Es kommt nicht oft vor, dass man auf Facebook eine Reaktion vom US-Präsidenten bekommt, dem Privatmann Barack Obama wohlgemerkt. Aber die Geschichte eines Mannes aus dem Iran rührte das amerikanische Staatsoberhaupt offenbar so sehr, dass er einen Kommentar absetzte, unterschrieben mit dem Präsidentenkürzel „bo“. Dabei ging es doch eigentlich nur um Aprikosen.
Am Abend des 2. September erschien auf der Facebook-Seite des Blogs „Humans of New York“ (HONY) der Bericht eines Mannes aus der iranischen Stadt Tabriz. Darin erzählt er von seinem Sohn, der gerade seinen zehnten Geburtstag feierte. Vor fünf Jahren waren Vater und Sohn einkaufen. Sie erstanden ein Kilo frischer Aprikosen und wollten damit nach Hause gehen. Der Sohn trug die Tüte mit den Früchten. Unterwegs wollte der Mann eine der Aprikosen probieren. Er bat seinen Sohn, ihm eine zu geben. „Ich kann nicht“, antwortete dieser. „Ich habe sie alle verschenkt.“ Der Text endet mit einer Erkenntnis des Vaters: „Da wusste ich, dass ich einen Menschenfreund aufziehe.“
Der Blog „Humans of New York“ erzählt viele solche Geschichten. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Brandon Stanton im Jahr 2010. Auf der Website erzählt der Fotograf außergewöhnliche Geschichten von New Yorker Bürgern, dem Iran, Afghanistan und anderen Orten der Welt. Das Buch, das aus dem Blog entstand, wurde zum Bestseller. Fast 15 Millionen Fans hat das Projekt auf Facebook.
Offenbar zählt auch der US-Präsident zu den Fans der Seite. Denn nur 20 Minuten, nachdem das Posting aus Tabriz auf der HONY-Seite erschien, war ein Kommentar aus dem Weißen Haus darunter zu lesen. „Was für eine inspirierende Geschichte“, schrieb Obama. „Ich hoffe, dieser junge Mann wird nie den Wunsch verlieren, anderen zu helfen. Und ich selbst werde weiter versuchen, diese Welt zu einem Ort zu machen, in der er und jeder andere junge Mensch seine Potenziale entfalten kann.“ Und falls er ihn jemals treffen sollte, so schreibt Obama am Ende, hoffe er, dass der junge Mann noch eine Aprikose für ihn übrig hat. Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gefällt der HONY-Post.
Vox greift diese Geschichte in einem längeren Text auf und sieht in Obamas Reaktion mehr als die Anerkennung für das Handeln eines kleinen Jungen. Immer wieder habe der US-Präsident Zeichen der Versöhnung und Wärme nach Teheran gesendet, schreibt der Autor Max Fisher. Dafür wurde er, ebenso wie für das jüngst ausgehandelte Atom-Abkommen mit Iran, von vielen (vor allem konservativen) Amerikanern hart kritisiert.
Ist die Reaktion Obamas ein weiteres kleines Signal hin zur Entspannung des Verhältnisses zwischen dem Iran und den USA? „Vielleicht lese ich zu viel aus dem Facebook-Kommentar“, schreibt Fisher, „aber dieser ungewöhnliche Schritt scheint bedeutungsvoll zu sein“.
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