Meine Eltern mögen mir das verzeihen, aber ich plaudere mal aus dem Nähkästchen. Auf unseren Urlaubsfahrten (von Stuttgart!) an die Nordsee lagen mein Bruder und ich (natürlich unangeschnallt!!) in liebevoll auf dem Gepäck improvisierten Betten, die Vorhänge an den Kofferraumfenstern unseres Opel Kadett waren geschlossen, die Pumuckl-Kassetten unter Verschluss bis Würzburg (die Schlümpfe-Kassette war vor der Fahrt aus unerklärbaren Gründen verschwunden!!!), Frühstück gab es am ersten Parkplatz (nicht Raststätte, da werden nur Wünsche formuliert!!!!) nach Fulda (!!!!!). Eine Frage war verboten und wurde allerdings genau deshalb schon vor der Auffahrt auf die Autobahn gestellt: „Mama, wann sind wir da?“ Ich gebe zu, wir machten es meinen Eltern damals vor 30 Jahren nicht gerade leicht, mit uns in Urlaub zu fahren. Aber die konnten damals auch noch nicht mit den Tipps von Geoffrey Redick gegensteuern.
Der hat auf Dadspin einen Überlebensratgeber mit Tipps für Auto fahrende Eltern aufgeschrieben. Und wer denkt, dieser Ratgeber ist mit dem Einpacken eines iPads auserzählt, hat sich getäuscht. Denn selbst für digital gebildete Kinder ist es unzumutbar, zehn Stunden am Stück auf einen Bildschirm zu schauen. So empfiehlt Redick Malbücher, Sudoku, Rubik-Cube und, Sie lesen richtig: Nähzeug. Das Ganze muss neu sein (Überraschungseffekt!) und sollte vorher so gut versteckt werden, dass der Nachwuchs nicht schon vor dem Reiseantritt die Lust am neuen Spielzeug verloren hat. Damit kriegen Sie vielleicht zwei Stunden rum.
Redick empfiehlt danach Bücher (es sei denn, Ihren Kindern wird beim Lesen im Auto schlecht – falls dem so ist, lesen Sie besser hier weiter). Oder Hörbücher, die bringen bis zu fünf Stunden Ruhe. Da Hörbücher teuer sind, rät der Autor, die CDs gratis bei der Bücherei auszuleihen, sie für die Fahrt zu kopieren und von einer Selbstanzeige bei der Polizei abzusehen.
Anschließend sollten Sie eine Playlist an Musik anlegen, die jegliche Laune (zumindest die Ihrer Kinder) so lange steigert, bis zwei Drittel der Fahrt überstanden sind. (Alternativen zu den nervigsten Kinderlieder-CDs finden Sie hier.) Schließlich können Sie dem Nachwuchs noch einen Film auf dem iPad genehmigen. Dann fallen die Kids ins Video-Koma. Problem: Anschließend sind sie eventuell noch aufgekratzter als vor dem Film.
Bliebe noch die Vesperpause. Klar wollen die Kinder lieber ein Happy-Meal verputzen, als an mitgebrachten Karottensticks nagen. Umso wichtiger, dass die Essenspausen fernab jeglicher Fastfood-Reize stattfinden. Redick rät zu einem Park, einer Wiese, einer Waldlichtung. Wer einen Fußball (oder zumindest ein Frisbee) mitnimmt, erhöht zumindest die Chancen darauf, dass sich die Kids ordentlich auspowern. Bei Regen empfiehlt sich dem Autor zufolge ein Stopp in einem kindgerechten Museum.
Hören Sie dann von der Rückbank ein leises Schnarchen, gilt die Forrest-Gump-Methode: Fahren Sie, was das Zeug hält. Und wecken Sie niemals ein schlafendes Kind auf.
Mein Bruder und ich spielten damals übrigens immer Autokennzeichen-Raten, „Ich sehe was, was du nicht siehst“, Automarkenzählen und, sehr zur Freude meiner Eltern, Stofftiere-aus-dem-Fenster-halten. Geschlafen haben wir nie auf unseren improvisierten Betten. In der Zeit, in der wir still sein mussten (bis 7 Uhr), zählten wir die Kilometer bis Würzburg.
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