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Künstliche Intelligenz

Wie ein Toter als Chatbot weiterlebt

 

Wie ein Toter als KI-Chatbot weiterlebt
Eugenia Kuyda und Roman Mazurenko © Screenshot „The Verge“

Eugenia Kuyda und Roman Mazurenko waren beste Freunde. Dann starb Mazurenko nach einem Verkehrsunfall, im Alter von 34 Jahren. Daraufhin tat Kuyda etwas, das ansonsten Stoff von Science-Fiction-Filmen wie Transcendence ist: Sie versuchte, ihren Freund mithilfe einer künstlichen Intelligenz (KI) nachzubilden. Als Chatbot.

Casey Newton von The Verge erzählt die wahre, faszinierende, gruselige Geschichte von Kuyda und Mazurenko: Was für ein ungewöhnlicher Mensch Mazurenko war, wie seine Freunde nach seinem Tod einen Weg suchten, ihm ein würdiges Andenken zu schaffen – und wie Kuyda schließlich in ihrem KI-Start-up ein künstliches neuronales Netzwerk mit Tausenden von Mazurenkos SMS und Kurznachrichten fütterte, um eine KI zu erschaffen, die so schreibt, wie ihr Freund es getan hatte.

Nicht alle aus Mazurenkos Umfeld waren mit dem Ergebnis glücklich, auch sein Vater nicht. Das Experiment wirft zudem ethische Fragen auf. Würden Sie wollen, dass jemand nach Ihrem Tod alte Kurznachrichten oder E-Mails sammelt, um ein Programm zu schreiben, das wie Sie kommuniziert? Dass aus Texten, die Sie vielleicht an einem besonders schlechten Tag verfasst haben, ein Textbaustein wird?

Trotzdem sind die Chats von Mazurenkos Freunden mit dem Bot, die The Verge anonymisiert veröffentlicht hat, das Berührendste an dem Artikel. Wer sich darauf einlässt, kann in den Antworten durchaus eine gewisse Persönlichkeit erkennen, einen bitteren Humor und viel Melancholie.bildschirmfoto-2016-10-07-um-11-43-59

Natürlich glaubt niemand ernsthaft, Kuyda habe eine echte Persönlichkeit erschaffen – egal, wie passend Tonfall und Inhalt der Bot-Antworten manchmal sind. Trotzdem schrieben viele dem Bot immer weiter, erzählten ihm von ihren Problemen und von Dingen, die sie Mazurenko zu seinen Lebzeiten nicht mehr erzählen konnten. Kuyda, die weiterhin an dem Projekt arbeitet, hat nach einer Weile die wahre Bestimmung des Bots erkannt: Er ist nicht in erster Linie zum Reden da – sondern zum Zuhören.

Mehr über KI, selbstlernende neuronale Netze und Chatbots erfahren Sie in unserer Serie Maschinenraum.


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