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Berliner Polizei bewerten

Heute sehr niedlicher Anruf auf meinem Handy.

Juten Tach, spre’ck mit Jochen Reinecke?
Ja, am Apparat.

Warnke, Berliner Polißei, Sie hám vor einijer ßeit den Notruf anjerufen. Is det korrekt?
Ja, das ist richtig.

Wir machen jerade eine Qualitétsübaprüfung und ick wollte frahren ob ick Ihnen ein paar Frahren frahren kannn.
Können Sie gern.

Jut. Denn komm wa ßu die erste Frahre: [liest hörbar ab] Was war der Anlass Ihres Notrufs?
Ich wollte eine defekte Ampelanlage an der Potsdamer Straße melden, an der es bereits einen Unfall gegeben hatte.

Mussten Sie lange warten?
Nein.

Wie beurteielen Sie die Freundlichkéit des diensthabenden Kolléjen. Sehr jut, jut, ßufriedenstellend oder unjenüjend?
Sehr gut.

Wie beurteielen Sie die Kompetenz des diensthabenden Kolléjen. Sehr jut, jut, ßufriedenstellend oder unjenüjend?
Sehr gut.

Wie sind Sie insjesamt mit dem Jespräch ßufrieden….
Also, ich meine, es war ja nur wenige Sekunden…

Ds janz éjal, ick muss hier den Frahrebohren abarbeiten.
Ja, dann war ich wohl sehr zufrieden mit dem Gespräch.

Jut dem Dinge, denn sahr’ck herzlichen Dank und n schönen Sonntag noch.
Wiederhören.

 

Kreuzberg, quo vadis?

Was ist eigentlich los? In Kreuzberg steht eine überraschte Polizeitruppe einer Hundertschaft Jugendlicher gegenüber. Gestern holte eine Gruppe von sieben Jugendlichen einen einzelnen Schüler während der Unterrichtszeit aus dem Klassenraum und stach ihn nieder. Ebenfalls gestern nachmittag: Eine aufgebrachte Gruppe von Libanesen hindert Notärzte bei der Versorgung eines Unfallopfers. In Tempelhof wiederum verprügeln über fünfzig Schüler einen einzelnen Mitschüler. Der Wrangelkiez, bei dem die erstgenannte Situation eskalierte, gilt schon länger als Problemviertel. Einzig und allein die „Konrad Tönz Bar“ in der Falckensteinstraße gilt dort noch als Anlaufstelle für junges, friedliches Party-Volk, ansonsten verroht die Gegend zusehends. Wie schon hier festgestellt, ist das Problem nicht in erster Linie das Streitpotenzial einer Großstadt als solches. Wo Menschen unterschiedlichster sozialer Schichten, Herkünfte und Glaubensrichtungen aufeinander hocken, kann und wird es immer wieder zu Differenzen kommen. Mich jedoch erschrecken zwei Dinge: Die unkalkulierbar ausbrechende, mehrere Eskalationsstufen mit Leichtigkeit überschreitende Aggressivität und das völlige Ignorieren von Autoritäten (Lehrer, Schuldirektor, Polizei etc.) unter Inkaufnahme aller Konsequenzen. Beides spricht für ein völliges Fehlen von Empathie und – viel schlimmer – dafür, dass die Gewaltausübenden sich offensichtlich gesellschaftlich dermaßen mit dem Rücken zur Wand wähnen, dass sich dieses Gefühl in völlig blindem Hass und Gewalt entlädt.

Es wird in Kauf genommen, verhaftet, ggf. abgeschoben zu werden. Es wird in Kauf genommen, dass wegen nichtigster Streit-Anlässe Menschen sterben oder lebensgefährlich verletzt werden. Es wird in Kauf genommen, dass Unfallopfer zu Tode kommen.

Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass die Zahl der No-Go-Areas steigt. Wer sagt, es gebe sie nicht, der lügt. Die Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen funktioniert nur in den Teilen der Stadt, denen es finanziell noch einigermaßen gut geht. Wir sehen das rund um die Crellestraße in Schöneberg, wo Deutsche und Zugezogene sehr harmonisch miteinander leben und in vielen Kreuzberger Bezirken ebenfalls. Riskant wird es da, wo finanziell schlecht stehende Deutsche und Zugezogene miteinander zurecht kommen müssen. Wir müssen bedauernd zur Kenntnis nehmen, dass viele der Menschen dort so hoffnungslos sind, dass sie bereit sind für einen schnellen „Sieg“, sei es das Abziehen eines MP3-Spielers, sei es im Streit um die Abspiellautstärke von Musik das letzte Wort zu haben, sei es der erfolgreiche Kampf um die „Ehre“ oder der gottverdammte „Respekt“, sämtliche anderen moralischen Werte hinzuwerfen. Man kann den Jugendlichen das nur zum Teil vorwerfen. Sie sind Täter und Opfer zugleich, müssen ein ums andere kulturelle, soziale und ganz ureigene (Pubertät) Konflikte in sich austragen.

Wir ernten gerade die Früchte einer „Integration durch etwas Geld hinwerfen und ansonsten in Ruhe lassen“. Was wir brauchen ist Integration durch eingehende Sprachförderung (und -forderung!) und nachhaltige Kontrolle von intellektueller und sozialer Bildung. Das kostet Geld. Vermutlich ist es trotzdem billiger, als in 1-2 Jahren Pariser Banlieue-Verhältnisse vor der Haustür zu haben.

 

Clärchens Ballhaus – the place to be.

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich dies hier öffentlich zugeben soll, aber: Egal! Im Rahmen umfangreicher Feierlichkeiten war man in Clärchens Ballhaus eingerückt: und es war gut! Ein großer Ballsaal, warmgebollert von zwei gigantischen Kachelöfen und Hunderten von Menschen. Eine Tanzfläche, über der die größte vollständige Spiegelkugel hängt, die ich je sah, auch muss, so behauptet zumindest steif und fest, mein Rest-Erinnerungsvermögen, ein nicht geringer Teil der Lokalität mit Alufolie ausgestaltet gewesen sein. Die Tanzfläche wird umringt von Tischen, eine Bierbar und eine „Weinbar“, die aber auch Longdrinks und ein paar Cocktails bereithält, am Nord- und Westflügel der Tanzfläche.

Was auffällt: Das Personal! Ganz, ganz alte Schule. Und äußerst gemischt. Eine pummelige Kaltmamsell, eine atemberaubende, direkt aus einem Almodóvar-Film entsprungen scheinende, an Rassigkeit und Grazilität nicht zu überbietender Kellnerin, mehrere schrullige, livrierte Herren, extrem serviceorientierte Barmänner, die auch ausgefallene Getränke-Extrawünsche gern erfüllen – kurz: ein bunt zusammengecastetes Sammelsurium von Originalen. Man muss sich Clärchens Ballhaus so vorstellen, wie das Kumpelnest 3000 zu besten Zeiten, allerdings auf etwa einem Viertel der Drehzahl. Was hier an Leuten zusammenkommt, ist dermaßen bizarr und wundervoll gemischt, dass es schwer zu beschreiben ist. Völlig durch Schminkexzesse und abartigste Kostümierung entstellte Sekretärinnengruppen aus Lichtenrade, hochnäsige Tango-Tänzer, Gigolos in den späten Fünfzigern, komplett in Woolworth gekleidet, aber begnadet beim Tanzen, Touristen, Nachbarn, ganze Partybesatzungen, schöne, hässliche, gerade, krumme. Es herrscht hochansteckende Ausgelassenheit.

Ich beobachtete einen einsamen, vierschrötigen Mann Mitte Fünfzig, der allein an einem Tisch saß und sein Hartz IV Monatssalär vertrank. Er stierte umher, nach einem Tanzopfer suchend. Er sah eine Frau, die mit ihrem Freund am Tisch saß. Er stand mühsam auf, was viele Sekunden dauerte, wankte langsam zu dem Paar hin. Forderte die Frau zum Tanz auf. Die Frau schaute eine Hundertstelsekunde lang angewidert, dann zog sie ihre Miene gerade, zwinkerte Ihrem Freund zu und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Es lief irgendein im Grunde genommen unerträgliches Tanzlied, möglicherweise „Sex Bomb“, egal, jedenfalls tanzten die beiden in einer Entfesseltheit miteinander, die beängstigte. Der Mann, so schien es, wollte jeden Moment vor Glück platzen. Nach dem Tanz führte er die Frau brav zurück, setzte sich wieder an seinen Trinktisch und trank weiter. Diesem Mann war geholfen worden. Wie sehr, wissen wir alle vielleicht gar nicht.

