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Der große, schöne Einheitsausflug

Es hat Tradition bei uns, dass wir immer am Tag der Deutschen Einheit nach Chorin fahren. Chorin liegt im Biosphärenreservat Schorfheide, ist eine schlappe Bahnstunde von Berlin entfernt und eine wunderbarer Austritt aus dem Raum-Zeit-Kontinuum. Man fährt also von Berlin aus ein Stündlein mit der Bahn, steigt am Bahnhof Chorin aus, tappt die Bahnhofstraße hoch, biegt rechts ab in die Dorfstraße, geht links den Hüttenweg herunter, verlässt die Ortschaft und geht dann rechts die neue Klosterallee hoch, die in die alte Klosterallee mündet. Wer gut zu Fuß ist, schafft all dies in einer guten halben Stunde. Man kehre sodann in der Immenstube ein, einem Hotelrestaurant mit „Honig-Bar“; zig verschiedene Honigsorten können dort probiert und gekauft werden. Man speist dort rustikal und lecker, trinkt mehrere „Odin-Trunk“-Honigbiere und kraxelt dann einigermaßen verstrahlt am Amtssee vorbei, bergauf Richtung der Kloster-Ruine von Chorin, die auf einer Berganhöhe prangt.

Im Innenhof des Klosters kann man sich auf der Wiese ablegen und vor sich hin dösen, aber auch auf dem dortigen Markt sich weiter das Wämslein mit leckeren Sachen füllen.

Ein schöner Tagesausflug, der von den Entfernungen her auch für eventuell mitgezerrte Kinder gut zu bewältigen ist und selbige rotbewangt und glücklich auf der Rückfahrt im Regional-Express einschlafen lassen wird.

Stets aktuell: Bahnverbindungen nach Chorin

Wunderschöne Fotos.

 

Die Deutsche Oper knickt ein

Aus Angst vor möglichen islamistischen Protesten hat die Deutsche Oper in Berlin die Mozart-Oper „Idomeneo“ aus dem Programm genommen. Die ab 5. November geplante Wiederaufnahme des Werks ist soeben vom Spielplan gestrichen worden. In der Oper geht es um den Aufstand der Menschen gegen die Götter. Im Epilog zieht der Titelheld aus einem blutigen Sack die enthaupteten Köpfe von Poseidon, Jesus, Budda und Mohammed.

Das ist übrigens kein Witz, sondern wird hierorts den heutigen von allen Nachrichtenagenturen verbreitet.

Wenn man jetzt noch wüsste, vor wem die Deutsche Oper am meisten Angst hat: Vor den alten Griechen, wütenden Christen, den bekanntermaßen brandgefährlichen Buddhisten oder dem Islam? Schwierige, sehr sehr schwierige Frage.

Könnte eine Marktlücke für Versicherungen werden: Spezielle Kultur-Außendienstler für Theater und Konzerthäuser, die sämtliche Werke seit der Steinzeit auf potenziell religiöse Gefühle verletzende Stellen durchforsten.

 

Ein Kreuz mit dem Südkreuz

Gestern mit dem Zug aus Hamburg im blitzblanken, neuen Bahnhof „Südkreuz“ angekommen – und verzweifelt. Wie um Gottes Willen soll bloß ein Ortsfremder sich hier zurechtfinden? Wer aus dem Untergeschoss mit dem ICE angekommen ist, den Fahrstuhl zur S-Bahn nimmt und von dort weiterreisen möchte, der ist verloren. Auf den ersten Blick sieht man weder einen Netzplan („Spinne“), noch erheischt das Auge einen Fahrkartenautomaten. Nach mehreren Umrundungen der Szenerie an den Enden der Bahnsteige ganze zwei (!) Fahrkartenautomaten gefunden, auf denen pappen dann auch die Netzpläne. Das ist zu wenig! Da findet sich nicht mal ein Berliner zurecht. Mustergültig hingegen die Beschilderung und Benutzerführung im neuen Hauptbahnhof. Klar, deutlich, präzise.

 

Warum wir wählen gehen sollten.

