Budapest, das war einmal ein Sehnsuchtsort für den jungen Blogger. Die Theater. Die Architektur. Die Kinos. Die Freunde. Alles schien perfekt damals. Heute fällt die Bilanz nüchtern aus. Der (anonyme) Autor – aufgewachsen in Norwegen aber seit etwa zehn Jahren in Budapest lebend – wird Ungarn verlassen. Im Blog Meanwhile in Budapest, für den sogenannte Millennials schreiben, hat er die Entscheidung begründet.
Der Text ist eine einzige Abrechnung mit dem System von Premier Viktor Orbán und seiner Regierung. Budapest sei ein „depressiver Ort“ geworden. Theater würden von regierungstreuen Direktoren geführt, talentierte Kulturschaffende suchten ihr Glück woanders. Nie zuvor sei die Armut in Ungarns Hauptstadt so deutlich sichtbar gewesen. Und während in Budapest die Bahnhöfe verfallen, kritisiert der Autor, baut die Regierung eine Nostalgiebahn, die zwei Ortsteile von Orbáns Heimatstadt irgendwo im Nirgendwo verbindet.
Weitere Kritikpunkte des Bloggers sind lange Arbeitszeiten (bei niedriger Bezahlung), die hohen Steuern (für „miserable“ Sozialleistungen), staatlich finanziertes Migrantenbashing und eine Opposition, die eigentlich keine ist. Die Regierungspartei Fidesz, so seine Befürchtung, werde auch die nächste Wahl gewinnen – und alles bleibe wie es ist.
Also Abschied. Und so denken auch andere. Zwischen 2010 und 2013 sollen 350.000 Ungarn ihr Land verlassen haben – 80 Prozent davon jünger als 40 Jahre, schreibt die liberale deutschsprachige Tageszeitung Pester Lloyd aus Budapest. Die Jungen gehen, die Alten bleiben – für die Redaktion eine „Abstimmung mit den Füßen“.
- Wie hat der Rechtspopulist Orbán die Ungarn herumgekriegt? Gero von Randow hat diese Frage kürzlich für DIE ZEIT beantwortet.
- Weitere Teilchen gibt es hier.