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Versicherung von Offshore-Windparks: Riskant, aber einträglich

Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus
Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus

Für die Allianz lohnt sich die Energiewende, schaut man sich die aktuellen Zahlen an. Das Unternehmen ist ja sowohl als Investor aktiv als auch Versicherer. Gerade eben gab der Münchner Versicherungskonzern bekannt, im vergangenen Jahr seine Investionen in alternative Energien um 25 Prozent gesteigert zu haben. Inzwischen hält er in Europa Anteile an 34 Windparks und sieben Solarparks (ingesamt rund 720 Megawatt Kapazität). Rund 1,3 Milliarden Euro hat das Unternehmen bislang in Ökostrom gesteckt.

Spannender sind allerdings die aktuellen Zahlen aus dem Offshore-Segment der Allianz. Denn hier tritt das Unternehmen vor allem als Versicherer auf. Es ist ein einträgliches, aber auch riskantes Geschäft mit den Windrädern auf hoher See, glaubt man Robert Maurer von der Allianz Global Corporate and Specialty. Ein deutscher Offshore-Windpark mit einer Kapazität von rund 400 Megawatt koste rund 1,7 Milliarden Euro. Für die Versicherung müsse man ein bis zwei Prozent einplanen (mehr als doppelt so viel wie für ein konventionelles Kraftwerk an Land). Das macht also 34 Millionen Euro, wohlgemerkt nur für die Versicherung. Sachschäden, etwa am Seekabel, die rund 30 bis 40 Millionen Euro kosten,  hält Maurer für überschaubar. Ans Eingemachte ginge es, wenn der Windpark keinen Strom mehr produziere, sagt er im Interview:

„Der Sachschaden wäre mit 40 bis 50 Millionen vielleicht noch überschaubar, das hängt natürlich von der Art des Unfalls ab. Aber das große Problem wäre die Unterbrechung der Stromverbindung und die damit verbundenen finanziellen Verluste. Einen Schaden am Transformator zu beheben, kann ein bis zwei Jahre dauern. Es gibt dort ja die Lieferengpässe und man kann die Anlagen nur in einem sehr kleinen Zeitfenster im Jahr auf hoher See installieren. Wenn der Windpark ein Jahr lang keinen Strom produzieren kann, liegt der Ausfallschaden schnell bei rund 300 Millionen Euro.“

Kaum überraschend, dass bei solchen Summen und der fehlenden Erfahrung keine Versicherung alleine das Risiko für einen Windpark tragen mag, den man erst nach einer sechstündigen Schiffsreise erreichen kann. Bis zu zehn Versicherer schließen sich daher für einen Windpark zusammen, um die Risiken zu streuen. In Deutschland gehen vor allem die Allianz, der HDI und Axa offshore.

Allerdings überwiegen dabei wohl zurzeit eher die mulmigen Gefühle. Der Ausbau der Windparks kommt nur ziemlich zäh voran, denn an allen Stellen kommt es zu Verzögerungen, egal, ob beim Netzanschluss oder dem Bau der millionenschweren Umrichterstationen. Lieferzeiten von mehr als einem Jahr sind bei letzterem gerade keine Seltenheit. Die beiden zuständigen Minister, Norbert Röttgen (Umwelt) und Philipp Rösler (Wirtschaft) haben daher vergangene Woche angekündigt, bis zu Sommerpause ein Gesetz zur Beschleunigung des Offshore-Ausbaus vorzulegen. Mal schauen, ob zumindest die beiden Herren den Zeitplan einhalten. Denn die Branche kann gerade viel gebrauchen, nur keine weiteren Verzögerungen.