Die zitty titelt in der aktuellen Ausgabe: „Darum gehen wir nicht mehr wählen“. Was auch immer die Antworten sein mögen, das Nichtwählen wäre in diesem Jahr ganz besonders dämlich, denn in diesem Jahr bekommen wir einen vierten Stimmzettel, der die Teilnahme an einer Volksabstimmung erlaubt: Es geht um nicht weniger als eine Verfassungsänderung.

Artikel 62 und 63 der Berliner Landesverfassung könnten geändert werden. Diese beiden Artikel regeln die Bestimmungen zu Volksbegehren bzw. Volksentscheiden. Ein Volksbegehren ist damit bereits angenommen, wenn 20.000 Unterschriften (statt bisher 25.000) zusammengekommen sind. Die genauen Fassungen von Arikel 62 und 63 sind hier nachzulesen.

Wählen lohnt sich diesmal wirklich.

 

Konsequent Berlin oder ziemlich Potsdam?

Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Aber ich sollte. Sagt der Wahlomat, nachdem ich ihm 20 intime, hoch politische und brennend-brennende Fragen (z.B. meine Meinung zur „Wiedereinführung für Kopfnoten wie Fleiß und Betragen“ oder einem potenziellen „Ausbau der Binnenschifffahrtswege in Berlin?“) beantwortet habe. Ich habe also 20x auf „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ geklickt und soll jetzt FDP wählen. Ich könnte natürlich auch eine der anderen 22 Parteien wählen. Wäre gar kein Problem. Könnte – zack! – am 17. September bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin die „Grauen“ wählen, in deren Wahlprogramm steht, wie’s geht, mit der Welt:

„Ehrlichkeit ganz oben auf der Wunschliste… und wir hätten Geld ohne Ende.“

Ah, ach so! Einfach nicht mehr lügen, und rummsdibumms ist Geld in der Kasse. Mit anderen Worten, habe ich genug Kohle, kann ich lügen wie gedrückt. Nein, eine solche Partei ist nicht meine Tasse Tee.

Könnte natürlich auch die PSG wählen, die „Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale“. Hui, das klingt aber ganz schön Heinermülleresk. Haupt-These: „Arbeit zu finden, ist ein soziales Grundrecht.“ – och nöh. Ich finde, es soll jeder machen, was er will, und Stein findet das auch.

Vielleicht die Humanwirtschaftspartei? Die hat zwar ganz schöne Ideen („Die Abschaffung sämtlicher Steuern auf den Faktor ‚Arbeit‘ (Lohn- und Einkommenssteuer) [ausschließliche Besteuerung von ‚Verbrauch‘] sowie die Reduzierung der Kapitalkosten durch die ‚Umlaufsicherung'“), aber erst 35 Mitglieder, und gerade eine so vernunftorientierte Partei wird wohl verstehen, wenn ich im Sinne einer persönlich-politischen Investitionssicherheit hier erst mal ein bissl Angst habe ein Kreuzlein zu machen.

Der Wowereit! So nett sieht der aus. So ein feines Kerlchen! Denn will ich wählen. Aber ich kann nicht: Weil auf seinen Plakaten steht: „Konsequent Berlin“. Ich kann so nicht wählen! Konsequent Berlin. Das ist wie: „Ziemlich Potsdam“. Oder „Ganz schön Bremen“. Wenn nicht gar „Mein lieber Scholli Travemünde“.

Ich weiß nicht, was ich wählen soll. Ich mach den Wahlomat einfach nochmal von vorne.

 

Wie sieht Gott aus?

UPDATE: UND SO WAR’S DA.

Warum gibt es in meinem Supermarkt andauernd einen so genannten „Storno“? Wie belpt man einen Rodiot? Gibt es das Perpetuum Mobile doch? Fragen dieser Art werden am kommenden Samstag auf dem Bebelplatz geklärt. 112 hochdekorierte Wissenschaftler aus aller Welt werden simultan 100 dergestalt existenzialistischer Fragen gleichzeitig beantworten, gefilmt von 112 Videokameras. Krank? Klasse! Das Projekt wird unter www.droppingknowledge.org online begleitet und von meiner Kollegin Juliette Guttmann besucht. Am Sonntag also mal unter www.zeit.de reinschauen und den Artikel genießen.

