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Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Das Ende vom Leid
(nach Mascha Kaleko, »Das Ende vom Lied«)

Ich schlemmte gern noch einmal wie vor Zeiten
So lustvoll leicht. – Jetzt darf ich es nicht mehr.
Ich ließe gern noch einmal mich verführn
von leckerem Gebäck, von Torten, Eis und Köstlichkeiten.

Ich hört mich gern noch einmal wieder sagen,
Ach, bitte ja! Das nehm ich auch noch mit.
Und später dann, mit neugebornem Appetit,
Nach Sahne, Cremes, kandierten Früchten fragen.

Ich würde mich so gerne wieder sehen
Vorm Fenster beim Konditor stehn, vergnügt –
Und schließlich reingehn, wenn das Wasser mir
vor Lust im Munde schier zusammenläuft.

– Das alles ist vorbei … Es ist zum Klagen!
Was kann denn nur die Schokocreme dafür?
Mein eisgekühlter, opulenter Traum?
Soll ichs trotz aller Warnung nochmals wagen?

Ich möchte wieder Schokolade essen,
Die Krümel, die man peu à peu verzehrt.
Jedoch, mir scheint, ich lass es lieber sein.
Sonst kann ich meine Schlankheitskur vergessen!

Jutta Walther, Ostfildern bei Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Nach so vielen glücklichen Jahren mit unserem Hund an dessen Lebensende zwei Freunde zu haben. Der eine war innerhalb weniger Minuten ganz selbstverständlich bei mir und begleitete mich zum Tierarzt. Der andere begrub den Hund ganz selbstverständlich am Sonntagmorgen an der schönsten Stelle in seinem Garten. Danke, Ihr Lieben!

Marcia Schneiderhan, Filderstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Morgens, es ist noch dunkel. Irgendwo im Hof singt eine Amsel. Ich gehe auf den Balkon, barfuß, atme die kalte Morgenluft und lausche dem Gesang.

Annika Mitzscherling, Hannover

 

Eine kleine Weltreise

… aus traurigem Anlass« unternimmt Sabine Kröner, 55: Im vergangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Von Buenos Aires aus ist sie per Schiff um die Südspitze Amerikas in die Südsee gefahren, über Australien, Indonesien, Singapur, Malaysia, Myanmar, Indien, die arabische Halbinsel und durch den Sueskanal geht es weiter bis nach Venedig.

Nun sollte ich so langsam auch mal etwas Positives über diese Seereise schreiben! Natürlich könnte ich erzählen, wie perfekt die Reederei alles organisiert hat. Aber viel wichtiger sind die Dinge, die sich ein jeder selbst erarbeitet.
Eine Einzelreisende wie ich nämlich ist auf Gedeih und Verderb auf den Kontakt mit den Mitreisenden angewiesen. Sonst droht Einzelhaft in der Kabine. Die wunderbare Katharina sagt, wir seien die WG von Tisch eins. Dabei machen wir neun Menschen, die sich hier zusammengefunden haben, uns nur sehr selten fein, um im Restaurant zu speisen. Wir lungern lieber am Pooldeck rum, lesen, baden, träumen, reden, schäkern mit den Stewards. Natürlich sind wir dafür inzwischen schiffsbekannt. Die Kassenbons für jedes Getränk unterschreiben wir auch mal gegenseitig. Am Morgen sind wir die Ersten, die aus den Kabinen kommen. Eigentlich könnten wir auch Kaffee kochen, dann gäbe es ihn schon früher. Zu später Nachtstunde schließen wir die Bar ab, nachdem wir den Steward ins Bett geschickt haben. Bei Ausflügen nehmen wir immer den letzten Bus, der ist nämlich nicht so voll, und wir können länger schlafen. Nun ist diese Reise aber so konzipiert, dass es Passagiere gibt, die die »große Weltreise« ab Akaba oder die »kleine Weltreise« ab Buenos Aires machen. Andere bleiben nur für eine oder mehrere Teilstrecken. In Singapur wird deshalb auch unsere WG schrumpfen, dann sind wir nur noch zu fünft. Aber vielleicht bekommen wir ja wieder Zuwachs. Wir sind munter und aufgeschlossen, tolerieren kleinere Schwächen, verleihen lebensnotwendige Utensilien und Geld, verschenken Waschpulver und Hosen, kennen die besten Witze und rauchen. Wer das aushält, sei uns herzlich willkommen.

