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No, we cannot

 

Die Rettungsaktion für Griechenland dürfte als der unprofessionellste bailout aller Zeiten in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Das wochenlange Hickhack der Politik (und die SPD liefert eine ähnlich erbärmliche Vorstellung ab wie Union und FDP) hat nun auch den letzten Marktteilnehmer verunsichert. Europa steht in Flammen und es ist nicht mehr auszuschließen, dass wir gerade den Anfang vom Ende der Währungsunion erleben.

Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach: Europa hätte ganz schnell und im Brustton der Überzeugung einen satten Batzen Geld ins Schaufenster stellen müssen und gut wäre es gewesen. Genau so hat man es bei den Banken gemacht. Und es hat trotz der Nebenwirkungen funktioniert – die Arbeitslosigkeit liegt heute in Deutschland bei zehn Prozent und nicht wie 1930ff bei 25 Prozent.

Aber das durfte ja nicht sein, weil die Großtaktiker im deutschen Kanzleramt durch die Verweigerung der Auszahlung den Druck auf die Griechen aufrechterhalten wollten. Ihr Argument ist im Grunde ja nicht verkehrt, doch spätestens als die Regierung in Athen ihr massives Sparprogramm verkündet hatte, hätte die Gemeinschaft, die geladene Pistole auf den Tisch legen müssen. Viel mehr ließ sich aus dem Land nicht herausquetschen.

Aber da ging es ja längst nicht mehr um eine rationale Krisenbewältigung, sondern um die Befriedung des deutschen Boulevards und den heiligen Vertrag von Maastricht, der das Retten nun einmal verbietet. Ergebnis ist eine Wirtschaftspolitik nach den Prinzipien von Schuld und Sühne: Gut ist, was den Griechen weh tut.

Dumm nur, wenn was den Griechen weh tut, auch uns weh tut. Beziehungsweise unseren Banken und Sparern, die ihr Geld in Griechenland angelegt haben. Und den Unternehmen, die sich vielleicht bald wieder an ein Europa im ständigen Währungschaos gewöhnen müssen. Und den Arbeitnehmern, die ihre Jobs verlieren werden. Den Scharfmachern ist das egal, aber der Kanzlerin darf es nicht egal sein.

Wenig überzeugend auch die jetzt immer wieder zu hörende These, Griechenland sei nicht illiquide, sondern insolvent und brauche deshalb keine Finanzspritzen sondern einen Schuldenerlass. Ähnlich hat man bei den Banken auch argumentiert und doch haben sich einige berappelt und stehen jetzt nicht so schlecht da. Die Grenze zwischen Illiquidität und Insolvenz ist eben fließend – und wenn die Liquidität eine Weile zu teuer ist, dann kommt es eben zu Solvenzproblemen. Umgekehrt kann ein Land wieder auf die Beine kommen, wenn die Zinsen niedrig genug sind.

Selbst im Fall einer Überschuldung gäbe es gute Gründe, die Insolvenz zu verschleppen – bis sich die Märkte beruhigt haben und ein Zahlungsausfall kein Chaos mehr verursacht. Was bei einem Unternehmen strafbar wäre, kann bei einer Volkswirtschaft sinnvoll sein. Wer jedenfalls ständig von Umschuldung und Beteiligung der Gläubiger an den Kosten spricht, der muss sich nicht wundern, wenn niemand mehr den Griechen Geld leihen will und die Märkte in Aufruhr sind. Genauso kontraproduktiv wäre der Ausschluss der Griechen aus der Euro-Zone. Wie um alles in der Welt sollen sie mit einer Billig-Drachme die Euro-Schulden zurückzahlen?

Am Ende haben die europäischen Rettungskünste das Schlechteste aller Ergebnisse herbeigeführt: Wir geben viel Geld aus, aber die Wirkung ist gleich Null.

Toll gepokert.

Update: Manfred Lahnstein sieht es ähnlich und Weissgarnix trifft den Nagel auf den Kopf. So viel Einheit war nie.