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Wiedergefunden: Türmerlied

Von meinem Vater habe ich einen Teil seiner zahlreichen Bücher geerbt. Noch habe ich davon nicht alle gelesen.
Aus einem, das ich mir kürzlich vornahm, fiel ein winziger, sparsamer Zettel heraus, auf dem in der engen Handschrift meines Vaters steht:

Ihr glücklichen Augen,
Was ihr je gesehn,
Es sei, wie es wolle,
Es war doch so schön!

Ich habe diese Zeilen wiedererkannt: Es ist die letzte Strophe des Gedichts Türmerlied von Johann Wolfgang von Goethe. Und zwanzig Jahre nach dem Tod meines Vaters sind diese Worte eine Botschaft an mich.
Mein Vater, der sein Leben trotz Kämpfen und Leid geliebt hatte, dann aber in Verwirrung und Depression gestorben ist, will mir mit dieser Ermahnung sagen: „Danke auch du für alles – trotz allem!“

Birgit Schicci, Lerici, Italien

 

Leser fragen: Äpfelsaft?

© JockScott / photocase.com

Warum heißt es Karotten- oder Orangensaft und Eiersalat (also: Plural), nicht aber Äpfelsaft und Kartoffelnsalat? Die werden doch auch nicht aus nur einem Apfel oder einer -Kartoffel gemacht!

Nicola Hebler, Hannover

 

Briefe über Deutschland

Lieber Julian,

erinnerst Du Dich noch an meinen gelben Pullover? Mommy hatte ihn zu heiß gewaschen, da passte er plötzlich Dir. Dieser Pullover erinnerte mich immer an Genscher, unseren damaligen Außenminister. Er wurde verehrt wie ein Halbgott, und doch kann ich von ihm keinen markanten Satz wiedergeben, außer dem in der Prager Botschaft, den niemand so richtig verstand, weil er im Jubel der Ausreisewilligen unterging.

Aber dieser Außenminister vertrat uns bestens im Ausland, und das genügte. Und der jetzige? Nimmt man außerhalb unserer Grenzen überhaupt Notiz von ihm? Dieser Westerwelle hat schon mancherlei ungute Eindrücke hinterlassen. Und nun dieses innenpolitische Desaster: Hartz-IV-Debatte und der völ-lig missratene Start der Koalition. Zudem die Klientelpolitik seiner Partei, der FDP. Und zuletzt die Vorwürfe von Vettern- und Freundeswirtschaft. Ist so etwas in Kanada auch an der Tagesordnung? Und wie geht man dort eigentlich mit homosexuellen Politikern um?

Komisch: Wenn ich an Westerwelle denke, dann trägt er vor meinem inneren Auge keinen gelben Pullover sondern eine rote, runde Nase – wie ein Clown!

Darüber schmunzelt dann
Dein Rich

Im wöchentlichen Wechsel schreiben sich hier Friedrich Engelke, 68, Physiker aus Villingen, und sein Stiefsohn Julian, 30, Umweltberater aus Montreal

 

Kinderbuch: Der Wechstabenverbuchsler

Auch Erwachsenen können Künderbicher viel Freude machen. Kün-derbicher? Natürlich Kinderbücher! Aber wenn man das Bilderbuch Der Wechstabenverbuchsler von Mathias Jeschke und Karsten Teich so verschlungen hat wie ich, dann kann das schon mal passieren. Da erzählt Nina, die kleine Tochter, vom neuen Mann im Haus(halt) ihrer Mutter. Ob es eine Rettung gibt für Herrn Mackerbenn, äh: Beckermann? Das wird hier nicht verraten.

Jörg Gugel, Höchstadt an der Aisch
(Der Wechstabenverbuchsler ist im Boje Verlag erschienen)

 

Liebe Liliana Matthäus,

als wir von Eurem Liebes-Comeback erfahren haben, kamen uns die Tränen. Wir können Dich so gut verstehen und -beneiden Dich um deinen Göttergatten Lothar, dem die Frau-en-welt zu Füßen liegt. Wir finden es wunderbar, dass Du ihn trotz Eures Altersunterschiedes von 26 Jahren liebst, dass Du in guten wie in schlechten Zeiten zu ihm hältst und dass seine Popularität und sein Geld keine Rolle für Dich spielen. Oder?

Eva-Maria Bals, Laura Christoph, Sabine Deuschl und Stefan Müller, Gars am Inn
(haben mit ihrer Lehrerin Cora Gierse im Deutschunterricht für
ZEIT der Leser geschrieben)

 

Kritzelei: auf der Suche nach der perfekten Blume

Sabine Schröter, Eime bei Hildesheim

Meine Kritzeleien entstehen beim Telefonieren. Oder während langer Denkpausen am heimischen Schreibtisch. Meistens habe ich nur ein einziges Thema: Ich versuche, die fünfblättrige Blume zu perfektionieren. Alle meine Schreibtischunterlagen sehen zum Schluss so aus.

 

Durchsage, einmal anders

Ich arbeite bei der Deutschen Bahn und fahre jeden Tag von Dresden nach Leipzig zur Arbeit. Den immer gleichen Durchsagen der Zugchefs vor jedem Bahnhof hört man da kaum noch zu. In meine Zeitung vertieft werde ich neulich umso erstaunter aus meinen Gedanken gerissen, als eine gut gelaunte Männerstimme durch die Lautsprecher in ungewohnt lockerer Art die Fahrgäste begrüßt, über die weitere Reise informiert und ankündigt, dass „wenn alles planmäßig verläuft“ wir den nächsten Bahnhof um 16:23 Uhr erreichen werden. Die Ansage ist zugegeben etwas lang, aber erfrischend anders. Auf den Gesichtern der Fahrgäste um mich herum sieht man ein kleines Lächeln. Als der Zugchef dann die Fahrkarten kontrolliert, halte ich ihn an und sage ihm, dass ich seine natürlich nicht ganz vorschriftsmäßige Durchsage eben richtig toll fand. Seine Antwort: „Wissen Sie, das geht runter wie Öl.“ Kurz vor Erreichen des nächsten Bahnhofs klingt durch die Lautsprecher: „…wir erreichen nun Riesa, die Stadt der Nudelmacher..“ Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Christina Förster, Dresden