Musste das wirklich sein? Nach seiner verbalen Entgleisung bei Hart aber fair prasselt jetzt (trotz der Entschuldigung am Dienstagvormittag) Häme auf Joachim Herrmann (CSU) nieder. Hätte der bayerische Innenminister doch im Jahr 2002 die Harald-Schmidt-Show gesehen.
Der Entertainer hat sich bereits 2002 in einer Ausgabe seiner Late-Night-Show auf Sat.1 mit dem Begriff „Neger“ auseinandergesetzt. Was ein wenig kalauerhaft beginnt, wird später zu einer interessanten Lehrstunde – ohne erhobenen Zeigefinger. Es beginnt mit einem Gespräch zwischen Schmidt und seinem Redaktionsleiter Manuel Andrack über das Hochwasser, das zu dieser Zeit (vor allem im Osten Deutschlands) schwere Schäden verursachte – und über die Spendenbereitschaft der Deutschen.
Schmidt: „Du weißt ja wie das ist. Früher, was hab“ ich für die armen Neger gespendet …“
Lachen im Publikum: „Oooooohhohooohooho!“
Schmidt (greift zum Telefonhörer): „Moment mal, ruf mal an. Der hat ‚Neger‘ gesagt. Der muss weg.“
Der Entertainer verwendet das N-Wort in den nächsten Minuten noch mehrere Male. Und ganz nebenbei streifen Schmidt und Andrack auch die Geschichte des Begriffes. Der Philosoph Immanuel Kant wird beispielsweise erwähnt, der immerhin Folgendes schrieb:
„Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“
Dabei ist der Begriff in seinem Ursprung harmlos. „Neger“ stammt eigentlich nur vom lateinischen „niger“ ab und bedeutet „schwarz“. Zum negativen Stigma wurde das Wort erst im Laufe der Zeit. „Nègre“ ist für schwarze Philosophen und Lyriker wie Achille Mbembe folglich keine Farbe, sondern eine Demütigung. Und doch war der Begriff auch in Deutschland lange gebräuchlich: Kinder naschten Negerküsse und sangen das Lied von den Zehn kleinen Negerlein. Ihre Eltern lasen die Bücher von Pippi Langstrumpf vor, deren Vater der Negerkönig von Taka-Tuka-Land war und führten dann große Diskussionen darüber, ob es wirklich nötig ist, den „Negerkönig“ durch „Südseekönig“ zu ersetzen.
Und noch im Jahr 1968 stellte Arthur R. Jensen, Professor an der Berkeley-Universität, in der renommierten Wissenschaftszeitschrift Harvard Educational Review die (tatsächlich ernst gemeinte) These auf, dass Schwarze weniger intelligent seien als Weiße.
„Ich hasse den Neger“, sagt verständlicherweise auch ZEIT-ONLINE-Nutzer Jonas Hampl, der selbst schwarz ist und vor zweieinhalb Jahren in einem Leserartikel beschrieb, wie ihn der Begriff schmerzt.
Doch zurück zu Schmidt. Der erklärt am Ende seines Dialogs schließlich, welches Wort auch nicht verwendet werden soll:
„Meine lieben aufgeregten Studienrätinnen, die Sie jetzt bereits zur Frauengruppe rennen. Es gibt auch keine Farbigen. Farbig ist vielleicht Ihr schwarz arbeitender Lebensgefährte, wenn er wieder irgendwo für Kohle auf die Hand Wohnungen streicht.“
Vielleicht sollte Joachim Herrmann sich das ins Notizbuch schreiben.
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