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Co2-Bilanz entscheidet über den Auftrag

Carbon Disclosure Project – huhuhu, das klingt nach Verschwörung und einem geheimen FBI-Programm, oder? Weit gefehlt: Die Initiative aus Großbritannien führt die weltweit umfassendste Datenbank über Klimainformationen von Unternehmen. Sie fordert im Auftrag von mehr als 400 Investoren weltweit börsennotierte Unternehmen auf, ihre CO2-relevanten Unternehmensdaten zu berichten – und macht sie anschließend transparent.

Heute hat das CDP eine wirklich interessante Studie vorgestellt. Diesmal geht es nicht nur um Unternehmen wie Boing, Google, Fujitsu und Unilever,  sondern um deren Zuliefer. Das Ergebnis: Immer mehr Konzerne wollen zukünftig Zuliefer-Unternehmen abblitzen lassen, die sich nicht um ihre CO2-Bilanz kümmern.

So langsam scheint das Co2-Thema also in die Unternehmenskultur durchzusickern und auch tatsächlich Folgen zu haben (und nicht nur in Form schöner Hochglanzbroschüren): Schon heute würden sechs Prozent der befragten 44 Konzerne die Geschäftsbeziehungen zu ihren Zulieferern beenden, wenn dort Klimafragen keine Rolle spielen. Das sagen zumindest Firmen wie Google, Dell und PepsiCo. Zukünftig würden sogar 56 Prozent der Firmen strengere Kriterien anlegen wollen.

Auch wenn die Zulieferer bereits Besserung geloben und mehr Klimaschutz-Anstrengungen beteuern: Auf sie kommt noch viel Arbeit zu, wenn es um´s konkrete Datensammeln geht. Nur acht Prozent der 710 befragten Zulieferer weisen bislang überhaupt eine umfassende CO2-Bilanz aus. Umfassend, das bedeutet: Nicht nur der eigene Kohlendioxidausstoß der Produktion wird dokumentiert, sondern auch indirekte Emissionen, etwa aus dem Transportsektor (schließlich entsteht ja auch CO2, wenn der Computerchip oder Stahlträger aus den USA nach Europa fliegt).

Dass am Co2-Tonnen Zählen zukünftig wohl kein Weg vorbei führen wird, zeigen auch die jüngsten Entscheidungen an der Wall Street. Erst gerade eben hat die amerikanische Börsenaufsicht SEC bekanntgegeben, dass sie von den dort gelisteten Unternehmen die Publikation von Daten erwartet, die Folgen für´s Klima haben könnten, bloggt das Wall Street Journal.

Und solche Entwicklungen trotz des Scheiterns von Kopenhagen!

 

Bundesumweltminister Röttgen: viel Ziel, wenig Weg

Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist ein brillianter Redner. Gerade, wenn es um sein neues Themengebiet Energie und Klimawandel geht. Dann packt ihn die Leidenschaft. Mit betenden Dürer-Händen beschwört er die Zuhörer: „2010 ist das Jahr der energiepolitischen Grundsatz-Entscheidungen.“ Man nimmt ihm ab, dass die Klimaverhandlungen in Kopenhagen ihn beeindruckt haben.

Röttgen redet von Energierevolution, von Energiekonzepten, von Gerechtigkeitsfragen. Er will Ziele diskutieren, Ziele definieren. Das Ziel heißt „Das Zeitalter der erneuerbaren Energien einläuten“. Sagt Herr Röttgen.

Norbert Röttgen ist ein brillianter Zieldefinierer. Nur wie der Weg dorthin aussieht – das schweigt er. Viel Ziel, wenig Weg. Wie das energiepolitische Konzept, das die Bundesregierung im Herbst im Kabinett beschließen will, aussehen könnte, verrät er nicht, nicht einmal Andeutungen.

Also bleibt es an uns, aus den Taten der Bundesregierung Rückschlüsse zu ziehen. Da steht eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke. Die geplante Kürzung der Solarstromförderung. Das geplante Ende der Förderung von hocheffizienten Mini-KWK-Anlagen. Die geplante Kürzung der Forschungförderung für Photovoltaik.

