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Hier stimmt die Chemie

 

Gin Tonic: Hier stimmt die Chemie
© manun/photocase.com (https://www.photocase.com)

Matthew Hartings mag keinen Gin. Tonic noch viel weniger, zu bitter. Als er jedoch den ersten Gin Tonic trank, „war das eine Offenbarung“. Gin hassen aber Gin Tonic lieben? Die Chemie macht’s möglich, wie der Fachmann weiß.

Geschrieben hat Hartings seine Ode an den Drink bereits 2011. Quartz hat den Beitrag zur rechten Zeit wiederentdeckt. In den vergangenen Jahren ist Gin Tonic zum In-Getränk avanciert – wie zuletzt in den Fünfzigern. Damals hieß es in der ZEIT: „In neuester Zeit fängt das Gin-Tonic-Trinken an auf den Kontinent überzugehen. Amerika, wo sich alles schneller entwickelt, wird gerade davon überschwemmt.“ Nun ist das Ensemble in aller Spritzigkeit zurück.

Die Mixtur ist simpel: Mit Zitronenschale ein Glas benetzen, Eiswürfel hinein, Gin darüber und dann Tonic hinzu. Letzteres ist nichts anderes als Chininwasser. Chinin wiederum ist ein Extrakt der Chinarinde und ein in der Heilkunde sehr häufig verwendetes Alkaloid von desinfizierender Wirkung. Lange Zeit galt es als einziges Heilmittel gegen Malaria. Die Engländer merkten schließlich, dass es auch zur reinen Freude taugt. Denn bei Gin Tonic stimmt die Chemie.

Chinin + ätherische Öle = lecker

Das Chinin spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es verträgt sich sehr gut mit den ätherischen Ölen, die bei der Gin-Herstellung aus den Wacholderbeeren entstehen. So ziehen sich ähnliche Moleküle an, unterschiedliche stoßen sich ab, wie Öl und Wasser.

Gin_Tonic_ChemieIn der Grafik oben sind die wesentlichen Bestandteile von Gin und Tonic dargestellt. Die lilafarbenen Moleküle „sind gewissermaßen flach wie Pappkarton“, heißt es in dem Quartz-Artikel. Die roten hingegen ähneln mehr verformten Kartons. Lila und rot stoßen einander ab, gleich gefärbte Moleküle hingegen ziehen einander an. Schüttet man Gin und Tonic zusammen, verbinden sich Teile des Chinins und Teile der ätherischen Öle zu neuen Strukturen, die einen entscheidend anderen Geschmack haben. Einen besseren.

Das von Hartings erklärte Prinzip gilt nicht allein für Gin Tonic. Der Chemiker Martin Lersch hat auf Grundlage dieses Wissens eine Liste erstellt und empfiehlt beispielsweise die Kombinationen von:

  • Auster und Kiwi (Methylhexanoate)
  • Kaffee, gekochtes Fleisch, Popcorn und Dosenthunfisch, leicht geröstet mit Sesam und Weizenextrakt (2-Furfurylthiol und 2-Methyl-3-Furanthiol)
  • Fleisch und Schokolade (Pyrazin)
  • Ananas, Blauschimmelkäse und Weißwein (Methylhexanoate)

Fünf Geschmäcke kann der Mensch unterscheiden: süß, sauer, salzig, bitter und Umami. Die Rezeptoren für die verschiedenen Geschmacksqualitäten sind ungefähr gleich auf der Zunge verteilt. Den optimalen Genuss ermöglicht dabei allerdings nicht die Zunge allein. Geschmacksforschern zufolge trägt der Geschmack geschätzt 20 Prozent zum Erlebnis bei. Die restlichen 80 Prozent sind auf den Geruch oder das Aroma zurückzuführen.

Neurogastronomen ist das bewusst und so haben sie die Suche nach dem perfekten Geschmack ganz offiziell zu einer wissenschaftlichen Disziplin gemacht. Sie sind überzeugt: Wer das Rätsel des Geschmackserlebens löst, kann das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen verbessern.


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