 

 

 

 

Neuer Ölhafen in Russland stößt auf Widerstand

Ein Prestigeprojekt der russischen Regierung  in der Nähe von St. Petersburg zieht die Kritik deutscher Umweltschützer auf sich. Der neue Ölhafen Ust-Luga, der eigentlich Anfang April eröffnen soll, ist offenbar eine marode Baustelle: 17 Meter tiefe Löcher sollen seit vergangenem Sommer in dem Dock klaffen, berichtet das russische Magazin Kommersant Money. Reuters meldete im November gleich drei schwere Landrutsche am Kai. Auch eilig installierte Metallplatten, die das Dock stabilisieren sollen, entpuppen sich als schlechtes Provisorium. Das Terminal soll eine Kapazität von rund 20 Millionen Tonnen Öl haben (das entspricht etwa dem Jahresumschlag an der NWO-Löschbrücke in Wilhelmshaven).

Der Naturschutzbund und die Grünen warnen inzwischen davor, den Ölhafen in Betrieb zu nehmen, und fordern die Bundesregierung zum Handeln auf. „Es droht eine Ölkatastrophe großen Ausmaßes“, sagt die Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms. Der neue Ölhafen sei eine Gefahr für die Ostsee und alle Anrainerstaaten. Wilms kritisiert, dass es keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben habe, obwohl das Umweltsekretariat der Ostsee-Anrainerstaaten (Helcom), dem auch Russland angehört, diese vorsieht. Bei einem Ölunfall an der russischen Ostseeküste seien schnell auch andere Länder betroffen. Deutschland habe eine besondere Verantwortung, schließlich habe man das Terminal mitfinanziert.

Auch wenn die Reparaturarbeiten laut Kommersant mindestens 30 Millionen US-Dollar plus zusätzlich 100 Millionen für Bohrungen kosten könnten: Der staatliche Betreiber und Besitzer, u.a. Rosneftbunker, meint es offenbar ernst. Für Russland ist das neue Terminal geopolitisch wichtig, schließlich ist es der Endpunkt der Baltic-Pipeline-2. Das Terminal ermöglicht es Russland, Öl nach Europa zu liefern, ohne es durch weißrussische Pipelines pumpen zu müssen.  Reuters meldet, dass Anfang April die ersten Öltanker anlegen sollen. Das Magazin Kommersant vermutet allerdings auch, dass dies nur Show sein könnte – zu groß seien die Probleme, zu sehr drängten die Reparaturarbeiten.

 

Ökobranche zerreißt Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes

Die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes geht ja in die heiße Phase: Morgen tagt der Umweltausschuss und berät über Änderungswünsche, dann soll die Novelle Ende März schon in zweiter Lesung im Bundestag beraten werden.

Nicht nur der enge Zeitplan – der eine ausführliche Diskussion kaum ermöglicht – sondern natürlich auch die Inhalte bringen die Ökobranche in Wallung. Der Bundesverband Erneuerbare Energien hat sich jetzt solidarisch mit der Solarbranche erklärt (wenn er interessanterweise nicht öffentlich die Kürzung der Solarstromvergütung kritisiert): „Das Marktintegrationsmodell ist eine versteckte Vergütungskürzung“, wetterte BEE-Präsident Dietmar Schütz heute in Berlin.

Das was? Genau, es geht um das Marktintegrationsmodell (nicht zu verwechseln mit der Marktprämie, das ist eine andere Baustelle). Das auch liebevoll abgekürzte MIM sieht vor, dass den kleinen Solaranlagen nur noch 85 Prozent des produzierten Ökostroms vergütet werden, bei größeren Anlagen sind es 90 Prozent.

Die Branche klagt nun, dass sie vor ganz praktischen Problemen steht: Zum einen ein organisatorisches: Die Ökostromproduzenten müssen für die Neuregelung vorher ihre Stromproduktion beziffern und feststellen, wann 85/90 Prozent erreicht sind. Das im Vorhinein festzustellen, sei für sie kaum möglich, das ginge nur im Nachhinein. Dann allerdings könne sie wiederum nicht Anmeldefristen, die das EEG vorsieht, einhalten.