Ist das der Weg, der zum Ziel führt?

 

Big Oil in Davos

… wie  sich die Chefs der großen Ölkonzerne BP, Shell und Total die Zukunt vorstellen, berichtet  Uwe Jean Heuser von der ZEIT aktuell aus Davos. Die Branche strotzt vor Selbstvertrauen, dass es ohne Öl nicht geht. Schade. Wäre doch mal schön gewesen, beim Energy Outlook auch einen Vertreter von der Konkurrenz der Erneuerbaren Energien-Branche  zu hören…

 

Baikalsee: Luxusbank straft Oligarchen ab

Es ist ein Schritt, der in der Bankenwelt noch viel zu selten passiert: Das feine, exklusive Schweizer Bankhaus Clariden Leu hat Aktien des russischen Aluminiumkonzerns „Rusal“ aus dem Depot geschmissen, berichten Schweizer Tageszeitungen. Den Bankiers passt vor allem das Engagement des Rusal-Hauptaktionärs nicht mehr: Oleg Deripaska betreibt zusammen mit dem russisschen Staat eine umstrittene Zellulose-Fabrik am Baikalsee, die als größter Verschmutzer des Sees gilt.

Das Kombinat mit mehr als 1600 Arbeitern war vergangenes Jahr geschlossen worden. Vor einigen Tagen hat Ministerpräsident Putin allerdings ein Dekret erlassen, das ein Wiederanfahren des Betriebs ermöglicht. Für den Baikalsee – eines der größten Süßwasserreservoirs der Welt – wäre das folgenreich: Schon seit Jahrzehnten wehren sich Umweltschützer gegen die Fabrik, die Teile ihrer Abwässer im Baikalsee entsorgt – hier ein guter Überblick im Wall Street Journal.

Sympathisch finde ich an Clariden Leu, dass die Bank ihren Schachtzug nicht an die große Glocke hängt. Das mag allerdings nicht nur dem Schweizer Understatement geschuldet sein. Sondern vielmehr den Geschäftsbeziehungen zum Mutterkonzern Credit Suisse: Der nämlich organisierte vor kurzem für Oleg Deripaska den Börsengang von Rusal an der Börse.

 

Windbranche in Euphorie

„Es läuft super“, schwärmt der Pressesprecher des Bundesverbands Windenergie. Gerade hat die Branche die Zahlen für 2009 vorgestellt – und die Krise scheint mit einer Sturmböe weggeflogen zu sein: Knapp 1000 neue Windräder wurden in Deutschland neu installiert, ein Plus von 15 Prozent zum Vorjahr. Inzwischen stehen Anlagen mit einer Leistung von 25.770 Megawatt in Deutschland: Das ist Rekord – zumal es theoretisch der Leistung von etwa 18 Atomkraftwerken entspricht.

Die ersten Offshore-Räder stehen, endlich, in der Nordsee. Dass es so gut läuft, verdankt die Branche vor allem einer Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetz, das für 20 Jahre lukrative Vergütung für Windstrom garantiert. Seit 2009 fördert es ausdrücklich Offshore-Anlagen und den Ersatz alter Anlagen durch neue, leistungsstärkere (Repowering).

Schaut man sich allerdings den weltweiten Trend an, dann ähnelt das Bild arg der Solarbranche: Das große Wachstum passiert inzwischen in anderen Teilen der Welt. Die wichtigen Zukunftsmärkte sind China und die USA – in Deutschland findet vor allem Forschung und Entwicklung statt. Deutschlands Anteil am Weltmarkt wird von Jahr zu kleiner, inzwischen liegt er bei nur noch sechs Prozent.

Gerade China hat in den vergangenen Jahren den großen Sprung nach vorne gemacht und seit 2006 seine installierte Kapazität jedes Jahr verdoppelt. Gut für den Wettbewerb – doch für deutsche Windspezialisten auch ungewohnt: Firmen wie Enercon sind nicht mehr die unangetastete Nummer 1. Stattdessen sind es nun Unternehmen wie Goldwind, Dongfang oder Sinovel. Das Verrückte ist nur: Es sind Unternehmen, die mit deutschem Know-How groß geworden sind. Goldwind, Chinas ätester Windanlagenbauer und Marktführer, kaufte sich vor allem Lizenzen ein. In erster Linie beim deutschen Windanlagenbauern Jacobs Energie.

