Die Lage in Aleppo ist zum Verzweifeln. Jeden Tag sterben Menschen in der umkämpften syrischen Stadt. Seit die Feuerpause offiziell aufgekündigt ist, fliegen Streitkräfte des Assad-Regimes und Russlands wieder verstärkt Angriffe. Bomben fallen im Minutentakt – und treffen wohl auch zivile Ziele. Der Arzt Abdulsalam Daif ist einer von denen, die versuchen, den in Aleppo verbliebenen Menschen zu helfen, aber auch die Helfer kommen längst an ihre Grenzen. Auf der Website New Statesman hat Daif einen Einblick in seine Arbeit gegeben.
Der Text des Arztes zeigt die schwierige und vor allem gefährliche Arbeit der Hilfsorganisationen. Jedes Mal, wenn er von der Türkei – dort lebt seine Familie – nach Syrien fährt, dauert die Reise länger. Daif berichtet von Anschlägen auf der Straße nach Aleppo, von zunehmenden Schwierigkeiten an den Checkpoints. Angekommen in Aleppo sind 20-Stunden-Tage Realität für die Freiwilligen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um Verletzten und Verwundeten zu helfen. „Ein 17-Jähriger Junge kam mit einer kritischen Halsverletzung, eine Arterie war getroffen, wir mussten schnell handeln. Drei Stunden hat die Behandlung gedauert, aber ich glaube, er wird überleben“, schreibt Daif. Die Mediziner müssen ihre Patienten im Untergrund behandeln – um einigermaßen geschützt zu sein vor den Luftschlägen der Russen und der syrischen Armee.
Daif ist für die Hilfsorganisation Care tätig, in einem Stadtteil von Aleppo, der (noch) von den Rebellen kontrolliert wird. Im Oktober 2012 ist der Mediziner mit seiner Familie vor dem Krieg in die Türkei geflohen, damit seine Frau und seine inzwischen drei Kinder ohne die tägliche Angst vor den Bomben leben können. Doch er kehrt immer wieder in seine Heimat zurück. „Es gibt keine Ärzte mehr in Syrien, dabei ist der Bedarf nach medizinischer Hilfe so unfassbar groß.“ Mitunter geht er erst um 3 Uhr morgens ins Bett, doch seine gefährliche und kräftezehrende Arbeit aufgeben will er nicht: „Ich bin ein Arzt und ich werde jedem helfen, der meine Hilfe braucht.“
Berichte wie diese sind selten geworden und dabei so wichtig. Sie helfen uns, die dramatische Lage in Syrien – besonders in Aleppo – besser zu begreifen. ZEIT ONLINE steht in regelmäßigen Kontakt mit dem syrischen Journalisten Zouhir al-Shimale, der uns immer wieder E-Mails aus der umkämpften Stadt schreibt. Sein bislang letzter Text war überschrieben mit dem Satz: „Wir sterben und alle schauen zu“.
Die jüngsten Meldungen als Aleppo geben nun wieder Anlass zur Hoffnung: die syrische Regierung hat ihre Luftangriffe zunächst eingestellt. Dass sich die Situation rasch wieder ändern kann, hat die Vergangenheit aber gezeigt.
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