Zudem gebe es ein ganz prinzipielles Problem. Denn was wird mit den 10, 15 Prozent Ökostrom gemacht, die nicht mehr die gesetzlich garantierte EEG-Vergütung bekommen? Die verbraucht der Solarmüller selbst, schließlich braucht er für jede selbst produzierte Kilowattstunde keine einzukaufen.

Oder er verkauft die Mengen im Spotmarkt an der Strombörse. Das genau ist für die Betreiber von Freiflächenanlagen relevant. Allerdings muss man schon sagen: Wo ist der Vorteil? Vorher haben die Übertragungsnetzbetreiber den Ökostrom eingesammelt und an die Börse gebracht. Nun sollen das eben tausende Betreiber von Solarparks machen. „Aber was hat man davon?“, fragt Felix Matthes, Energiefachmann des Ökoinstituts. „Das Marktintegrationsmodell ist reine Augenwischerei.“ Es entstünden nur zusätzliche Kosten, weil sich plötzlich die Solarmüller Vermarkter organisieren müssen, weil sie selbst damit keine Erfahrung hätten.

Dazu kommt noch, dass der aktuelle Strommarkt einfach von den hohen Mengen Ökostrom überfordert ist.  „Die Ökobranche ist Opfer des eigenen Erfolgs“, sagt Daniel Hölder von der Vermarktungsfirma Clean Energy Sourcing. Denn die erneuerbaren Energien sorgen, wegen fehlender Kosten für Brennstoffe, zu manchen Zeiten für einen sinkenden Börsenstrompreis. Dieser Merit-Order-Effekt wird nun zum Fluch, denn je niedriger der Börsenpreis, desto weniger Anreiz gibt es für die Direktvermarkter, ihren Ökostrom an der Börse zu verticken. „Wir können die Energiewende nicht nur mit Eigenverbrauch schaffen“, sagt Hölder. „Wir wollen uns nicht vor dem Markt drücken, aber das Marktintegrationsmodell verhindert eine effiziente Vermarktung.“

 

Regenwald: Brasilien plant Amnestie für illegalen Einschlag

Illegal brandgerodete Waldfläche in Brasilien (2009), Copyright: Antonio Scorza/AFP/Getty Images
Illegal brandgerodete Waldfläche in Brasilien (2009), Copyright: Antonio Scorza/AFP/Getty Images

Brasilien will den Schutz des Regenwalds dramatisch lockern. Zurzeit plant die Regierung ein Waldgesetz, das den illegalen Einschlag von Waldflächen, der bis zum Jahr 2008 getätigt wurde, legalisiert. Nach Schätzungen des WWF würde das bedeuten, dass die Agrarindustrie – und insbesondere die Viehwirtschaft – von der Pflicht befreit würde, 44 Millionen Hektar illegal eingeschlagenen Wald wieder aufzuforsten. Schaut man sich die gesamten Pläne an, dann steht nach WWF-Angaben eine Regenwald-Fläche so groß wie Deutschland, Österreich und Italien auf dem Spiel. Würde sie abgeholzt, würden die dadurch entstehenden Kohlendioxid-Emissionen das Weltklima mit 28 Milliarden Tonnen belasten. Zum Vergleich: Deutschland emittierte laut Umweltbundesamt im Jahr 2010 rund 830 Millionen Tonnen CO2.

Zurzeit hängt das Gesetz (Codigo Florestal) im Unterhaus. Der Senat hat eine Fassung verabschiedet, das Unterhaus hat seine Entscheidung darüber bereits zwei Mal verschoben. Die Hängepartie hat schon jetzt Folgen, Dokumentationen zeigten, dass der illegale Einschlag bereits wieder zunehme, so die Frankfurter Rundschau. Bei einer Veranstaltung in Berlin vergangenen Freitag sagte Cicero Lucena, erster Sekretär im brasilianischen Senat, er ginge davon aus, dass das Gesetz bis Juni verabschiedet sei.