 

Berliner Nadelöhre

Der Autor dieser Zeilen neigt zur Ungeduld. Diese Ungeduld wird verschärft durch vegetative Begleitsymptomatiken wie Hunger oder Durst. Aus diesem Grund geht der Autor dieser Zeilen, obwohl er durchaus ein Faible für großflächige Hamburger hat, schon seit längerer Zeit nicht mehr zu McDonald’s oder Burger King. Bei McDonald’s kriegt er einen Wutanfall nach dem Anderen, weil vor den Kassen völlig erratische Trauben von Geistesgestörten herumlungern, deren Mitglieder oftmals weder registrieren, dass sie schon längst dran sind ihre Bestellung aufzugeben geschweige denn überhaupt schon überlegt haben, was sie eigentlich essen möchten. Bei Burger King ist es selten besonders voll, dafür hält man dort nichts von Vorratshaltung sondern produziert die Burger üblicherweise erst nach deren Bestellung. Bezahlen darf man sie natürlich gerne gleich.

Das waren jetzt zwei Beispiele für Nadelöhre.

Eines der nervötendsten Nadelöhre Berlins ist aber das Gastronomie-Nadelöhr der Domäne Dahlem. Letztgenannter Ort ist eigentlich für Menschen mit Kindern ganz angenehm. Man fährt ein paar Statiönchen mit Bus oder U-Bahn und ist mitten im Grünen, auf einem Bauernhof mit richtigen Muh-Kühen und Mäh-Schafen. Man kann Picknicken, Traktorfahren und dergleichen ulkige Dinge. Man ist in der Natur. Es ist okay. essen und trinken kann man da auch. Könnte man, wäre da nicht das Nadelöhr.

Will man etwas essen, geht man zu einem Bretterverschlag, hinter dem sich eine Großküche befindet und bestellt sein Essen. Hat man Durst, wird man zu einem anderen, fünfzig Meter entfernten Bretterverschlag geschickt und muss sich dort gesondert anstellen. Und dieser Getränke-Bretterverschlag ist der Vorhof zur Hölle. Da arbeiten zwei Menschen, eine blutleere Demeter-Dame und ein hektisch herumwitschender Mann unbestimmten Alters oder Herkunft. Das Schöne: Beide behindern einander in einer ins Genialische lappenden Art und Weise, sodaß vor diesem Getränke-Bretterverschlag immer eine Schlange genervter Menschen steht. Immer. Immer. Immer. Man hat hier schon gestandene Bio-Öko-Männer Wutanfälle bekommen gesehen. Macht mich fuchtig, das da.

Wer andere Berliner Nadelöhre kennt, bitte hier posten.

 

Die Zen-Strecke neben der Rennstrecke

Immer, wenn mir der Kopf schwer ist und ebendieser Kopf dringend gelüftet werden muss, fahre ich mit dem Rad meine Zen-Strecke. Ich nenne diese Strecke so, weil ich auf ihr unglaublich gut abschalten kann. Sobald ich die ersten Meter auf dieser Strecke geradelt bin, kommen meine Gedanken zur Ruhe. Die Rede ist vom Kronprinzessinnenweg, der von der S-Bahn-Station Nikolassee parallel zur Avus bis hin zum Messegelände/ICC führt, von der Avus nur durch einen zwanzig Meter langen Waldstreifen getrennt. Man fährt also unten am Nikolassee los, zur Linken der dichte, dunkle Grunewald mit Vogelgezwitscher und ähnlichem, zur Rechten als direkter Kontrast die rauschende Avus. Der Kronprinzessinnenweg ist für Autos gesperrt und wird hauptsächlich von Radfahrern benutzt, ein paar Jogger und Inline-Skater sind auch da. So fährt man also stur und stulle geradeaus bis zum Dreieck Funkturm, knappe zwanzig Minuten dauert das. Der Straßenbelag ist fantastisch, man kann herrlich vor sich hinstarren und sich dieser Zen-Meditation light bestgelaunt hingeben. Je nach persönlichem Trainingsbedarf kann man die Strecke ein bis fünf mal abfahren, falls einen ein Unwetter überrascht, kommt man mit der S-Bahn (Messe Süd, Grunewald oder Nikolassee) von fast jedem Abschnitt dieser Strecke aus wieder trocken weg. Schöne Sache.