auswahl:
Wir haben versucht, die Abwesenheit einer These oder wenigstens eines einzigen interessanten Satzes in einer 20-minütigen Präsentation zu ignorieren.
Ungläubig hat unser Mund offen gestanden, während ein Sprecher versuchte, eine 30-minütige Rede in ein 20-minütiges Zeitfenster zu pressen, indem er zu schnell redet, um verstanden zu werden.
Wir sind einer von zwei Teilnehmern auf einem Panel gewesen.
Wir haben still gelitten, während jemand seine gesamte Redezeit dafür nutzte, schlicht die Stellen aufzulisten, an denen ein bestimmtes Thema in einem Roman auftaucht.
Wir haben einen Sprecher gefragt, ob er „darauf noch ein bisschen genauer eingehen könnte“ oder „dies noch etwas entfalten“ oder „jenes noch etwas ausführlicher machen“ könne.
Bei besonders schmerzhaften Sessions haben wir Zettel verteilt und empfangen, auf denen stand: „Kill me now.“
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