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Der Westen ist wieder der Feind

© Hannah Peters/Getty Images
© Hannah Peters/Getty Images

Die Sowjetunion gibt es nicht mehr, aber die Menschen in Putins Russland halten am traurigen Erbe fest: Sie ordnen sich lieber unter und passen sich an, anstatt zu protestieren.

Wenn ich in den Westen reise, sagen meine Verwandten jedes Mal: „Sei vorsichtig. Da kann alles Mögliche passieren.“

Vor einigen Jahren hätte ich ihrer Meinung nach Aktionen der Globalisierungsgegner fürchten müssen, später Terroranschläge, heute die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten. Außerdem könnte ich von westlichen Geheimdiensten angeworben werden. Weiter„Der Westen ist wieder der Feind“

 

Das große Ding Dang Dong

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Ein Skandal ist es, dass es keinen gibt: Auf dem Konzert der verehrten und verhassten Rockband The Libertines konnte man sehen, wie Feindschaft zu Freundschaft wird

Als ich von Lars hörte, dass die Libertines nach über zehn Jahren mit einem neuen Album in Berlin auftreten würden, war es schon zu spät. Das Konzert in der Columbiahalle war ausverkauft und alle Versuche, in der Woche zuvor übers Internet an eine Karte zu kommen, scheiterten. Entweder waren die Preise zu hoch oder die Abholorte zu weit weg. Am vielversprechendsten klang noch das Inserat von Sanja: „Eine Freundin ist abgesprungen. Dummerweise war sie meine einzige Begleitung. Ich, 36 J., hätte also noch ein Ticket über. Übergabe wäre kurzfristig nur vor Ort möglich und vielleicht hat auch jemand Lust, sich mir anzuschießen (wenn Empathie stimmt), bin da recht offen. Alles kann, nix muss.“ Weiter„Das große Ding Dang Dong“

 

„Country habe ich als Kunstform nie geschnallt“

© Sven Sindt
© Sven Sindt

Jochen Distelmeyer hat eine neue Platte aufgenommen: Songs from the Bottom – ein Coveralbum! Wie konnte das passieren? Darüber müssen wir mal reden.

Songs from the Bottom. Der Titel lässt Düsteres befürchten: abgestürzt. Auf Grund gelaufen. In den Brunnen gefallen. Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Aber nein, die neue Jochen Distelmeyer-Platte klingt luftig, licht, akustisch. Die Gitarre hat Raum zum Schwingen und Atmen, ein Piano tupft impressionistische Tonkleckse dazu, manchmal zwitschern sogar die Vögel. Auch der Sänger ist beim Treffen in Berlin blendender Stimmung. Ein fester Händedruck: „Jochen.“ Mein Gott, diese irre Physiognomie. Das große, offene Gesicht, das dennoch so wenig preisgibt. Der Blick zugleich heiter und latent bedrohlich, auf sanfte Weise stechend. Eine Sphinx. Ähnlich wie die Figur auf dem Plattencover, die den Betrachter offensiv aus gebleichten Zähnen anraucht.
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Das Land muss sich selbst wiederfinden

In der gegenwärtigen Flüchtlingsdebatte wird viel von Werten geredet. Wenn die Fanatiker immer lauter schreien, sollten wir uns auf die Stärken unserer weltlichen, zweifelnden Denktradition besinnen.

„Irgendwann werde ich Bayern-München-Fan, / irgendwann mag ich Grönemeyer“. Mit diesen erbaulichen Zeilen ließ der Liedermacher Funny van Dannen einen Song beginnen, den er 2007 veröffentlichte. Der Song heißt Integrieren. Wenn Sie zwei Minuten erübrigen können, hören Sie sich ihn ruhig mal an. Zur Entspannung.

Natürlich erst, nachdem Sie diesen Text gelesen haben. Es ist ein Text über Werte. Über unsere und andere. Denn die Sorge um Werte ist es ja, die viele von uns umtreibt, wenn heute massenhaft Menschen aus der „islamischen Welt“ nach Europa, nach Deutschland flüchten. Sie kommen hierher und bringen knallharte Denkweisen mit. Längst nicht alle von ihnen, klar. Aber manche. Und da sie in siebenstelliger Zahl eintreffen, sind „manche“ schon eine Riesenmenge. Weiter„Das Land muss sich selbst wiederfinden“

 

„Hail to Deutschland“

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In Berlin sind Manowar aufgetreten. Sie spielten Schlachthymnen, priesen Richard Wagner und den „deutschen Weg“, lebten Männerfantasien aus und gaben Frauen Sex-Tipps.

Am Mittwoch rief mich Onno an und fragte, ob ich mit zum Manowar-Konzert ins Tempodrom kommen wolle, er habe noch eine Karte abzugeben. Kolti habe kurzfristig eine Mitarbeiterschulung aufgedrückt bekommen, und Uke drehe einen Werbespot in Schweden, wo er mit Autos über zugefrorene Seen fahren müsse. Eine Karte habe Anne genommen, die zweite würde er, wenn ich nicht zusage, an jemand anderen verkaufen. Weiter„„Hail to Deutschland““

 

Zu viel Wahrheit schadet der Gesundheit

Allein der Glaube? Allein die Schrift? Oder doch lieber katholisch? Religionsstreitigkeiten führen zu nichts. Lernen wir lieber, Verantwortung füreinander zu übernehmen.

© Johannes Simon/Getty Images
© Johannes Simon/Getty Images

Meine Freundin Thea will gut vorbereitet sein auf das Luther-Jubiläum im nächsten Jahr, deshalb hat sie sich schon mal in dessen Thesen vertieft, leider derart gründlich, dass man nicht einmal mehr in die Sauna mit ihr gehen kann. Sie spricht zunehmend in Versen: Allein durch Gnade, allein durch Glauben, allein durch die Schrift ­­­– ich aber will nicht „allein“, sondern mit ihr, und so nehmen die Missverständnisse ihren Lauf. Weiter„Zu viel Wahrheit schadet der Gesundheit“