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Strategie in Rettungsaktionen

 

Es liegt nahe, sich über Nicolas Sarkozy lustig zu machen. Er lädt Staatsoberhäupter und Regierungschefs zum Finanzkrisengipfel und scheint ernsthaft keinen Plan zu haben, was außer beruhigenden Worten gemeinsam verabredet werden soll. Für die EU schlägt er schon mal einen großen Bankenrettungsfonds vor von 300 Mrd. Euro oder etwas in der Größenordnung des US-Rettungspakets von 700 Mrd. Dollar. Und auch da war es ja zunächst so, dass völlig unbestimmt blieb, was mit der 700 Mrd. Dollar Ermächtigung angestellt werden sollte. Immerhin haben die Kongressabgeordneten ein paar Spezifikationen hineingeschrieben. Trotzdem bleiben viele Dinge völlig offen. Zum Beispiel die Frage, ob die Schrottpapiere zum aktuellen Notverkaufspreis oder zu 100 Prozent oder, wie Ben Bernanke meinte, irgendwo dazwischen aufgekauft werden sollen.

Bei Sarkozys Fonds ist noch nicht einmal klar, ob auch er den Banken primär unverkäufliches Material abkaufen soll oder, wie das in Deutschland so gern gemacht wird, Risikoabschirmung betrieben werden soll. Ganz absurd ist der Gedanke ja nicht, dass man in einem Kapitalbinnenmarkt wie der EU oder gar einer Währungsunion das staatliche Geschäft des Bankrettens dann auch gemeinsam und koordiniert machen sollte. Viel schlimmer als Sarkozys symbolhafte Geschäftigkeit ist da die abwehrende Haltung der deutschen Bundesregierung. Sie hat sich nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Bei der IKB-Rettung hat sie sich vom Bankenverband über den Tisch ziehen lassen, dessen Sicherungsfonds die Effekte einer Pleite hätte bezahlen müssen.

Die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) verläuft noch schlimmer. Der Bund beteiligt sich am gesamten Ausfallrisiko in Höhe von 35 Mrd. Euro mit mehr als 26 Mrd. Euro Von einer Entschädigung dafür ist nicht die Rede. Die Möglichkeit, die HRE zu verstaatlichen wird nicht erwogen. Das Finanzministerium verteilt zur eigenen Rechtfertigung einen gemeinsamen Brief der Herren Weber, Zeitler (Bundesbank) und Sanio (BaFin) an Steinbrück, in dem sie für den gewählten Rettungsplan plädieren, ihn als „vorzugswürdige Alternative“ beschreiben, andere Alternativen aber gar nicht ins Auge fassen. Dass Verstaatlichung die bei weitem bessere Lösung gewesen wäre, hat Robert Heusinger in der Frankfurter Rundschau in einem exzellenten Leitartikel überzeugend argumentiert. Allen zum Nachlesen empfohlen.

Das ist neben seiner Unbestimmtheit übrigens der zweite große Nachteil des großen Rettungspaketes in den USA: die Banken erhalten Staatshilfe satt, ohne dass sie dafür die Kontrolle über ihre Geschäfte abtreten müssen. Der Plan läuft – anders als bei der AIG-Übernahme aber ebenso wie bei Steinbrücks Aktionen – darauf hinaus, den Bankensektor so zu stellen wie etwa vor der Krise. Befreit von viel Ungemach können die Banker sich nach der Krise (und dem tiefen Konjunkturtal, das noch folgt) wieder ihrer so ertragreichen Spekulationstätigkeit widmen. Weder Steinbrück noch gar Bundesbankpräsident Weber scheinen zu begreifen, dass der Finanzsektor nicht wieder in den Stand von vor der Krise versetzt werden kann oder gar sollte. Es geht jetzt darum, seine eigentliche Funktion, die Kreditversorgung, aufrechtzuerhalten und das viele Drumherum möglichst schonend abzubauen. Das ist schwierig. Aber erst wenn dieses Ziel einigermaßen klar ist, lässt sich aus einzelnen Notfalloperationen eine Strategie entwickeln.