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Internationale Küche

Es gibt auch Positives von internationalen Speisekarten zu vermelden. In einem Lokal am Marktplatz in Děčín hat man sich bemüht, die Spätzle in die tschechische Sprache zu übertragen und durch entsprechende Zeichensetzung sogar die Aussprache dem Schwäbischen angepasst: Schpetzle. Dass man aber die italienischen Spaghetti auch schwäbisch – Schpagety – aussprechen sollte, ist sicherlich nicht im Sinne von »Viva Italia!«.

Bernhard Stille, Deggingen, Baden-Württemberg

 

Behende: Mein Wort-Schatz

In einem Gedicht von Storm fand ich es wieder, und gleich rief es Kindheitserinnerungen wach: das Wort behende. Da heißt es im Gedicht Morgens: Nun gib ein Morgenküßchen! du hast genug der Ruh; und setz dein zierlich Füßchen behende in den Schuh!

Wie schön ist es, an einem Sonntagmorgen Storm zu lesen beim Klang der Kirchenglocken! Spornstreichs – auch so ein schönes Wort – lief ich zum PC, um es Ihnen zu schreiben.

Grethlis Thomas-Talvik, Kiel

 

Die Geburtsanzeige

 
Diese Karte schrieb meine Mutter an meinen Vater, den Obergefreiten Johannes Kellermann, der in Frankreich in Kriegsgefangenschaft war. Sie berichtete ihm von meiner Geburt. Dies geschah allerdings erst mehr als zwei Monate nach meiner Geburt. Im Jahr zuvor war das zweite Kind meiner Eltern, der kleine Lothar – im Alter von knapp zwei Jahre – auf der Flucht vor den Bomben auf die Stadt Krefeld gestorben. Er wurde in Niedermarsberg im Sauerland beerdigt.

Die Karte erreichte meinen Vater nicht, sie kam zurück. Wann er aus der Gefangenschaft entlassen wurde, weiß ich nicht.

Von diesen ganzen Vorgängen erfuhr ich erst vor etwa zwei Jahren, als meine Schwester, die auf der Karte Liesel genannt wird, das Schreiben in den alten Unterlagen meiner 1979 und 1981 verstorbenen Eltern fand. An unseren Familiennamen habe ich inzwischen wieder das ursprünglich gebräuchliche s angehängt.

Franz Kellermanns, Meerbusch

 

Was mein Leben reicher macht

Parkplatz bei Lidl. Ein älteres Paar kommt mir entgegen: »Gehört Ihnen das rote Auto da?« – »Ja,« sage ich, »warum?« Darauf der Mann, auf gut schwäbisch: »Wisset Se, i bin ä bissle dagege gefahre!« Die Stoßstange ist eingedellt, die linke Schlussleuchte zersplittert. Ich beruhige die beiden. Es ist ja keine Person zu Schaden gekommen, und ihre Versicherung wird einspringen. Wir tauschen die Adressen aus. Beim Verabschieden sagt der Mann: »Ich danke Ihnen auch schön, weil sie et geschimpft haben!« Als ich antworte: »Ich danke Ihnen auch, Sie hätten ja einfach davonfahren können«, meint er treuherzig: »Ha neu, des hätten mir et gemacht! Es waret ja au so viele Leut da!«

Karin Klopfer, Dürnau (Göppingen)

 

Internationale Küche

Auf der Speisekarte eines Restaurants im Nordosten Mallorcas entdeckte ich ein Gericht namens Wirre Eier. Etwas verdutzt suchte ich die englische Übersetzung und fand Disorderly Eggs. Erst als ich auf die französische Fassung Oeufs brouillés stieß, wurde mir klar, dass es sich um Rühreier handeln musste.

Irene Steels-Wilsing, Brüssel

 

Was mein Leben reicher macht

Als ich nach ein paar Tagen zu Besuch bei meinem Bruder laut über die Abreise nachdenke, sagt Thomas: »Du kannst bleiben, solange du willst.« Und ich weiß genau, dass er es so meint.

Anne Schumann, Mainz

 

Die Moritat 2012

(Nach Bertolt Brecht, »Die Moritat von Mackie Messer«)

Der Finanzhai zeigt die Zähne
Die Euro-Krise schert ihn nicht
Angie Merkel spannt den Schirm auf
Doch die Rettung sieht man nicht.

Stahlgrau sind des Haifischs Augen
Sieht er Staaten nah am Grab
Und die Rating-Agenturen
Werten noch mehr Länder ab.

An ’nem trüben schwarzen Freitag
Ist die nächste Bank am End
Der Direktor sammelt Boni
Der am meisten Geld verbrennt.

Zapatero ist verschwunden
Berlusconi, Sarkozy
In Berlin sitzt Angie Merkel
Und sagt: Mich erwischt ihr nie!

In Athen das große Feuer
Sieben Länder schon in Not
Von der Troika Daumenschrauben
Sind sie alle arg bedroht.

Und die Griechen sind im Dunkeln
Und die Deutschen sind im Licht
Und man hört auf die im Lichte
Die im Dunkeln hört man nicht.

Claus Peter Poppe, Quakenbrück

 

Bottschamber: Mein Wort-Schatz

Unsere Enkelin entwächst den Windeln, und so kommt bei uns der Bottschamber wieder zu Ehren. Früher durfte er als pot de chambre oder schlicht als Nachttopf auch bei Erwachsenen in keinem Schlafzimmer fehlen. Man benutzte das Wort ohne Hintergedanken. Despektierlich allerdings war der Gebrauch des Begriffs im Zusammenhang mit auffälligen Kopfbedeckungen vornehmer Damen…

Dieter Walker, Mannheim

 

Was mein Leben reicher macht

Mit Kribbeln im Bauch in Pöhl den ersten Triathlon meines Lebens in Angriff zu nehmen. 750 Meter schwimmen und sich mit viel Wasser im Bauch gerade noch an Land zu retten, bei prasselndem Gewitterregen 20 Kilometer weit mit dem Rennrad alle Vorsicht zu vergessen, um dann mit wackligen Knien fünf Kilometer zu rennen. Für alles wenig mehr als anderthalb Stunden zu brauchen und als ältester Teilnehmer in der Altersklasse der über 65-Jährigen auch noch zu gewinnen.

Lutz Behrens, Plauen