 

Investoren-Liebling „Better Place“

Draußen herrscht Wirtschaftskrise – und die Jungs von Better Place, dem amerikanischen Autobatterie-Spezialisten, haben es trotzdem geschafft, 350 Millionen US-Dollar Wagniskapital einzusammeln, wie die New York Times vermeldet. Nach Einschätzung von Branchenexperten hat kein Cleantech-Untenehmen bislang soviel Risikokapital am freien Markt erhalten können. Noch immer scheuen sich gerade private Geldgeber vor zuviel Engagement, zu unklar sind derzeit die politischen Rahmenbedingungen für die CO2-freie Wirtschaft. Better Place will weltweit ein Netz für Elektroauto-Ladestationen aufbauen, in Israel und Dänemark haben die Vorbereitungen begonnen, Renault hat seine Unterstützung bereits angekündigt.

Da passt es ganz gut, dass Bundesumweltminister Norbert Röttgen heute die Aktionswoche „Klima und Finanzen“ eröffnet. Er will mehr privates Kapital für den Klimaschutz mobilisieren, von 40 Milliarden Euro jährlich ist die Rede, damit Europa sein Ziel, die CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren, erreichen kann. Klingt viel . Klingt teuer. Aber wie hat schon Lord Stern gesagt: Wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun, wird´s noch teurer.

 

Biobaumwolle: Etikettenschwindel

Ob die Jeans aus Biobaumwolle besser sitzt als eine „normale“, bezweifel ich. Aber sicherlich ist es ein besseres Gefühl, sie zu tragen. Kleinbauern in Indien profitieren. Weniger Pestizide werden eingesetzt. Weniger Dünger. Keine Gentechnik.

Keine Gentechnik? Leider nicht. Die Financial Times Deutschland berichtet heute über einen breiten Etikettenschwindel in der Biobaumwoll-Branche. Ein „erheblicher Teil“ der Ware sei gar nicht bio, weil die Baumwollpflanzen gentechnisch verändert seien.  Wer also eine schicke Biojeans bei C&A, H&M oder Tchibo gekauft hat, kann sich gar nicht mehr sicher sein, ob sie den Aufpreis tatsächlich wert war.

Das ist natürlich fatal, denn das Vertrauen einer wichtigen Branche steht auf dem Spiel. Es ist ähnlich wie bei Bio-Olivenöl und den ganzen anderen Mini-Skandalen der Vergangenheit, wo sich auf einmal Giftstoffe etc. im Produkt fanden. Wo Bio drauf steht, muss auch Bio drin sein. Darauf müssen sich Verbraucher verlassen können. Und darum müssen sich vor allem die Zertifizierer kümmern. Findet übrigens die „Grüne-Mode“-Fachfrau Kirsten Brodde in ihrem sehr amüsanten Blog ebenfalls…

 

Laufzeitverlängerung: Das kleine Müllproblem

Heute treffen sich ja im Bundeskanzleramt die Atomkonzerne, um über die Laufzeitverlängerung zu verhandeln. Eine interessante Zahl hat der BUND dazu ausgegraben:

„Mit jedem Jahr Laufzeitverlängerung wächst der radioaktive Müllberg um weitere 450 Tonnen.“

Passend dazu empfehle ich heute ein Stück der Kollegen aus dem Wissensressort über die Asse: Vom Salzbergwerk zum Atommülllager. Mit einer beeindruckenden 360-Grad-Ansicht des unterirdischen Lagers… Eine gute Alternative zum vor-Ort-Besuch…

 