Es ist ein wirklich pikantes, wenn nicht skandalöses Timing. Denn Mitte Juni wird sich die Welt in Brasilien zur großen „Rio+20“ Konferenz treffen. Auch wenn der Titel verdammt sperrig ist: Es wird der Weltgipfel zum Schutz von Klima und Umwelt sein. Nicht weniger als ein „Ergrünen“ der Volkswirtschaften ist geplant, sie sollen sich zu nachhaltigem Wachstum bekennen. Vor genau 20 Jahren trafen sich schon einmal die Regierungschefs in Rio de Janeiro. Damals legten sie die Fundamente für die Klimarahmenkonvention, zur Konvention zur Biologischen Vielfalt und zur Wüstenbekämpfung.

Und Brasilien hat in den vergangenen Jahren zum Teil mächtige Fortschritte gemacht. Das bisherige Waldgesetz ist in Abschnitten hochgelobt. Wer etwa Privatland im Amazonas besitzt, darf nur 20 Prozent nutzen, der Rest bleibt unberührt (die Novelle sieht nun eine Erhöhung der Nutzfläche auf 50 Prozent vor). Brasilien hat sogar ambitioniertere Klimaschutzziele als manch anderer Staat, auf dem Gipfel in Kopenhagen sagte das Land eine CO2-Reduktion um 40 Prozent bis 2020 zu.

Und nun ein solches Gesetz – gerade wenn die Weltgemeinschaft sich in Rio versammelt, um über umweltverträgliches Wirtschaften zu streiten. „Dieses Gesetz ist unwürdig für ein Land, das vom Status eines Schwellenlands aufsteigen und international Verantwortung übernehmen will“, sagt Roberto Maldonado vom WWF.

 

Was ist besser: neue Heizung oder bessere Isolierung?

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein paar tausend Euro übrig (geht mir leider nicht so, aber das ist ein anderes Thema) und  Sie müssten damit Energie einsparen und ihre CO2-Bilanz verbessern. Was würden Sie als Hausbesitzer tun? Erst einmal eine neue Heizung kaufen? Oder lieber die Wände mal so richtig gut isolieren, Fenster austauschen?

Bloß nicht letzteres, empfehlen die Energiexperten von Imtech. Das Unternehmen ist so ein typischer „hidden champion“ im Bereich Energieeffizienz. Die Hamburger beraten vor allem Unternehmen beim Energiesparen, u.a. optimieren sie etwa die Produktion von Airbus, haben die Deutsche Bank-Tower energieeffizient saniert und das neue SPIEGEL-Gebäude mitgeplant. Mit mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz und 5300 Mitarbeiter ist Imtech nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland.

Wer in effiziente Energiesparmaßnahmen investieren will, der sollte zu allererst sich einmal seine Heizung anschauen, so Imtech. Denn da sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis weitaus besser als bei der Isolierung von Wänden, die zwar auch sinnvoll sei, deren Kosten allerdings kaum in einem Verhältnis zum Aufwand stehen würden. Mehrere zehntausend Euro investiert mancher Hausbesitzer ja manchmal in neue Fenster und besser gedämmte Außenwände – hätte er das Geld in eine moderne Heizungsanlage investiert, hätte er billiger CO2 eingespart.

Quelle: BMVBS
Quelle: BMVBS

Leider gibt es, glaubt man Imtech, nur ein Problem: Die Bundesregierung fördert gerade vor allem die Gebäudesanierung. Wer kennt nicht die Pudelmützenkampagne vom Bundesbauministerium, die für Gebäudesanierung plädiert? 1,5 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung jährlich über die KfW zur Verfügung. Gut angelegtes Geld? Imtech sagt Nein, das Geld sei besser anderes investiert. Die Vermeidungskosten je Tonne CO2  – und auf die kommt es ja unterm Strich an – seien in anderen Bereichen viel niedriger. Neben effizienten Heizungen seien das vor allem sparsame Geräte wie Kühlschränke, Fernseher und Lampen. Zurzeit stecke die Bundesregierung dagegen ihre Fördergelder in die unwirtschaftlichste Maßnahme. Das zeigt übrigens auch eine Studie des BDI von 2009 zu dem Thema (Schaubild 7, Seite 10).

