Zum dritten Mal erschien der Zeuge Thomas R. am Dienstag vor dem Münchner Oberlandesgericht. Seine Verbindungen zur mittlerweile verbotenen rechtsextremen Organisation Blood & Honour weckten das Interesse der Nebenklageanwälte, die wie schon oft von Bundesanwaltschaft und Verteidigern ausgebremst wurde – doch nicht von Richter Manfred Götzl. „Er ist nicht mehr derselbe wie vor einem Jahr“, urteilt Frank Jansen vom Tagesspiegel. „Die Verflechtungen der braunen Milieus interessieren ihn nun deutlich mehr“ als zu Prozessbeginn.
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„So interessant es bisweilen ist zu erfahren, wie weitläufig vernetzt das Unterstützerumfeld der mutmaßlichen Terrorzelle NSU war (…), so fraglich ist es, ob vor Gericht auch anderes als ’nur‘ die Anklage verhandelt werden soll“, schreibt Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. An diesem Tag habe sich erneut eine Grundsatzdiskussion darüber entsponnen.
Tim Aßmann vom Bayerischen Rundfunk sieht das Ende des NSU-Prozesses wegen der ausufernden Fragen in weiter Ferne: „Dann wenn auch noch die allerletzte, unendlich weit hergeholte Frage zu rechtsextremen Strukturen gestellt wurde.“ Das Interesse der Nebenkläger nach Aufklärung könne zwar helfen, diese Strukturen auszuleuchten, „mit dem Prozess hat das Ganze aber nichts zu tun“.
Zeuge R. soll das NSU-Trio nach dessen Flucht 1998 bei sich aufgenommen haben, außerdem soll er Herausgeber eines rechten Blättchens gewesen sein und Konzerte veranstaltet haben. Davon konnte oder vielmehr wollte er vor Gericht jedoch nicht viel erzählen: „Ihm eine konkrete Frage zu stellen, ist meist ergebnislos“, resümiert Friedrichsen. Zu den interessanten, wenngleich unbeantworteten Fragen gehörte eine von Beate Zschäpes Verteidigerin Anja Sturm. Sie sagte, dass ihr Erkenntnisse vorlägen, Zschäpes Komplize Uwe Mundlos habe einige Wochen allein bei R. gewohnt. Der Zeuge antwortete, er erinnere sich nicht.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 9. Oktober 2014.