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Kasachstan

Wie Kasachstan vom „Borat“-Boom profitieren möchte

 

Frauenfeindlich, homophob, antisemitisch – so beschreibt der (fiktionale) Journalist Borat Sagdiyev im gleichnamigen Kinofilm sein Heimatland Kasachstan. Ein Land, das so rückständig beschrieben wird, wäre fast schon ein Fall für die Reisewarnungsabteilung des Auswärtigen Amtes. Und dennoch macht die Tourismusbehörde Kasachstans nun aus den zweifelhaften Zuschreibungen Gold.

Dafür drehten die Marketingstrategen eine Aussage Borats einfach zu ihren Zwecken um: „very nice“. In vier kurzen Werbeclips sind traumhaft schöne Landschaften zu sehen, ein Mann beim Trinken fermentierter Pferdemilch und Drohnenaufnahmen der Hauptstadt Nur-Sultan (Astana) – immer kommentiert mit: „That’s very nice.“ Die Idee zu der Kampagne hatte einem Bericht der New York Times zufolge Dennis Keen – ein Amerikaner, der seit einigen Jahren in der Hauptstadt Kasachstans lebt und dort Führungen für Touristen anbietet. Zusammen mit einem Freund schrieb Keen ein Storyboard, schickte dieses der Tourismusbehörde und die stimmte sofort zu.

Denn inzwischen haben die Tourismusverantwortlichen des autoritär regierten Landes begriffen, dass die „Borat“-Filme, so wenig vorteilhaft sie Kasachstan auch beschreiben, gar kein so schlechtes Marketinginstrument sind. Nach dem Start des ersten Teils im Jahr 2006 hatte die Regierung den Film noch verboten und sogar den Zugang zur Website des Hauptdarstellers Sacha Baron Cohen gesperrt. Doch nach Jahren des Protests merkten die Regierenden plötzlich, dass die Zahl der Visaanträge nach der Veröffentlichung des Filmes sprunghaft anstieg. Offenbar waren Menschen neugierig auf Kasachstan geworden.

Kairat Sadwakassow, stellvertretender Leiter der kasachischen Tourismusbehörde, sieht den Wirbel um den neuesten „Borat“-Film, der (in einer ganz anderen Angelegenheit) auch den Trump-Anwalt Rudy Giuliani beschäftigt, inzwischen pragmatisch. „In Zeiten von Corona, wenn die Ausgaben für Tourismus zurückgehen, ist es gut, unser Land in den Medien zu sehen“, sagte er der New York Times. „Es ist natürlich nicht die freundlichste Art, aber es ist gut, im Gespräch zu sein. Wir würden gern mit Cohen arbeiten oder ihn einladen, hier zu filmen.“


Weitere Netzfundstücke gibt’s im Teilchen-Blog.