 

 

 

 

Fast überhört: Eon singt ein Loblied auf die Erneuerbaren

Der Energiekonzern Eon hat ja heute seine Geschäftszahlen für das vergangene Jahr präsentiert und musste wegen des Atomausstiegs einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro in Kauf nehmen (das erste Mal in der Firmengeschichte). In der heutigen Pressemitteilung bin ich über eine wirklich interessante Passage gestolpert:

(Konzernchef) „Teyssen betonte, dass das Unternehmen einen hohen Anteil seines Ergebnisses in sehr stabilen Geschäftsfeldern erwirtschafte. 2011 betrug der Anteil des regulierten, quasi-regulierten sowie des langfristig kontrahierten Geschäfts am EBITDA rund 50 Prozent.

„Diese stabilen Einnahmequellen bilden ein robustes Fundament, um auch in unruhigen Zeiten nachhaltig zu wirtschaften, aktuelle wie zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern und neue, profitable Wachstumsfelder zu erschließen“, so Teyssen. So plant E.ON beispielsweise, in den nächsten fünf Jahren 7 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien zu investieren, darunter gut 2 Milliarden in neue Offshore-Windparks in Deutschland, England und Schweden.

Das ist ja nun mal wirklich interessant. Denn übersetzt bedeutet das: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert Eon sichere Investitionsbedingungen, im Gegensatz zur Situation bei Kohle und Gas. Da lohnen sich zurzeit keine Investments, schließlich hat der Ökostrom Vorrang im Netz und das führt dazu, dass andere Energieträger zurückstecken müssen beziehungsweise unrentabel sind, weil sie nur kurzzeitig ans Netz können. Die Einschätzung von Eon deckt sich übrigens mit der von anderen großen Energieversorgern.

Was für Zeiten, in denen ein Atom- , Kohle- und Gaskonzern einmal das EEG hochjubelt.

 

Ach Vattenfall, bitte nicht schon wieder!

„Das entspricht nicht der Kommunikationskultur, die wir uns vorstellen.“ Oh je, Vattenfall. Der Rüffel des für Atomaufsicht zuständigen Ministers Emil Schmalfuß hat gesessen. Gestern ging Schmalfuß an die Presse, um über verrostete Atommüll-Fässer im AKW Brunsbüttel die Öffentlichkeit zu informieren. Bereits im Dezember hatte Vattenfall ein Fass entdeckt, das – nachdem radioaktiver Staub herausgesaugt wurde – nur noch ein rostiges Gerippe war. Zwar bestehe keine Gefahr, dass Radioaktivität freigesetzt wurde, das betonen sowohl die Atomaufsicht als auch Vattenfall. Aber Vattenfall hat es verpatzt, früh genug der Aufsicht Bescheid zu geben. Einen Monat ließ man sich Zeit.

Wieder einmal, kann man nur sagen. Der Vorfall lässt Erinnerungen an das Pleiten-Pech-Pannen-Jahr 20097 hochkommen. Damals hatte Vattenfall mit einem Transformatorbrand im AKW Krümmel zu kämpfen. Und im AKW Brunsbüttel mussten in einer riesigen Aktion zahlreiche Dübel ausgetauscht werden. Damals gelobte Vattenfall mit großen Worten Besserung. Eine Transparenzinitiative wurde aufgelegt, jedes meldepflichtige Ereignis sollte nicht nur (selbstverständlich) der Behörde mitgeteilt, sondern auch auf der Homepage sofort veröffentlicht werden.

Die Transparenzinitiative habe ich heute auf der Homepage zumindest nicht mehr gefunden (ich lasse mich gerne eines besseren belehren). Ja, der aktuelle Vorfall in Brunsbüttel fuchse Vattenfall schon, sagt ein Sprecher. Verständlich. Denn der schwedische Konzern muss sich an seinen eigenen Maßstäben messen lassen (unser Exbundespräsident lässt grüßen): Was sind Beteuerungen wert, wenn sie – im Ernstfall – nicht realisiert werden?

