In der Flüchtlingskrise ist Europa gespalten. Da sind einerseits Deutschland, Schweden und Österreich – die Länder, die viele Asylsuchende aufnehmen. Und dann gibt es Länder wie Ungarn, die Slowakei und Polen, die – so scheint es – mit dem Problem nichts zu tun haben wollen und sich gegen eine Verteilungsquote wehren. So ist das Bild, das häufig vermittelt wird. Aber stimmt das? Bürger aus Tschechien haben einen offenen Brief ins Netz gestellt, mit dem sie etwas klarstellen wollen.
„Liebes Europa“, heißt es in dem Schreiben, „vielleicht hörst du die Äußerungen unserer Politiker und denkst, dass wir alle ziemliche Heuchler sind und unsere EU-Mitgliedschaft nicht schätzen.“ Es stehe jedoch nicht so schlimm um ihr Land. „Das ist nur der Eindruck, den unsere politischen Repräsentanten erwecken.“
Die Unterzeichner weisen darauf hin, dass sich auch Tschechen auf den Weg gemacht haben nach Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze, nach Kroatien und Serbien – um zu helfen. „Ebenso viele von uns Tschechen schicken warme Kleidung, Decken, Essen und Geld. Und wir unterstützen auch diejenigen, die in die Tschechische Republik kommen, mit Wohnraum und Arbeit.“
In dem Brief wird die tschechische Regierung um Premierminister Bohuslav Sobotka und Innenminister Milan Chovanec kritisiert. „Wir sind beschämt über das Verhalten der tschechischen Behörden“, heißt es in dem Brief. Flüchtlinge im Land würden nicht nach „internationalen Konventionen behandelt“. Politik und Behörden warteten nur ab, statt zu handeln. „Wir wissen nicht, worauf sie noch warten“, schreiben die Unterzeichner: „Liebe tschechische Regierung und Herr Präsident, hören Sie auf, Angst zu haben.“
Mehr als 3.000 Tschechen, darunter der Grünen-Politiker Michal Berg und die Übersetzerin Tereza Semotamová, haben den Brief unterzeichnet, der von Flüchtlingshelfern aufgesetzt wurde. Sie verstehe, wenn Tschechien gerade als Land gesehen werde, das seine EU-Mitgliedschaft nicht schätze, sagte Semotamová Deutschlandradio Kultur. Aber: „Wir wollen nicht nur nehmen, wir wollen auch geben.“
Ihre Solidarität mit den Flüchtlingen können die Regierungen aller EU-Staaten beim Treffen der Regierungschefs am Mittwoch unter Beweis stellen.
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