Atom: Londons Dreifaltigkeit

Lord Hunt ist ein kleiner, vornehmer Mann, der Klimaschutzminister Großbritanniens. Heute stellte er in Berlin Londons zukünftige Energiepolitik vor. Es ist die Dreifaltigkeit, die er präsentierte: Das Königreich setzt auf erneuerbare Energien, Kernkraft und saubere Kohle (CCS). Es ist nicht nur der Klimawandel, mit dem Hunt diese Strategie begründet, es ist vor allem die Reduzierung von Importabhängigkeiten bei Gas und Öl. Denn wie kaum ein anderes europäisches Land ist London vor allem auf Gasimporte angewiesen. Die Ziele sind ambitioniert: Den Ökostrom-Anteil will London von aktuellen sechs Prozent auf 30 Prozent in 2020 steigern. Den größten Anteil soll dabei Offshore-Windenergie einnehmen. Ganz ausdrücklich lud Lord Hunt auch deutsche Windanlagenhersteller ein, sich in Groß-Britannien niederzulassen. „Wir haben großes Interesse daran, wenn sie kommen“, sagte Hunt. Neue Kohlekraftwerke müssen zukünftig für mindestens 300 Megawatt ihrer Gesamtkapazität die Anwendung von Kohleabscheidungstechnologien (CCS) nachweisen. Und den Ausbau der Atomkraft sieht UK an zehn Standorten vor, bis 2025 sollen die neuen Anlagen ans Netz gehen.

Ganz anders Deutschland. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hält sich zurzeit mit klaren Bekenntnissen zur Atomenergie vornehm zurück – im Gegensatz zu Wirtschaftsminister Brüderle. Röttgen setzt auf die „Zweifaltigkeit“: Auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien (So ausdrücklich taucht das Energiesparen übrigens nicht bei den Briten auf). In Berlin betonte er heute erneut, dass es sich bei der Kernkraft nur um eine Brückentechnologie halte „Und die muss nicht verbreitert werden.“

 

Solar: Röttgen zückt auch den Rotstift

Nun ist es wohl klar: Wer sich in diesem Jahr eine Solaranlage auf dem Dach installiert, bekommt weniger Geld für seinen Sonnenstrom. Heute kündigte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in Berlin an, die Förderung für Solarstromanlagen auf dem Dach ab April um 15 Prozent zu kürzen – gestern hatte ja Bundeswirtschaftsminister Brüderle die Einschnitte ebenfalls schon angedeutet. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet außerdem:

„Bundesumweltminister Norbert Röttgen will die Förderung des Solarstroms von Dachanlagen um 15 Prozent ab April kürzen. Die garantierten Abnahmepreise für Strom aus Freiflächenanlagen sollten ebenfalls um 15 Prozent sinken, aber erst ab Juli, sagte Röttgen am Mittwoch. Der Bau von Solarzellen auf bisherigen Ackerflächen soll mit einer Kürzung von 25 Prozent ab Juli unattraktiver werden. Die Masse der Anlagen in Deutschland sind allerdings auf Dächern installiert.

Zielmarke für den jährlichen Ausbau der Photovoltaik seien nun 3000 Megawatt pro Jahr, bisher waren es nur gut die Hälfte. Zuletzt waren es wegen der hohen Förderung aber deutlich mehr als 3000 Megawatt.

Daher soll neben der einmaligen Kürzung und der ohnehin vorgesehenen Reduzierung ab 2011 noch eine weitere von 2,5 Prozent greifen, wenn mehr als 3500 Megawatt Solarkraft in Deutschland in den vorangegangen 12 Monaten installiert wurden. Ab 4500 Megawatt sollten es weitere 2,5 Prozent sein.

Falle der Zubau aufgrund der Kürzungen aber geringer als 2500 Megawatt auf, werde die Förderung ab 2011 gegenüber bisheriger Rechtslage um 2,5 Prozent erhöht.“

Wer sich jetzt noch kurzfristig zum Bau einer Solaranlage entschließt, wird kaum noch Chancen haben: Viele Hersteller rechnen mit wochenlangen Wartezeiten. Die sinkenden Modulpreise und die Ankündigung der Kürzung haben bereits zu einem Run auf die azurblauen Zellen geführt…