Offenbar scheint es innerhalb des Unternehmens eine Kultur zu geben, solche Vorfälle nicht so dramatisch zu sehen. Es ist ein naives Denken. Nur weil es einen beschlossenen Atomausstieg in Deutschland gibt und die Meiler nicht mehr am Netz sind, heißt das doch nicht, dass der Öffentlichkeit egal ist, was in den AKW passiert und wie dort mit strahlendem Material umgegangen wird.

Die Aufsichtsbehörde – und nicht Vattenfall – hat übrigens Fotos der Kavernenfässer veröffentlicht. Man sieht gelbe, rostende Fässer. Für Vattenfall auf jeden Fall ein „größter anzunehmender Unfall“ für die Kommunikation: Welcher AKW-Betreiber mag schon direkt mit dem Atommülllager Asse in Verbindung gebracht werden?

 

 

Energiewende: Noch fehlt der konsequente U-Turn

Laut Duden bedeutet das Wort wenden „in die entgegengesetzte Richtung bringen“. Dass der Politik der U-Turn gerade schwerfällt, zeigt sich zurzeit mal wieder im Detail. Das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung soll novelliert werden. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich die Förderung von Mini-Kraftwerken. Jemand, der etwa ein Blockheizkraftwerk im Keller hat, erzeugt selbst Wärme und Strom. Für jede Kilowattstunde Strom erhält er bei einer kleinen Anlage eine Vergütung von zurzeit etwa fünf Cent, schließlich erzeugt er dezentral und effizient Energie zu Hause.

Der Bundesregierung ist die Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich ein Herzensanliegen. Auf einen Anteil an der Stromerzeugung von 25 Prozent in 2020 soll sie kommen. Jede vierte Kilowattstunde sollen also die Bürger am liebsten privat erzeugen. Oder sie soll in einem effizienten Kraft-Wärme-Kraftwerk, das zugleich ein Fernwärmesystem unterstützt, produziert werden.

Doch die KWK kommt nicht so recht voran. Geht es so weiter wie bisher, kommt man bis 2020 auf etwa 20 Prozent. Das mag auch an dem Zickzackkurs der Politik liegen, immer wieder flogen in der Vergangenheit Anlagen aus der Förderung heraus. In den vergangenen Jahren hat sich das Fördervolumen für KWK-Anlagen fast halbiert.

Glaubt man der Branche, unterschätzt die Politik das Potenzial von KWK bislang konsequent. Schließlich bedeutet KWK auch „Energiewende von unten“. Lieschen Müller als Stromproduzentin, das ist etwas komplett anderes als eine Energiepolitik, die von großen Energieversorgern gestemmt wird. „Altes Kraftwerksdenken“ attestieren KWK-Unternehmen der Politik.

Das Ökostrom-Unternehmen Lichtblick, das mit seinen Zuhausekraftwerken groß in den KWK-Markt einsteigen will und entsprechend laut wirbt, hat heute ein weiteres Argument für den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vorgebracht. Glaubt man den Hamburgern, lassen sich bis zu einer halbe Milliarde Euro Kosten für den Netzausbau einsparen, wenn KWK konsequent ausgebaut wird. Das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft LBD im Auftrag von Lichtblick (Kaum überraschend ist natürlich, dass Lichtblick gleich verbesserte Förderbedingungen für KWK-Anlagen verlangt).

Wenn man die Mini-Kraftwerke geschickt vernetzt, ließen sich so Lastspitzen abpuffern. Das sind Zeitpunkte, wenn der Strombedarf besonders hoch ist. Dann könnten die Zuhausekraftwerke einspringen – und man könnte sich den Netzausbau sparen. Für das Vernetzen und Hochfahren seiner Zuhausekraftwerke braucht Lichtblick nach eigenen Angaben gerade mal 60 Sekunden.