Sabine Kröner, zzt. 5° 31’ Süd, 116° 43’ Ost

 

Was mein Leben reicher macht

Nachmittags an einer Münchner S-Bahn-Station. Meine Kollegin und ich stehen am Bahnsteig, haben einen erfolgreichen Termin hinter uns, lachen miteinander. Ein junger Mann freut sich an unserer Fröhlichkeit, lächelt mit, streicht um uns herum, beobachtet uns unverhohlen. Kurz darauf in der S- Bahn merke ich: Der junge Mann ist vermutlich geistig behindert. Mit unschuldiger Neugier schaut er uns durch dicke Brillengläser an, als wären wir seltene Schmetterlinge. Wir tun, als beachteten wir ihn nicht. Da löst sich eine Daunenfeder aus meiner Jacke und schwebt träge auf ihn zu. Ganz vorsichtig streckt er die Hand aus, fängt das flaumige Ding ein – und reicht es mir mit den freudigen Worten: »Ist das Ihr Fussel?«

Inge Bell, München

 

Was mein Leben reicher macht

Das anrührende Lächeln, das mir ein Unbekannter auf dem Wandelkonzert im Amtsgericht Neuruppin geschenkt hat. Es wird Frühling! Das Konzert war ein Highlight!

Steffie Kraus, Berlin

 

Sommerfrische: Mein Wort-Schatz

Dass sich unsere Sprache ständig verändert und wir einen anderen Wortschatz verwenden als unsere Eltern und Großeltern, das ist eine unstrittige und unabänderbare Tatsache. Der gut gemeinte Versuch einiger Gruppen, diese Veränderungen aufzuhalten oder gar rückgängig zu machen, ist ein vergebliches Bemühen. Doch wie man sich gern an schöne Erlebnisse zurückbesinnt, so kann man sich auch an lieb gewordene Sprach- und Worterlebnisse zurückerinnern. Vermutlich wird jeder von uns einen Schatz an Worten bewahren, den er nicht mehr verwendet, vielleicht etwas abgegriffen, aber noch mit einem Glanz versehen, der erfreuen kann. Ich hüte einen Wortschatz, aus dem zu mir ein Wort herüberschimmert, ein Wort, das für mich wie Poesie klingt und den Inbegriff von Heiterkeit und Frohsinn verkörpert. Es ist das Wort Sommerfrische. Meine Eltern fuhren mit uns Kindern in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in die Sommerfrische. Besitzt dieses Wort nicht eine herrliche Melodie? Wie fad ist dagegen das Wort Urlaub! Ich bin aber genötigt, es zu benutzen, denn stellen Sie sich vor, ich gehe in ein Reisebüro und bitte um einen Vorschlag für meine Sommerfrische! Dem vernichtenden Blick des Urlaubsberaters möchte ich mich nicht aussetzen. Welches Wort hüten Sie als Ihren Wort-Schatz?

Ulrich Bratfisch, Dortmund

 

Was mein Leben reicher macht

Das stets strahlende Gesicht des achtährigen irakischen Mädchens, dem ich Woche für Woche versuche, zu einem besseren Deutsch zu verhelfen. Anschauliche Beschreibungen sind kein Problem, wie aber finde ich Übersetzungen für abstrakte Begriffe? Was bedeutet denn zum Beispiel das unversehens in einem Text auftauchende Adjektiv „sachlich“? Erklärungen meinerseits. Pause und Nachdenken aufseiten des Mädchens, dann plötzlich: „Aha … ’sachlich‘ ist ungefühlvoll!“

Gerda Bödefeld, München

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Café im Park, Sonnenschein, und ein tolles Gespräch mit der toughesten Frau der Welt an mei­ner Seite: meiner Mutter. Ein toller Tag mit einem Gefühl von Freiheit und Geborgenheit.

Tina Lockhoff, Berlin

 

65 Jahre DIE ZEIT

In Brüssel traf sich Europa- und Nato-Korrespondent Jochen Bittner mit dem EU-Büro des Landes Berlin und den Kollegen vom Landesbüro Brandenburg und sprach über die drängendsten Herausforderungen Europas: Wie rauskommen aus der Euro-Krise? Was tun gegenüber Libyen? Wie mächtig darf Brüssel werden gegenüber Berlin, unserer gewohnten Arena für Politik und Demokratie?

„Es war außerordentlich anregend, zu dem großen Thema der Zukunft der EU und ihren Verwerfungen die Auffassungen von Herrn Bittner und den Kolleginnen und Kollegen zu hören und zu diskutieren. Eine großartige Idee unserer Kollegin Stefanie Hornung und der ZEIT, aber auch ein tolles Format, die Berufseuropäer, sei es Journalisten und Referenten der Landesverwaltung, informell ins Gespräch zu bringen und auch kontroverse Blickrichtungen auszutauschen“, berichtete die Mitarbeiterin Andrea Gärtner im Anschluss.

Auch Jochen Bittner war begeistert: „Was Journalisten ja selten passiert, ist, dass sie sich mal keine schlauen Fragen ausdenken müssen, sondern mit ihnen beworfen werden. So war das im Berliner EU-Büro.“