Tatsache ist, in Clärchens Ballhaus möchte man am liebsten täglich. Es ist ein herrlicher, kranker, gesund machender Ort. Es möge bitte immerdar bestehen.

Mehr hier: http://www.ballhaus-mitte.de/

 

Ich glaub, mich tritt ein Pferd

Update: Nun also doch Reinickendorf. Schlimm genug, dass sich die Irren überhaupt zusammenrotten dürfen.

Wenn ich so etwas lese, kriege ich das kalte Reihern. Ein NPD-Bundesparteitag am Jahrestag der Novemberpogrome. Wobei: das verstaubt-defekte Ambiente der Trabrennbahn Mariendorf passt schon ziemlich perfekt zu einer Veranstaltung der Ewiggestrigen.

 

Gewalt im Nahverkehr nimmt zu

Bei Spiegel online steht, was wir hier alle schon wissen: Die Gewalt im ÖPNV nimmt drastisch zu. Ich selbst erlebe es inzwischen mindestens einmal wöchentlich: Eine fünf bis achtköpfige Gruppe von Hänflingen macht – vor allem im Oberdeck von Linienbussen – bewusst so viel Lärm, dass irgendjemand um Ruhe bittet. Sofort wird in einer Mischung aus frustriertem Opferhabitus und schwerer Aggressivität zurückgemeckert, -gespuckt oder -geschlagen. Die BVG beklagt, dass es im Schnitt 2x täglich zu tätlichen Angriffen auf Fahrer und Sicherheitspersonal kommt. Wer hat ähnliches erlebt?

 

Roochen oda nich roochen?

Rot-Rot hat beschlossen: In der kommenden Legislaturperiode soll ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet werden, welches mittelfristig zu einem Rauchverbot in allen Berliner Gaststätten führen soll. Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD): „Wir wollen den Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten durchsetzen.“ Sie kann sich sogar ein komplettes Rauchverbot in Restaurants, Kneipen und Clubs vorstellen.

Hmmmm. In der Schultheiß-Butze sitzen ohne eine dichte, durstfördernde Wand aus Zigarettenqualm? Der kleine, putzige Zigarillo nach dem Essen: Vergangenheit? Das Rockkonzert ohne lustvoll bis auf den Filter heruntergequarzte Kippen? Könnte sein. Und? Wäre das schlimm? Ein bisschen. Wäre daduch was gewonnen? Im Großen und Ganzen wohl dann doch eine Menge.

Irland und Frankreich haben es vorgemacht: Es funktioniert. Die Menschen konsumieren in der Kneipe nicht weniger Essen und Getränke, als vorher. Die Raucher stehen halt in kleinen, geselligen Grüppchen vor den Lokalen und quarzen sich gemütlich eins. Oder sie lassen es eben. Und finden es weniger schlimm, als sie selbst dachten.

Nun kann man fragen: Warum muss ein solches Rauchverbot immer gleich staatlich verordnet werden? Der „mündige Bürger“ als solcher wünscht sich doch immer, der Staat möge sich weitestmöglich zurückziehen und gefälligst die Klappe halten. Nun: Der Bürger ist nicht mündig und dezent genug. Wenn ich ein Salmiak-Lakritz esse, ist das meine Privatsache. Wenn ich allen umstehenden ebenfalls gegen ihren Willen eins in den Mund stopfe, dann ist das nicht mehr meine Privatsache, sondern eine Belästigung. Mit dem kleinen Zusatz, dass Lakritz in haushaltsüblicher Dosierung niemandem schadet.