Bislang gibt es allerdings nur 420 Zuhausekraftwerke. Da fehlen noch ein paar, um die Zielmarke 100.000 zu erreichen und einen ernsthaften Beitrag zur Energiewende zu leisten.

 

. Und zwar müsse es verbesserte Anreize geben, damit

 

 

Aufholjagd: USA wollen stärker Offshore-Wind fördern

Auch wenn es genügend Standorte mit guter Windausbeute gibt: Bislang dreht sich vor den US-amerikanischen Küsten kein einziges Offshore-Windrad. Auch in den Great Lakes herrscht, zumindest was Offshore-Windenergie angeht – zurzeit noch Flaute.

Dabei schätzt die US-Regierung das landesweite Potenzial auf rund 4000 Gigawatt. Und erneuerbare Energien sind ihr – nun gut: neben Atom und Gas – ja ein Herzensanliegen, schließlich will die US-Regierung  die Abhängigkeit von Energieeimporten mindern.

Jetzt hat Energieminister Steven Chu angekündigt, mit einem 180 Millionen US-Dollar-Programm für die kommenden sechs Jahre den Ausbau der Offshore-Windenergie in vier Pilotregionen zu fördern. Noch in diesem Jahr stellt sie 20 Millionen Dollar zur Verfügung. Das klingt zwar auf den ersten Blick ziemlich zaghaft, schließlich gehen die Kosten von Offshore-Windfarmen locker in die Milliarden. Aber es gilt wohl: besser als nix.

Ganz explizit spricht Chu vor allem amerikanische Windpark-Entwickler an:

“The new offshore wind energy initiative announced today will help to catalyze the development of offshore wind in America, supporting U.S. innovators as they seek to design and demonstrate next generation wind energy technologies.  These investments are critical to ensuring that America remains competitive in this growing global industry that can drive new manufacturing, construction, installation and operation jobs across the country.”

 

Ökostrom legte 2011 gut zu

Sowohl mein Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) als auch sein Ressortkollege Philipp Rösler (FDP) versorgen mich ja seit Neustem jeweils mit Informationen zur Energiewende. Das Wirtschaftsministerium veröffentlicht seit einigen Tagen den Newsletter „Energiewende!“ (man achte auf das Aufrufezeichen), das Umweltministerium nennt seine jüngste Erfindung „Energiewende – Aktuell„. Mal wieder so ein bizarres Detail im Energiewende-Wettrennen der beiden Minister.

Anyway: Ganz interessant sind die Zahlen, die das BMU aktuell aufbereitet hat. Demnach ist der Ökostromanteil an der Stromerzeugung in Deutschland im vergangenen Jahr um 17 Prozent gestiegen. Er liegt inzwischen bei 20,1 Prozent an der Stromerzeugung. Jede fünfte produzierte Kilowattstunde Strom ist also grün.

Das stärkste Wachstum legte Solarstrom zu, er steigerte seinen Anteil am Endenergieverbrauch um 62,4 Prozent im Vergleich zu 2010 (Die Folgen dieses Booms kennt man ja, jetzt wird die Förderung gekürzt). Danach folgt Windstrom mit einem Plus von 23 Prozent.

Copyright: BMU, nach AGEE-Stat
Copyright: BMU, nach AGEE-Stat

Ganz spannend sind übrigens die Umsatzzahlen der verschiedenen Sparten. Ingesamt machten die Ökostrombetreiber mit ihren Anlagen einen Umsatz von 12,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr (siehe Seite 11 in der Kurzstudie). Das entspricht einem Plus von elf Prozent zum Vorjahr.

Und nun raten Sie mal, wer am meisten Umsatz macht – Solaranlagen? Oder Windräder? Es sind die Biogasanlagen, die ja wetterunabhängig Strom und Wärme erzeugen. Die Biomasse kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 5,9 Milliarden Euro, also knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes. Solaranlagen kamen dagegen „nur“ auf eine Milliarde Euro.