Lesezeichen
 

Gesocks: Mein Wort-Schatz

Eines meiner absoluten Lieblingswörter ist Gesocks. Ich kann mich nicht erinnern, das Wort je gehört zu haben, ohne lachen oder lächeln zu müssen. Kommt es wirklich von Socken? Es ist ein schelmisches Wort, denn es kann ohne einen rest Augenzwinkern gar nicht gesagt werden. Keiner würde die wirklich Üblen als Gesocks bezeichnen. Aber Gesocks in der Verwandtschaft, in der Nachbarschaft, ja in der Kirchengemeinde – wer wollte ernsthaft darauf verzichten?

Paul Jacobs, Delmenhorst

 

Hanebüchen: Mein Wort-Schatz

Wenn ich als Kind meiner Fantasie freien Lauf ließ und meinen Eltern Geschichten auftischte, die ich meistens noch während des Erzählens erfand, nannten sie das hanebüchenen Unsinn. Dieses Wort reizte mich damals immer zum Lachen, es klang so witzig, verstümmelt und verdreht, als stamme es aus einer anderen Sprache. Und es klingt immer noch aus der Kindheit herüber, wie ein erfundener Begriff, den man nicht ernst nehmen kann und der deshalb genau zu seinem Sinn passt.

Wilfried A. Faust, Bajamar, Teneriffa

 

Leichenbittermiene: Mein Wort-Schatz

Wenn meine Mutter uns zum dritten Mal aufgefordert hatte, ihr beim Tischdecken zu helfen, meine Schwester und ich uns aber einfach nicht dazu aufraffen konnten, weil das Lesen in unseren Schmöckern einfach zu viel Spaß bereitete – dann machte sich die Mutter zwar wortlos, aber mit Leichenbittermiene selbst an die Arbeit. Wenn wir dann mit fadenscheinigen Ausreden am gedeckten Tisch eintrafen, würdigte sie uns keines Blickes, sondern begann ingrimmig schweigend die Suppe zu verteilen. Erst ein dickes und wohlverdientes Lob konnte ihr ein kurzes Lächeln entlocken, und alles war dann wieder vergeben.

Anna Miederer, erlangen

 

Stöckelschuhe: Mein Wort-Schatz

Heute tragen die Frauen High Heels, wir trugen Stöckelschuhe mit Pfennigabsätzen. Die dünnen Metallabsätze haben dann im Laufe der Zeit tiefe Abdrücke im Treppenhaus hinterlassen.

Karin Haider, Planegg

 

Geschöpf: Mein Wort-Schatz

Als moderne Menschen haben wir das Glück, Individuen zu sein. Wir sind frei, selbstständig und selbstbestimmt. Als Subjekte nehmen wir unser Leben selbst in die Hand, sind souverän im Denken und Handeln. Das heißt aber auch: Vereinzelung, Einsamkeit, Verkapselung in sich selbst. Wie viel Schöneres verspricht doch der Begriff Geschöpf? Ich liebe dieses Wort, weil es uns anzeigt, dass wir nicht rein aus uns selbst existieren können, sondern immer in einem größeren Zusammenhang leben, als (durch jemand oder etwas) Geschaffene. Dieser gemeinsame Ursprung stiftet die Beziehung zwischen uns.

Martin Mann, münchen

 

Hienieden: Mein Wort-Schatz

Aus meiner Kindheit ist mir das Wort hienieden im Gedächtnis geblieben. Klar, auch ich spreche heute von »auf dieser Erde«, aber wie nüchtern und kühl klingt diese moderne Ausdrucksweise. »Hienieden« jedoch lässt ein wenig von Schönheit, Poesie und Übernatürlichkeit empfinden, zumal in der Weihnachtszeit. Denn wenn in der Heiligen Nacht die Strophe des Liedes gesungen wurde, in der dieses Wort steht, war ich von Ehrfurcht und Freude ergriffen. »Heiligste Nacht, heiligste Nacht. Finsternis weichet, es strahlet hienieden lieblich und prächtig vom Himmel ein Licht.« Der Text ist mir auch nach mehr als sechzig Jahren noch geläufig. Auch am kommenden Weihnachtsfest werde ich mich an damals erinnern und bedauern, dass das Lied im Katholischen Gesangbuch unserer Diözese (Augsburg) nicht mehr enthalten ist.

Karl-Josef Mewaldt, Buxheim, Schwaben

 

Asch: Mein Wort-Schatz

Meine älteste Tochter ist Designerin, ihr Lebenspartner Chocolatier. Sie haben eine wahre Künstlerküche – in der ich gestern ein großes trogartiges Gefäß entdeckte, das mir irgendwie bekannt vorkam. »Gib mir doch einmal den Asch«, bat ich testweise den Schwiegersohn. Er bringt ihn mir, ohne weiter nachzufragen. »Woher kennst du als Erfurter den begriff »Asch«?«, frage ich. Es stellt sich heraus, dass seine Großeltern aus dem böhmischen Osterzgebirge stammten. Die Oma wusch in einem solchen Trog das Geschirr ab. »Meine Oma auch«, sagte ich.

Rudolf Keßner, Weimar

 

Spülstein: Mein Wort-Schatz

In den Ferien bei meinen Großeltern lag ich nach dem mittagessen, eingemummt in eine Decke, auf der Chaiselongue in der Küche. Das Wasser wurde auf dem Herd heiß gemacht – es roch leicht nach Gas. Der Kanarienvogel zwitscherte im Käfig, und Oma stand am Spülstein und machte den Abwasch. Wo gibt es heute noch diese Gerüche, Geräusche und Gemütlichkeit?

Michael Kunze, Hannover

 

Dämmerstunde: Mein Wort-Schatz

Als Kind lebte ich mit meinen Eltern in einer kleinen Wohnung in Augsburg. Wenn es im Winter früh dunkel wurde, klemmte meine Mutter spätnachmittags immer eine kleine Leselampe an unseren Küchentisch, legte einen Apfel zum Braten auf die heiße Herdplatte und löschte die Deckenbeleuchtung in unserer Wohnküche. Dann kuschelten wir uns eng aneinander auf das Sofa, das Feuer im Ofen prasselte, und meine Mutter las mir Geschichten vor. Unsere magische Dämmerstunde dauerte leider immer nur so lange, bis mein eher realistisch veranlagter Vater von der Arbeit nach Hause kam. Mit den Worten »Warum sitzt ihr denn hier im Dunkeln?« knipste er die Deckenlampe wieder an und holte uns etwas unsanft aus unserer Traumwelt in die hellgleißende Wirklichkeit zurück.

Regina Spöttl, Flensburg

 

Übergangsmantel: Mein Wort-Schatz

Der Übergangsmantel stirbt aus! Gemeint ist ein Kleidungsstück, das in der Übergangszeit, also im Frühjahr beziehungsweise Herbst, getragen wird. Da die Jahreszeiten sich bei uns in den vergangenen Jahren sowieso immer mehr vermischten, wird der Begriff »Übergangsmantel« immer seltener benutzt.

Wolfgang Kamp, Wöllstein, Rheinland-Pfalz