So lange ich dies als Raucher nicht verstanden habe, muss ich – so bedauerlich das ist – an die Hand genommen werden und mir gefallen lassen, dass mir das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten wird. Ich habe selber viele, viele Jahre geraucht und weiß daher: Rauchen ist unglaublich bescheuert, macht aber Spaß. Leider verärgert und schadet es – außer einem selbst natürlich – auch anderen Menschen. Man sollte daher die Dezenz aufbringen es nur dort zu tun, wo es wirklich niemanden stört. So lange es aber genügend Spacken gibt, die das nicht kapieren, muss der Staat eben draufhauen.

 

Was ist los mit der Victoria Bar?

Die von mir seit Jahren heiß geliebte Victoria Bar; ist sie auf dem absteigenden Ast? Kürzlich einige Update-Besuche gemacht. Der Laden brummt. Sehr. Er ist rappelvoll. Und laut. Und es sind leider zu wenig Barkeeper dort. Beat, Stefan und der glatzköpfige Portugiese, sie sind sehr, sehr gute Barkeeper. Aber mit einem randvollen Laden sind sie überfordert. Die Wartezeiten auf Drinks steigen ins Unangenehme. Und seit es in der Vic Bar außerordentlich gutes Essen gibt, brummt der Laden noch mehr. Und die Leute sind noch durstiger. Was dazu führt, dass hektisch-schlampig gemixt wird. Kürzlich einen völlig übersäuerten Singapore Sling nur mit Mühe herunterbekommen. Kann irgendwie nicht sein, dass das Essen besser ist als die Drinks? Hoffe, das bessert sich wieder.

 

Endlich: Der Antirucksack – aus Berlin!

Wer tagsüber mit dem Fahrrad die Gegend oder nachts die Clubs durchstreift hat zumeist ein Taschenproblem. Wohin mit ipod, Mobiltelefon, Münz- und Plastikgeld? Portmonees tragen dick auf, Mobiltelefone bringen unangenehmes Ungleichgewicht in Hemden- oder Sakkotasche, mp3-Spieler und Kopfhörer sind empfindlich. Und Handtaschen nerven. Rucksäcke noch viel mehr! Sie bringen den Körper in Unwucht, müssen vielerorts abgegeben oder in Spinden verstaut werden. Blöd, das.

Die Lösung kommt aus Berlin: Das junge Unternehmen bandee hat die gute alte Schärpe wiederbelebt, und zwar dergestalt, dass man die o.g. Gegenstände – und noch einige mehr – bequem, sicher und nah am Körper unterbringen kann. Und man sieht damit auch nicht völlig bescheuert aus. Ein eigentlich furchtbar naheliegender Gedanke. Ich werd mir jetzt gleich mal so ein Ding bestellen.

 

Daumen hoch fürs Tropical Island?

Ich hätts ja nicht gedacht. Ich hatte das Tropical Islands abgeschrieben. Aus betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Als skurrile, schwer einsortierbare, merkwürdige, liebreizende, aber auch irgendwie kaputte Idee eines mitten in der Lausitz gelandeten Entertainment-Ufos. Heute also ein erneuter Besuch auf Drängen der Tochter. Und was soll man sagen? Sold out! Die Bude gerammelt voll. Einige Tausend Leute da. Und trotzdem funktionierten Organisation und auch Gastronomie. Man hat den einen oder anderen Caterer / Fleischlieferanten ausgetauscht. Das Essen war absolut in Ordnung, natürlich fernab jeder feingeistigen Kulinarik, durchaus aber geschmacklich und lebensmittelhygenisch einwandfrei. Es ist dort für ein „Schwimmbad“ ungewöhnlich sauber, freundlich, adrett und erträglich. Und so kann ein Besuch dort empfohlen werden.

 

Ein Prinz in Ekstase

UPDATE: SCHÖN WARS!!

Heute Abend eine kleine, feine Pflichtveranstaltung für Freunde des ekstatischen und doch gut anhörbaren Jazz: Jeanfrancois Prins, ein fantastischer, sehr geil swingender Gitarrist trifft auf Heinrich Köbberling, den wunderbarsten Drummer der Gegenwart. Muss man sehen. 22.00 im A-Trane.