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Rettungsversuch. Klappe, die zweite

 

Upps. Das hatte niemand auf der Rechnung. Die beiden mächtigsten Männer der Welt sangen im Duett: It is not our job to bail out speculators. Was so viel heißt, wie es ist nicht unsere Aufgabe, Spekulanten aus der Klemme zu helfen. Das sagte George W. Bush in seiner Rede, mit der er erste Maßnahmen zur Eindämmung der Subprime-Krise verkündete. Das sagte eine Stunde vorher Ben Bernanke, der Chef der amerikanischen Fed. Gut gebrüllt. Und die konzertierte Aktion verfehlte auch nicht ganz ihre Wirkung. Einige übermütige Spekulanten, die sich heute das Rettungspaket par Excellence versprochen hatten, bekamen etwas auf die Finger. Dennoch darf der Satz nicht darüber hinweg täuschen, dass Bush heute höchstpersönlich nachgelegt hat. Mit einem neuen Rettungsversuch. Vor zwei Wochen erst hatte Bernanke den Diskontsatz der Fed gesenkt und das Diskontfenster für alle möglichen toxischen Papiere weit aufgemacht. So ernst ist die Krise am amerikanischen Hypothekenmarkt, so ernst ist die Krise im globalen Kapitalismus. Sind die Ankündigungen Bush’s für die armen, in Zahlungsschwierigkeiten steckenden Haushalte das richtige Heilmittel?

Kurz was Bush vorhat: Er möchte, dass Menschen, die seit 90 Tagen in Zahlungsverzug sind, die Möglichkeit erhalten, durch die Federal Housing Administration (FHA) abgesichert zu werden. So sollen sie in ihrem Haus wohnen bleiben, einer Zwangsvollsteckung entgehen und niedrigere Zinsen bezahlen. Die Federal Housing Administration, die heute schon Menschen mit niedrigen Einkommen bei der Erlangung von halbwegs günstigen Hypothekenkrediten hilft, soll den Kreis der Berechtigten erweitern. All jene Haushalte dürfen die Versicherung in Anspruch nehmen, die durch den Anstieg der (vorher vereinbarten, aber nicht überblickten) Zinszahlungen in Schwierigkeiten geraten. Wenn ich die Vorschläge richtig verstehe, dürfen Menschen, die inzwischen arbeitslos geworden sind und deshalb die Hypothek nicht bedienen können, nicht die FHA um Hilfe bitten.

Positiv ist auf jeden Fall, dass die Rettung an der Stelle ansetzt, wo das Problem gefixt werden muss. Konnte die Fed bei früheren Hypothekenkrisen noch den amerikanischen Bankensektor retten und das systemische Risiko war vom Tisch, so ist es diesmal anders. Die ganze Welt hat sich mit den toxischen amerikanischen Hypothekenkrediten eingedeckt, überall kriselt es an den Geldmärkten. In Europa, Asien und Amerika. Überall traut die eine Bank der anderen nicht mehr über den Weg, überall riecht es nach Liquiditätsknappheit/Credit Crunch. Deshalb muss in der aktuellen Krise die Hypothek an sich irgendwie wasserfest gemacht werden.

Negativ ist, dass auch nach diesen Ankündigungen niemand weiß, welches Risiko er in seinen Asset-backed tatsächlich hat. Nur Haushalte mit einer tadellosen Kredit-Historie kommen in den Genuss des neuen Programms „FHA Secure“. Bush’s Ankündigung erhöht den Wert der toxischen Papiere etwas, aber sie bleiben weiterhin eine Blackbox.

Meine bevorzugte Rettungsaktion sähe anders aus: Die FHA oder wer auch immer garantiert einen gewissen Wert aller notleidenden Hypotheken, sagen wir der Jahre 2002 bis 2006. Die Institution übernimmt von den in Zahlungsnöten steckenden Haushalten die alte Hypothek und gibt ihnen eine neue, niedriger verzinste. Dann sind die Haushalte gegenüber dem (guten Vater) Staat verschuldet und fallen nicht in die Hände irgendwelcher Vulture Funds (Geier). Natürlich darf der Staat die übernommene alte Hypothek nicht zu 100 Prozent übernehmen. Das wäre der lupenreine bail-out für alle Spekulanten. Aber eine garantierte Rückzahlung zu 80 Prozent, oder 90 Prozent? Das wärs. Dann wüssten alle Banken und Spekulanten auf der ganzen Welt, wie viel ihre amerikanischen Hypotheken mindestens Wert sind. Und die Unsicherheit könnte sich langsam legen. Vor Verlusten wären aber niemand geschützt. Und bei den hohen Verschuldungsgraden kann ein Abschlag von zehn Prozent noch vielen Hedgefunds und Banken mit conduit den Hals brechen. Vielleicht reichen auch fünf Prozent Abschlag?

An den Finanzmärkten herrschte heute Partystimmung, genau wie vor zwei Wochen als die Fed den Diskontsatz gesenkt hat. Damals war es für Party zu früh. Heute ist es ebenfalls noch zu früh. Denn die Ankündigung von Bush allein wird das Vertrauen nicht wieder herstellen. Und Ben Bernanke hat doch einigermaßen deutlich klar gemacht, dass er sich mit dem Schreiben eines Put’s schwertut – ganz anders als Meastro Alan Greenspan.

PS: Der einzige plausible Grund für die recht festen Aktien über die vergangenen Wochen, der mir einfällt: Aktien sind keine Schulden. Aktien sind derzeit wahrscheinlich die besten Wertpapiere direkt hinter Staatsanleihen.