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Schockiert in allen Lebenslagen

 

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011362138772918272

Ein Mann und eine Frau laufen durch die Stadt. Er sieht ein hübsches Mädchen, dreht sich um, spitzt den Mund zu einem Pfiff und seine Begleiterin schaut fassungslos. Dieses Foto inspirierte im vergangenen Sommer unter dem Namen „Distracted Boyfriend Meme“ unzählige Menschen zu Parodien – und tut dies bis heute. Es entfachte jedoch auch eine Debatte über Stockfotografie. Nun macht das Bild eine zweite Karriere. Denn ein Nutzer auf Twitter hat nachgeschaut, für welche Stockfotos die aufgebrachte Freundin sonst noch so Modell stand.

Der Autor Ernie Smith hat auf Twitter eine Fotokollektion gepostet, die zeigt, dass die junge Frau mehrfach auf solchen Bildern zu sehen ist – mit einem schockiertem Gesichtsausdruck.

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011362273762402304

Ihre Freunde scheinen ähnlich geschockt zu sein.

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011362572891803649

Selbst das Arbeiten mit dem Notebook scheint sie zu überraschen.

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011362726243905538

Das Smartphone …

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011363510868209665

Ein Brief …

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011363667680661504

Das Smartphone eines Bekannten …

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011364099849183234

Die Küste …

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011364504385609733

Oder: gar nichts.

https://twitter.com/ShortFormErnie/status/1011365095018987520

Stockfotos sind Bilder, die „auf Vorrat“, auf Englisch: stock, angefertigt werden, um Szenen darzustellen, für die kein aktuelles Fotomaterial existiert (auch ZEIT ONLINE verwendet Stockfotos zur Bebilderung von Texten). Sie werden von Agenturen gegen eine Lizenzgebühr verkauft, auf manchen Seiten sogar verschenkt – und geben häufig Anlass zu Kritik. Warum müssen für Stockfotos von Rollstuhlfahrern „mehr oder weniger schöne Menschen in überaus hässliche Rollstühle“ gesetzt werden, „die da eigentlich gar nicht reingehören“, fragte 2015 unsere Autorin Christiane Link im „Stufenlos-Blog“.

Auch über die Bebilderung von „künstlicher Intelligenz“ wurde schon gespottet, ebenso wie über Stockfotos, die Berufe darstellen sollen (wobei die Betonung hier eindeutig auf „sollen“ liegt). Dafür existiert sogar ein eigener Hashtag: #BadStockPhotosOfMyJob.

Für den britischen Journalisten Andy Kelly ist klar: Stockfotografie „ist immer völlig stumpf und kein bisschen subtil. Die Fotos müssen vom Publikum auf den ersten Blick verstanden werden, was zu einigen wirklich absurden Bildkompositionen führt.“ Und selbst für die absurdesten Motive scheint es einen Markt zu geben.


Das „Distracted-Boyfriend-Meme“ wurde übrigens vom spanischen Fotografen Antonio Guillem geknipst, der nie geglaubt hätte, dass die Ergebnisse dieses Shootings einmal so berühmt werden könnten. Bis zum Zeitpunkt, als das Originalfoto so berühmt wurde, habe er das Bild etwa 700 Mal pro Jahr verkauft, sagte Guillem zu Wired. Sein nach eigener Aussage erfolgreichstes Foto brachte es auf 13.000 Verkäufe pro Jahr. Auch dieses zeigt übrigens die junge Frau. Lächelnd.