Arbeit lohnt sich nicht in diesem Land. Das ist die neue, alte Melodie, die die konservativen Zeitungen schon wieder ertönen lassen. Nein, es geht derzeit nicht um Schützenhilfe für die FDP und ihre Steuersenkungsfantasien. Wir befinden uns am ganz anderen Ende der Lohnskala, dort, wo es hartzt. Dort, wo der Staat das Existenzminimum zahlt.
Seit Wochen wird etwa die FAZ nicht müde auf das Lohnabstandsgebot hinzuweisen. Hilfe, so auch der Artikel „Der schmale Grat zwischen Arbeit und Hartz IV“ in ihrer Samstagsausgabe, viele Geringverdiener haben weniger in der Tasche, als ihnen durch Sozialhilfe zusteht. Was also tun?
Für konservative Zeitungen und Ökonomen, wie den Chef der Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz oder Hans-Werner Sinn vom Ifo, ist die Sache klar: Die Hartz-Sätze müssen gesenkt werden (auch wenn die Ökonomen in jüngster Zeit ihre alten Forderungen nicht mehr wiederholt haben). Nachtrag: Gerade meldet Bild-Online, dass Franz in der Wiwo fordert: Runter mit den Sätzen um 30 Prozent!!!!
Denn wer arbeitet, sollte mehr Geld haben als der, der nicht arbeitet. So weit so richtig. Allerdings, und hier wird es perfide: Wenn man eine Arbeitsmarktreform mit dem Ziel macht, die Löhne zu senken und das auf wunderbare Art und Weise funktioniert, dann darf man sich nicht ein paar Jahre später beschweren, dass das Lohnabstandsgebot nicht mehr eingehalten wird. In dieser Logik verhungert am Ende ein Teil der Gesellschaft.
Viel klüger ist es, über einen moderaten Mindestlohn die Gehälter der Geringverdiener über die Sozialhilfe zu hieven, die Ausbeutung monopsonistischer Marktmacht seitens der Unternehmen zu unterbinden sowie die Lohnsubvention den Menschen und nicht den Unternehmen zukommen zu lassen. All das erklärt Bert Rürup, der Ex-Chef der Wirtschaftsweisen sehr schön im Interview mit der FR.
Mir ist zwar seine Untergrenze für den Mindestlohn in Höhe von fünf Euro zu knapp bemessen, aber immerhin macht Rürup den richtigen Punkt, in der Debatte um das Lohnabstandsgebot. Diese Debatte wird ab Dienstag heftig geführt werden. Denn dann entscheidet das Verfassungsgericht über die Angemessenheit des Regelsatzes für Kinder. Hoffentlich gibt es ein mutiges Urteil, dass die finanzielle Ausstattung der Kinder und am besten auch noch der Erwachsenen verbessert.